Zwanzigzweiundzwanzig

„Ab sofort ist Dienstag Soylent Green-Tag!“ – Charlton Heston

Guten Tag und herzlich willkommen zum Jahr 2022.
So. Das war es auch schon. Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu lesen. Denn dazu hätte ich einen Text schreiben müssen. Das ging aber nicht. Tut mir sehr leid, aber es war einfach nicht machbar.
Ich mußte Wäsche raushängen auf dem Balkon. Bei 15°C und Sonnenschein. Dann habe ich noch kurz durch das Bad geputzt, eine Runde gesaugt und dann war ich auch schon wieder bereit für das Sofa. Da wohne ich. Ich mußte noch diesen Fim fertig gucken, den ich in der Silvesternacht begonnen hatte.
So’n Ding von 2011.

Da geht es um eine – hahaha – Pandemie, die eine hübsche Geschäftsreisende sich als Andenken aus China mitbringt und die sich dann rasend schnell ausbreitet. Ist ein bißchen unrealistisch, weil da alle irgendwie besonnen reagieren. Die WHO, die Öffentlichkeit, die Behörden – alle haben die Lage recht souverän im Griff.
Der virale Angreifer stellt sich als Chimäre aus Fledermaus und Schwein heraus, ist schwer anzuzüchten und tötet gerne Menschen, und während er das tut und sich rote Flecken auf Weltkarten zu Ozeanen ausbreiten, als würde der Planet verbluten, kommt es zu Plünderungen, hier und da ein bißchen Kriegsrecht und am Ende steht unser Protagonist ohne seine Frau und seinen Stiefsohn in der Schlange hinterm Militärlaster, um Trockenfutter im Sack angereicht zu kriegen. Die sind da nämlich beide tot und seine Frau war natürlich die eben erwähnte Geschäftsreisende, da ist aus dem Andenken also sehr schnell Gedenken geworden.
Absurd wird es dann, als der Typ mit dem Megaphon verkündet, es sei leider nichts mehr da vom leckeren Armeefutter und die Menge den Laster stürmt und dann keiner der Militärs einfach da reinballert.

Ach ja, dann ist da noch dieser andere Typ, den spielt nicht Matt Damon, sondern Jude Law, und der betreibt einen Blog und deshalb hassen ihn alle Journalisten, und der behauptet dann, daß alle von der WHO lügen würden und mit der Pharmaindustrie unter einer Decke steckten, während er dann fünf Millionen mit homöopathischen Forsythien-Präparaten verdient und am Ende stellt irgendwer dann seine Kaution, als ihn die Feds abgreifen, um ihm die etwa 3.000 Zivilklagen zu überbringen, die gegen ihn vorliegen.
Wie gesagt, bißchen aburder Film. Hollywood halt. Als würden irgendwelche Leute einem Internet-Spinner einfach Geld überweisen, damit er ihnen die Wahrheit™ erzählt und nicht auf den Direktor der WHO hören, der in der gleichen Fernsehsendung interviewt wird.
Außerdem rät der Typ dann allen Leuten noch, sie sollten sich nicht impfen lassen, was natürlich noch absurder ist, denn zu diesem Zeitpunkt sind vier Monate rum und etwa 26 Millionen Menschen weltweit tot, da würde man so ein kriminelles Arschloch ja keine Minute weiter frei rumlaufen lassen.
Außerdem gibt es nach der Zeit schon eine Impfung, weil die Behörden das Zulassungsverfahren abkürzen. An dieser Stelle gleitet die Fiktion schon stark ins Lächerliche ab.

Natürlich weiß ich, daß der Film Blödsinn ist. Schließlich würde das Militär im Zweifel die Lieferungen der Regierung einfach behalten und weitere anfordern, bis es keine Lieferungen mehr gibt und dann macht man einfach einen Staat im Staate auf, bis alle Menschen so weit infiziert sind, daß sie entweder tot oder wieder gesund sind.
In der echten Realität würde nach 140 Tagen schwarzer Pest keine Sau mehr Lebensmittel verteilen. Da gräbt man den gefrorenen Nachbarn aus der Schneewehe. Ich habe nicht nur World War Z oder 28 Days later gesehen, sondern schon 12 Monkeys. Ich weiß, wie die verdammte Zombieapokalypse aussehen wird. Sie kommt getarnt als Neujahrsansprache von Menschen, die vorher schon zwölf Jahre regiert haben. Continue reading →

Die Banalität des Blöden

Hätte ich im Januar vorhergesagt, daß die Besten der Besten der Besten in Deutschlands Regierungsclique eine Taskforce leiten würden, die nur elf Monate nach der Zulassung des ersten Schnelltests für SARS-CoV-2 mal zusehen soll, ob man davon auch welche einkaufen kann, niemand hätte mir das geglaubt.
Hätte ich in meinem gern als Stilmittel genutzten Sarkasmus gesagt, daß dieses dynamische Duo aus Jens Spahn und Andi Scheuer bestehen würde, hätte mir das ebenfalls niemand geglaubt und es vor allem auch als völlig absurde Zukunftsentwicklung bezeichnet.
Warum nicht Nitro und Glycerin? Satan und Cthulhu? Pest und Cholera? All diese Möglichkeiten hätten sehr viel weniger Schadenspotential beinhaltet.

Das ist ein Problem der Zukunft, das ich vor langer Zeit, zu Beginn dieses Blogs einmal erwähnte. Manchmal nimmt sie chaotische Formen an, die letztlich nicht mehr vorhersagbar sind. Vorhersehbar auch nicht. Das große Muster bleibt davon unbeeinträchtigt, aber diese spezielle Zwischenphase ist in ihrer jeweiligen genauen Ausprägung etwas, das sich dem Zugriff der Psychohistorik entzieht.
So wie in Isaac Asimovs Foundation-Romanzyklus einige Jahrhunderte nach dem Beginn des Großen Plans ein Zufallsfaktor auftritt, der von mathematischen Funktionen nicht erfaßt werden konnte, kann dieses Ereignis auch in der Realität auftreten.
Üblicherweise ist es ein Ereignis, ein Dingsbums. Sehr viel seltener ist es eine einzelne Person. Im Roman nimmt die Störung der Zukunftsgleichungen exakt diese Form an. Eine Einzelperson, ein Mutant mit speziellen psionischen Fähigkeiten, tritt hier als irregulärer Faktor auf, der droht, den Tausendjahresplan mit seinem Wirken völlig scheitern zu lassen.

In den allermeisten Fällen wird das gesamte Gebilde aus Gleichungen, Wahrscheinlichkeiten und nichtlinearen Funktionen, die wir gemeinhin als „Zukunft“ bezeichnen, durch solche Dinge oder Personen nicht dauerhaft gestört.
Störung bedeutet hier, der gesamten Geschichte einen deutlich anderen als den vorher projizierten Verlauf zu geben. Anders bedeutet, sowohl zum Guten als auch zum Schlechten, denn diese Kategorien entspringen menschlicher Wertung.
Derartige Einflußnahme durch Einzelne ist natürlich trotzdem möglich. Der Mann, der George Washington nicht erschoß, hat mit Sicherheit den Verlauf des Amerikanischen Unabhängigkeitskrieges verändert. Das ändert nichts daran, daß man rein historisch nicht bewundernd vor dem Sieg der Amerikaner stehen sollte, sondern sich die Frage stellen muß, wie die überhaupt gewinnen konnten. Es gibt es noch mindestens ein Dutzend weiterer Stellen im Gewebe der Geschichte, an denen diese peinliche Revolte hätte scheitern können. Oder müssen. Alleine schon, daß es überhaupt dazu kam, war lediglich der Unfähigkeit einer größeren Gruppe geschuldet, nämlich der Regierung des Britischen Empire.
Insgesamt aber ist eine Unabhängigkeit Amerikas vom englischen Mutterland in der Geschichte nicht verwunderlich. Sie wäre so oder so eingetreten. Womöglich ein Jahrhundert später, dann wäre der Bürgerkrieg zum Krieg gegen die Briten geworden. Oder es hätte keinen der beiden Kriege gegeben. Aber die USA existierten heute trotzdem. Wobei sich aus den eben genannten Annahmen natürlich weitere – und durchaus interessante – Konsequenzen ergäben.
Der Fluß der Geschichte in die Zukunft ist kein einzelner, beständiger Strom. Er sieht mehr aus wie das Amazonasgebiet. Unzählige Dinge sind miteinander verbunden und bilden ein System gegenseitiger Abhängigkeiten und Beeinflussungen.
Der Hauptstrom dieses Systems mag manchmal über seine Ufer treten und dabei ein paar Häuser am Ufer mitreißen. Gelegentlich verwandelt sich ein Nebenfluß in ein Rinnsal. Aber er wird nur sehr, sehr selten sein Bett wechseln und völlig woanders lang fließen oder sich in den Untergrund verschieben. Dazu bedarf es großer Erschütterungen und Verschiebungen. Der Einzelne, das unsere Gesellschaft so wichtige Individuum, ist also für den Gesamtverlauf der Zukunft eher unwichtig, weswegen eine persönliche Zukunft sich in der Kristallkugel der Psychohistorik auch nicht scharf darstellen läßt. Continue reading →

Eine Kultur der Gewalt

– II –
Der Hiroshima-Moment

„Any intelligent fool can make things bigger, more complex, and more violent. It takes a touch of genius – and a lot of courage – to move in the opposite direction.“
E. F. Schumacher

Um 11:02 Ortszeit am heutigen Tag vor 75 Jahren leuchtet ein Blitz über einer japanischen Stadt namens Nagasaki auf. Die gigantische Explosion tötet unmittelbar etwa 22.000 Menschen. Zehntausende sterben in weiteren Wochen und Jahren danach. An ihren Verletzungen. An einer Krankheit, die bis dahin niemand gesehen hatte.
Nur drei Tage zuvor, um 08:15 Ortszeit, hatte bereits eine weitere japanische Stadt dasselbe Schicksal erlitten. In Hiroshima sterben 80.000 Menschen sofort. Die aufsteigende Pilzwolke, von einem Besatzungsmitglied des B-29-Bombers „Enola Gay“ aus dem abdrehenden Flugzeug gefilmt, sollte zum Symbol eines neuen Zeitalters der Vernichtung werden.

Es waren nicht die höchsten Opferzahlen nach einem Bombenangriff. Bereits am 10. März 1945 hatten US-Bomber mit Brandbomben eine Fläche im Stadtgebiet von Tokyo belegt, in dem etwa 1,2 Millionen Menschen lebten. Nachdem die sogenannten Pfadfinder das Angriffsziel mit Napalmabwürfen markiert hatten, wurden über 1.500 Tonnen Brandbomben über der Hauptstadt abgeladen, die zur damaligen Zeit noch in der traditionellen Bauweise vorwiegend aus Holz und Papier bestand. Die Bilanz des Angriffs bezifferte sich nach japanischen Angaben auf etwa 84.000 Tote, über 40.000 Verwundete und mehr als eine Million Menschen ohne Obdach. Über eine Viertelmillion Gebäude wurden zerstört. Spätere Schätzungen gehen von bis zu 185.000 Toten aus. Doch die Bomber, die diese Hölle säten, brauchten über drei Stunden, bis sie alle von ihrer Pazifikinsel gestartet waren. Es waren hunderte.
An dem Tag, an dem Hiroshima getötet wurde, dürfte nur sehr wenigen Menschen auf ihrem Weg zur Arbeit das Gleißen der Sonne auf der Hülle des einsamen Bombers aufgefallen sein, der seinen Weg über die Innenstadt nahm. Tatsächlich war die „Enola Gay“ mit ihren Begleitern der Luftüberwachung Japans sehr wohl aufgefallen.
Da man aber erkannte, daß es sich nur um einen Verband aus drei Maschinen handelte, starteten keine Abfangjäger. Die US Air Force flog zu diesem Zeitpunkt längst routinemäßig Aufklärungseinsätze und die kaiserliche Luftwaffe hatte nicht mehr die Ressourcen, um solche Missionen anzugreifen. Daher wurde kein Alarm ausgelöst, die Bevölkerung wurde nicht gewarnt.

Ein einziges Flugzeug. Eine Bombe. Eine vernichtete Stadt. Eine Todeszone auf Jahre hinaus. Die Kultur der Gewalt hatte einen weiteren Höhepunkt ihres Schaffens erreicht. Niemals zuvor war der Beweis einer wissenschaftlichen Hypothese derartig direkt in Zerstörung umgewandelt worden. Ein geradezu leuchtendes Beispiel einer über Jahrhunderte verfeinerten Effizienz des Tötens. Continue reading →

Immunreaktion

„DON’T THINK OF IT AS DYING“, said Death. „JUST THINK OF IT AS LEAVING EARLY TO AVOID THE RUSH.“
Terry Pratchett, Ein gutes Omen

Wundervolles Wetter. In blühenden Seehäfen wie Venedig werden Schiffe entladen. In Genua und Mailand blüht der Handel. Banken verleihen Geld an Händler und Kaufleute. Schiffe bringen die Waren dieser Händler über das Rote Meer nach Europa. Über die Seidenstraße. Gewürze. Seide. Edelmetalle.
Sie liefern den Tod gleich mit. Der Tod ist ein Meister aus Asien.
Die Pest des Jahres 1347 fegt das Land leer wie das Höllenfeuer, von dem die Kleriker auf ihren Kanzeln gerne sprechen, um die Gläubigen der Gnade Gottes zu versichern. Die sterben trotzdem. Der stäbchenförmige, gram-negative Gott, der bis etwa 1352 über Europa hinwegzieht, wird 1894 in Indien vom französischen Arzt Alexandre Émile Jean Yersin entdeckt, als er das dortige erneute Aufflackern der bis dahin furchtbarsten Seuche untersucht, die die Menschheit je heimgesucht hatte.
Der Erreger Yersinia pestis ist gefunden, einer der großen Triumphe moderner medizinischer Wissenschaften. Erst jetzt sterben empört die letzten Vertreter mittelalterlicher Schamanenüberzeugungen aus, die noch immer nicht recht glauben wollen, daß klitzekleine Dingsbumse, die zu Millionen in Wassertröpfchen leben, irgendwelche Auswirkungen auf menschliches Leben haben sollen.

Im Italien des 14. Jahrhunderts, dem damaligen Resteuropa an kultureller Finesse und Wirtschaftskraft bei Weitem überlegen, kommt der Handel völlig zum Erliegen. Wer nicht an der Pest erkrankt, wird von besseren Hexendoktoren mit Kuhdung eingerieben und stirbt daran, falls er nicht vorher verhungert. Flagellanten ziehen durch die Straßen, religiös verwirrte SM-Anhänger, die sich mit stachelbewehrten Peitschen ihr Fleisch blutig geißeln und barfüßig durch Pfützen laufen, die mindestens zur Hälfte aus Exkrementen bestehen. Denn weder Wasserversorgung noch Kanalisation sind in den blühenden Städten Italiens höher entwickelt als die Hygienestandards heutiger Billigfleischfabrikanten. Umhergewirbelte Tröpfchen aus Schweiß und Blut erweisen sich als hervorragende Methode, um die Seuche weiter zu verbreiten.
Selbst dem Papst wird diese schon immer umstrittene Praktik seiner Glaubensgenossen zuviel. Mit einer Bulle verbietet Clemens VI. im Oktober 1349 die Praxis der öffentlichen Selbstgeißelung als Häresie.
Bereits vorher, im Juli 1348, hatte er in einer anderen Bulle die Juden in Europa vom Verdacht der Brunnenvergiftung freigesprochen, der zu einigen Pogromen und Auslöschung jüdischer Gemeinden geführt hatte. Die Flagellanten waren besonders eifrige Verbreiter dieser Idee gewesen.
Clemens führte als Argumente an, daß auch die Juden an der Pest starben und diese zudem in Gegenden auftrat, in denen gar keine Juden lebten. Seine Anweisungen wurden nicht befolgt. Mit der Bulle Quamvis perfidiam vom September 1349 drohte daraufhin der Papst allen Judenverfolgern die  Exkommunikation an.
Clemens VI. geht auch in die Geschichte ein als der Papst, der den Sommer 1347 in Avignon zwischen zwei gut gefeuerten Kaminen verbringt. Seine Ärzte hatten ihm dazu geraten, denn sie sind der festen Überzeugung, daß Krankheiten durch μίασμα, durch schlechte Luft voller Verunreinigungen, übertragen werden. Die Feuer reinigen die Luft und halten somit Krankheiten fern. Der zur damaligen Zeit in Frankreich residierende Papst folgt dem Rat und überlebt. Vermutlich, weil die Hitze Ratten von ihm fernhält und seine Kleidung keine Läuse enthielt. Immerhin war der Kerl Papst.

An exakt dieser Vorstellung, bereits im 5. Jahrhundert vdZ von einem alten Griechen namens Hippokrates von Kos in die Welt gesetzt, halten noch Zeitgenossen von Yersin fest. Ja, es ist der Hippokrates. Deswegen hielt sich die Vorstellung des antiken Hellenen auch so hartnäckig über die Jahrhunderte. Immerhin hatte der Mann die Grundlagen moderner Medizin erfunden.
Außerdem paßten die Ideen des Hippokrates durchaus zur Beobachtung. Menschen, die im selben Raum mit Kranken waren, wurden krank. Andere nicht. Ergo mußte etwas in der Luft sein, das krank macht. Wenn jetzt im Bus ein Corona-Kranker niest, sind alle anderen sofort tot. Stimmt also. Es liegt was in der Luft.
Hippokrates empfahl auch das Verbrennen von Bekleidung und die Isolation von Kranken von der Öffentlichkeit. Die Pestärzte des 14. Jahrhunderts kennen wir heute noch für ihre Schnabelmasken, unter denen sie einen mit Essig getränkten Schwamm trugen oder irgendwelche duftenden Kräuter, um die eingeatmete Luft zu reinigen.
Dieses Äquivalent der heutigen FFP3-Filtermaske beruhte zwar auf falschen Vorstellungen der Realität, trotzdem verhinderten die Maßnahmen der Quarantäne, die Hippokrates formuliert hatte, in einigen Gegenden den Ausbruch der Pest oder den Tod weiterer Teile der Bevölkerung. Ebenso  führte die Trockenlegung von Sümpfen in Süditalien zum Verschwinden der Malaria. Mal’aria bedeutet nichts anderes als „schlechte Luft“.
In Wirklichkeit führte es natürlich zum Verschwinden der Brutgelegenheiten für Stechmücken, die den Malaria-Erreger Plasmodium mit sich herum- und an Menschen übertragen. Aber vor Erfindung des Lichtmikroskops durch einen Mann namens Antoni van Leeuwenhoek, der aufgrund dessen unschwer als Niederländer zu erkennen ist, konnte niemand in die Welt des Mikrokosmos wirklich hineinsehen. Van Leeuwenhoek war es auch, der 1674 die erste korrekte Beschreibung roter Blutkörperchen lieferte, weil seine mikroskopischen Linsen allem überlegen waren, was man davor oder 150 Jahre danach jemals hergestellt hat.
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Vernetzlich

„Er wußte nicht, daß das beharrliche Geräusch eine Reihe hinter ihm das Ende von allem bedeutete: Es würde keine Fortsetzung mehr geben, sehr bald würde es überhaupt keine Filme mehr geben. In der Reihe hinter Larry hustete ein Mann.“
Stephen King, The Stand

In Drogeriemärkten sind Hygieneprodukte ausverkauft, Nachschub ist laut Aussage des Personals nicht zu erwarten. Kein Wunder. Ein nicht unerheblicher Teil irgendwelcher feuchten Tücher wird vermutlich in China hergestellt. Marktradikale FDP-Wähler, deren Empathie und Liberalismus anderen sonst die freie Wahl überlassen möchte, ob sie von Hartz IV jetzt essen oder heizen wollen, oder die Wahl, welche Alters- und Gesundheitsvorsorge sie sich genau nicht leisten können, stehen weinend vor diesen leeren Regalen und beschweren sich über die Kräfte des Marktes, die immer alles optimal verteilen.
Es sei denn, man kommt erst abends um 20:00 in die Drogerie, weil man vorher noch ein paar Leben in Drittweltländern mit Aktienschiebereien nachhaltig versauen mußte.
Auch über den völlig frei nach Angebot und Nachfrage gestalteten Preis einer Flasche Sterilium – ein gängiges Desinfektionsmittel in Praxen und Krankenhäusern – erheben sich bittere Beschwerden.
Als wären 99 Euro nicht etwa ein Schnäppchen für Leute, die sonst beim Essen gehen alleine für die erste Flasche Wein das Doppelte berappen. Kluge Menschen lachen solche Volldeppen aus. Kluge Menschen kaufen destillierten Alkohol in Flaschen. Stroh-Rum hat auch 80 Volt, das langt zum Desinfizieren von behüllten Viren allemal. Prost, Gemeinde. Im Zweifel ist er im Gegensatz zu Sterilium sogar trinkbar. Continue reading →

Nebel über dem Kanal

Nach 47 Jahren der Sklaverei hat die britische Nation es endlich hinbekommen. In einem demokratischen Rundumschlag, einer Revolution des Volkswillens, hat sie das Joch der Unterdrückung abgeschüttelt. Ab sofort ist Großbritannien tatsächlich wieder groß. Es kann souverän über seine Grenzen bestimmen und was an diesen passiert. Oder wer diese passiert. Es kann seine eigenen Regeln aufstellen bezüglich Arbeitnehmerrechten. Oder Sozialstaat. Oder Außenpolitik.
Der Brexit ist endlich done. Gefühlt mehrere Millionen befreiter Briten sammelten sich vorgestern auf dem Parliament Square und zählten den Countdown eines politischen Entscheids herunter, als sei es Silvester. Viele dieser Befreiten hatten eine britische Flagge um den Hals hängen. Ein wahrhaft symbolisches Bild. Denn die meisten dieser Leute waren Engländer, keine Briten.
Noch bevor der Countdown abgelaufen war, konnte man als einer der Nicht-Befürworter des britischen EU-Ausstiegs schon sehen, wohin die von Boris Johnson angekündigte „Heilung nach dem Brexit“ in der Gesellschaft der Insulaner führen wird. Es gab Plakate mit Aufschriften wie „Lock up the traitors!“
Wer also nicht für uns war, ist gegen uns. Wer in einem Referendum nicht an derselben Stelle das Kreuz macht wie ich, ist ein Verräter. Was immer da irgendwer verraten haben soll. Eine Gesellschaft, in der derartig hirnkranke Individuuen frei herumlaufen und sogar den Premierminister stellen, ist weit jenseits irgendeiner Heilung. Eine derartige Gesellschaft liegt im Sterben.

Das bisherige Crescendo dieser „Oper des politischen Idiotismus“ waren die Parlamentswahlen, bei denen Boris Johnson so richtig abgeräumt hat. Nach dreieinhalb Jahren völliger Unfähigkeit, sich darüber zu einigen, was man eigentlich wollen soll, hatten die Wähler diesmal die Schnauze voll. Wir Deutschen kennen das. Gerhard Schröder wurde 1998 nicht etwa Kanzler, weil er so unfaßbar überzeugend gewesen wäre, wie er das immer geglaubt hat. Er wurde Kanzler, weil Deutschland nach 16 Jahren Kohl auch einen Ficus zum Kanzler gewählt hätte, solange der halt nicht Mitglied der CDU gewesen wäre. Mit einem Katzenbaby hätte man die absolute Mehrheit geholt.
Schröder, diese Zimmerpalme des exzessiven Neoliberalismus, wurde schlicht mangels Alternativen erster FDP-Kanzler der Berliner Republik, dann Gasableser für Putin. Heute nörgelt er gelegentlich aus dem Off an der Politiksimulation seiner Partei herum, so wie ehemalige SPD-Granden das bei ihrer ehemaligen Partei gerne tun. Das jemand wie Schröder niemals in eine Partei hätte eintreten dürfen, die das Wort „Sozialdemokratie“ im Namen trägt, war schon damals ein klar erkennbares Zeichen des bevorstehenden Untergangs. Continue reading →

Mit Hulk im Garten

„Du kannst den Leuten nicht verbieten, ein
Arschloch zu sein.“
Simon Phoenix

Die beiden Herren der lokalen Grünen sehen mich an, als hätte ich gerade vorgeschlagen, in Zukunft regelmäßige Menschenopfer auf dem Marktplatz abzuhalten, um die Wettergötter zu besänftigen. Dabei hatte ich diese Vorgehensweise im Vorfeld zwar bedacht, dann jedoch als eher unzeitgemäß verworfen.

Rückblende:
Seit einigen Monaten marschieren Millionen von Menschen rund um den Planeten auf Demonstrationen, die von der Politik ihrer Länder im Grunde nur eines verlangt: Hört auf, wie völlige Vollidioten alles zu ignorieren, was Wissenschaftler aus drei Dutzend Fachdisziplinen über mehrere Jahrzehnte zusammengetragen haben.
Das die Simulationen, die aus diesen Daten erzeugt werden, voneinander abweichen, daß sie niemals alle Parameter berücksichtigen, daß sie sich im Laufe der Zeit verändern – geschenkt. Eine lineare Dynamik ist in einer Simulation im Computer wiederholbar im Sinne immer gleicher Ergebnisse. Eine nichtlineare Dynamik wird niemals exakt gleiche Ergebnisse produzieren. Veränderungen und Abweichungen liegen in Sachen Klimamodelle also in der Natur der Sache. Allerdings halten nur antiwissenschaftliche Politikchargen und Pegidioten das für ein Argument, um angebliche „Skepsis“ zu rechtfertigen.
Denn selbst Daten sind nichts Festes. Sie vermehren sich. Sie werden in Beziehung gesetzt. Manchmal dort, wo vorher keine Verbindung zu existieren schien. Alles simulieren, also die gesamte Zukunft der Ökosphäre Erde, ist nicht möglich. Die gesamte Rechenkapazität der Welt würde für so eine Aufgabe nicht genügen. Am Ende käme bei so einem Versuch lediglich heraus, daß das organische Leben auf der Erde Bestandteil einer Computermatrix ist und die Antwort Zweiundvierzig lautet.
Wir müssen uns also mit Simulationsmodellen bescheiden. Aber zumindest stammen die Daten der Klimamodelle aus der Realität, was sie schon einmal deutlich von den Modellen der Ökonomen unterscheidet. Ein simpler, aber offenbar stark unverständlicher Kernsatz der FridaysForFuture-Demos lautet: Unite behind the science!

Jetztzeit:
So hat es mich irgendwie hierher verschlagen. Aus dunklen Kellern eines Jugendzentrums in die Kreisgeschäftsstelle der Grünen, GrünInnen und Grünixe an dem Ort, an dem die Bambushütte am Rande der Zivilisation wohnt.
Eigentlich hatte ich gedacht, dies sei ein öffentlicher Termin. Aber das ist gar nicht der Fall. Es ist ein Präsentationstermin für die Presse. Also den Herrn der Lokalzeitung und die volontierende Dame der anderen Lokalzeitung, die sich von der ersten dadurch unterscheidet, daß sie kostenlos ist und noch sehr viel mehr Druckfehler oder einfach mieses Deutsch enthält als ihr Gegenstück. Dafür ist sie dicker, weil mehr Werbung drin liegt.
Präsentiert werden soll hier das, was sich die Grünen vor Ort unter einem Beitrag für klimafreundliche Zukunft vorstellen. Genau. Es ist ein Antrag für den Stadtrat. Einer, in dem der Klimanotstand ausgerufen werden soll.

Solcherart Ideen scheint durch das Aufwallen von FridaysForFuture und dem etwas direkterem Kollegen, Extinction Rebellion, irgendwie in Mode gekommen zu sein. Extinction Rebellion, das sind diese Öko-Terroristen, die es wagen, gelegentlich mal eine Straßenkreuzung zu blockieren, und dafür damit rechnen müssen, von SUV-Fahrern mit Facebook-Account umgefahren zu werden. Solche „Ideen“ werden auf den asozialen Medien tatsächlich massenhaft verbreitet. In Gruppen, die dann „Fridays For Hubraum“ heißen oder so was. Wobei ich den Namen gut finde. Ich bin sehr dafür, dem Hubraum ausschließlich den Freitag zu gönnen und nicht jeden Tag, wie es aktuell der Fall ist. Was wir uns da an Lärm, Krach und Sprit sparen würden.
Seltsam. Als Anis Amri in Berlin mit einem Lastwagen in eine Weihnachtsmarktmenge fuhr, da war das der Terroranschlag. Nicht etwa der Weihnachtsmarkt. Wenn man Ökodemonstranten plattwalzen möchte, ist das scheinbar eine Manifestation des Volkswagenwillens und eine Verteidigung des Heimatbodens. Des asphaltierten Heimatbodens. Um freie Fahrt für freie Bürger zu gewährleisten. Damit die auch ganz ohne Extinction Rebellion in Berlin im Stau stehen können. Continue reading →

Monsantos Diner

„There are lies, damn lies, statistics and politics.“
Ramses II.

„We came to Toronto with three specific goals:
To make sure the global recovery is strong and durable, to continue reforming the financial system and adress the range of global issues that affect our prosperity and security.“ – G20-Gipfel in Toronto, 2010

Diese Worte des Friedensnobelpreisträgers Barack Obama waren schon vor sieben Jahren extrem dünn. Gerade erst ist der G20-Gipfel in Osaka zu Ende gegangen und die Teilnehmerstaaten sind heilfroh, daß sie winkend verkünden können, sich auf eine gemeinsame Abschlußerklärung geinigt zu haben. Die Erleichterung der Welt hierüber ist förmlich mit den Händen greifbar. Die Zukunft der Zivilisation ist geretttet. Wieder einmal.
Old McDonald aus dem Weißen Haus ist anschließend noch schnell in die DMZ zwischen den beiden real existierenden Koreas geflogen, um da dem dicken Kim die Hand zu schütteln und irgendwas zu versprechen. Die Bedrohung der freien Welt – also Amerika – durch den totalitären Typen mit der lustigen Frisur ist beendet. Wieder einmal.

Warum wundert sich da noch irgend jemand darüber, daß der Iran die verdammte Bombe auch haben will?
Die möchten halt auch mal nach dem Fototermin ins Weiße Haus eingeladen werden und nicht ständig per Twitter mit neuen Sanktionen überzogen. Sanktionen übrigens, die das Land dazu zwingen, das von ihm angereicherte Uran in Kisten zu stapeln. Ja, der Iran darf durchaus Uran anreichern, so sieht es der Vertrag vor, den Trumperica einfach für gekündigt erklärt hat, weil er von Mr Obama beschlossen wurde. Uran, das sei hier angemerkt, wird in niedrigen Reinheitsgraden nämlich auch medizinisch eingesetzt. Oder für zivile Kernkraft, die der Iran – ebenfalls ganz vertragsgemäß – weiterhin sehr wohl nutzen darf.

Der Witz ist jetzt, daß der Iran nur eine bestimmte Menge angereicherten Materials im Land haben darf. Den Rest muß er exportieren. Bisher hat das beispielsweise Rußland erledigt. Noch so ein Land, das von den USA mit Sanktionen belegt wird. Die neuen Sanktion verhindern aber inzwischen, daß Moskau Teheran das überschüssige Material abnehmen darf. Denn das wäre ein verbotener Import und würde Sanktionen der USA nach sich ziehen.
Während Europas hilflose Deppenpolitik daneben steht und sich nicht traut, den Amerikanern einfach mal den Mittelfinger zu zeigen, indem man sich an die Regelungen des JCPoA hält, ist das Narrativ der transatlantischen Arschkriecherpresse in Deutschland in den letzten Tagen und Wochen eindeutig. Überall wird die Legende erzählt vom Iran, der angekündigt hätte, den Vertrag zu brechen und ein Ultimatum an Europa geschickt haben soll. Hah! Als würde sich europäische und vor allem deutsche Diplomatie von irgendwem zu einer bestimmten politischen Richtung erpressen lassen. Continue reading →

Sic transit gloria Mutti

Das Schlimme an einer Demokratie sind manchmal ja tatsächlich die Wähler.
Der schlichtweg faschistische Präsidentschaftskandidat Bolsonaro, Angehöriger einer eher kleinen Partei Brasiliens, wird neuer Präsident. Sein angehender Superminister für Wirtschaft und Gedöns hat bereits im Vorfeld verkündet, wie sein Reformprogramm für die taumelnde Wirtschaft aussehen wird. In deutschen Medien taucht das Wort „ultraliberal“ auf. In Wahrheit verbirgt sich dahinter exakt das, was bereits seit Jahren und Jahrzehnten als offizieller ökonomischer Kurs aller Industrieländer durch die Weltgeschichte geistert: Wirtschaftsfaschismus. Oder besser, ökonomischer Totalitarismus. Bolsonaro könnte also auch FDP-Bundeskanzler sein und Hundekrawatten tragen, man würde keinen Unterschied bemerken.
Abschaffung von Arbeitnehmerrechten, Frauen zurück an den Herd und in den Kreißsaal – denn dadurch werden viele Arbeitsstellen frei – offene Bewunderung von freundlichen Typen der Menschheitsgeschichte wie Adolf H. aus B. – mit all diesen Dingen möchte das dynamische Duo aus der Hölle das fünftgrößte Land des Planeten wieder dahin zurückführen, wo es schon einmal war. Nämlich ins Südamerika der 70er Jahre, als Militärdiktaturen die eher linksliberalen Demokratien ablösten und danach Menschen folterten, wegsperrten oder einfach gleich umbrachten, weil sie einem radikalwirtschaftlichen Kurs der Alleinherrschaft von Banken, Wirtschaft und Politik irgendwie im Weg standen. Beispielsweise mit Berichterstattungen über Elendsquartiere von Tagelöhnern oder so. Die Wirtschaft störte sich nicht daran, VW do Brasil schrieb geile Gewinne in seine Bilanzen und nutzte die moderne Sklaverei aus, wo es nur ging.

Als Menschen getarnte Lebewesen wie ein Milton Friedman, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften, flogen gerne als Berater zu den damaligen uniformierten Amtsträgern, um ihnen klarzumachen, daß nur völlige Marktbefreiung zum Erfolg führen würde. Also Befreiung der Konzerne von Steuern und Regularien, ganz besonders. Klassisches Material der sogenannten Chicagoer Schule, deren ökonomisches Denken seit Anfang der 50er Jahre mehr und mehr die Welt beherrscht. Eine menschenverachtende Ideologie, getarnt mit dem Mantel mathematisch korrekter Modelle. Bis zu seinem leider viel zu spät eingetretenen Tod bestritt ein Kerl wie Friedman jeglichen Zusammenhang seiner ökonomischen Tätigkeit mit danach umgesetzten politischen Modellen, die zum Tod hunderttausender Menschen führten, direkt oder indirekt.
Der neu gewählte Präsident Bolsonaro hat bereits angekündigt, wichtige Ämter der Verwaltungsebene mit Militärs besetzen zu wollen. Die Amtszeit dieses Mannes bedeutet eine Rückkehr der Militärdiktatur in allem außer dem Namen. Gestern hat Brasilien aufgehört, eine Demokratie zu sein. Abgewählt wurde sie besonders von denen, die alles zu gewinnen haben, weil sie ohnehin zu den oberen 5 Prozent des Landes gehören, und von denen, die nichts mehr zu verlieren haben, weil sie zu den unteren 20 Prozent gehören.
Das es diese Armen und Armseligen sein werden, die mit ihren sklavenähnlichen Schuftereiverträgen in Zukunft die Gewinne der Oberen Zehntausend ins Obszöne aufblasen werden, hat diese Leute keinesfalls daran gehindert, für ihre eigene Schlachtung auf der angeblich ultraliberalen Bank zu stimmen. Wobei selbstverständlich nicht geschlachtet, sondern ausgeblutet wird, denn das verspricht den höchsten ökonomischen Gewinn. Für die Wirtschaftsideologie der Chicagoer Schule ist nichts so sehr überschätzt wie ein Menschenleben. Vermutlich ist das der Grund, warum sich die Deutsche Bank schon mal über den neuen Mann gefreut hat.

Dieser neue Mann an Brasiliens Spitze paßt wunderbar in das Schema unseres globalisierten ökonomischen Systems. Er ist Ex-Soldat und Militärfanatiker, was Brasiliens Nachbarn freuen dürfte. Er steht auf Rinderzucht, was dazu paßt, daß er aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen möchte. Falls da jemand gerade das Geräusch von Kettensägen gehört hat, war das richtig.
Er hält auch nichts von einem säkularen Staat, sondern behauptet, daß Brasilien christlich an der Bibel ausgerichtet sei, schon immer. Natürlich katholisch-christlich und nur in der Interpretation, daß Frauen und womöglich geschlechtlich eher minderheitlich orientierten Menschen keinerlei Rechte zustehen. Sicherheit will er in seinem Land dadurch gewährleisten, daß er die Waffengesetze lockert. Vermutlich dürfte das aber nur für Menschen gelten, die in Wohngebieten leben, in denen es auch ordentlich was zu klauen gibt. Totalitäre Typen wie Bolsonaro waren schon immer ein Freund der Bewaffnung derjenigen, die den größten Teil der Vermögenswerte besitzen. Falls diese Beschreibung jemanden an den Präsidenten des mächtigen Kollegen im nördlichen Amerika erinnert – stimmt. Die beiden tun sich nichts. Continue reading →

Urlaub auf Arrakis

Ich hatte ja vor, was zu schreiben. Ehrlich. Ich glaube, es war was mit Demokratie und Entwicklung von Politik in der Zukunft. Aber es geht nicht. Es ist einfach zu verdammt heiß.
Während ich mich beim Radfahren durch welk aussehendes Grünzeug immer wieder umsehe, weil ich jeden Moment erwarte, hinter mir die ersten Wurmzeichen auf den hitzeflirrenden Feldern zu sehen, erklären irgendwelche deutschen Medien, daß diese Hitzewelle jetzt so ungewöhnlich auch nicht ist. Und ob das jetzt schon Klimawandel sei oder einfach nur fetter Sommer, das könne man eben erst so nach zwei, drei Jahrzehnten sagen.

Mir ist das eigentlich ziemlich schnuppe. Denn die Ursache der Sommerhitze ändert nichts an der Tatsache, daß die Hitze eben heiß ist. Wenn das noch zwei oder drei Jahrzehnte dauert, ziehe ich tausend Meter höher.
Aktuell bezieht sich der Himmel tatsächlich mal mit so etwas wie Wolken. Prompt werden die Temperaturen gefühlt unerträglich. Das liegt daran, daß die dichteren Wolkenschichten die langwellige Infrarotstrahlung zurückhalten, für die sind Wasserdampfwolken nämlich nicht transparent. Also durchlässig im physikalischen Sinne. Daher verwandelt sich ein knallheißer Sommertag per Treibhauseffekt in einen schwülen knallheißen Sommertag. Deswegen heißt der auch so, der Treibhauseffekt. Allerdings hat das im Treibhaus nichts mit dem Gehalt an Kohlendioxid in der Luft zu tun. In der Erdatmosphäre schon. Denn auch dieses Gas ist für Wärmestrahlung nicht durchlässig.
In einem Treibhaus heizt sich der Inhalt einfach auf und es wird wärmer, weil kein Luftaustausch stattfindet. Zwar ist Fensterglas auch nur mäßig transparent für langwelliges Infrarot, aber der Effekt ist vernachlässigbar. Der schlampig übersetzte „Greenhouse Effect“ ist also im Falle des Schmetterlingshauses im Zoo ein Glashauseffekt.
Trotzdem eine kleine Demonstration für diejenigen, die so etwas wie menschengemachte Klimaeffekte immer noch ins Reich der Legende verweisen wollen, damit sie weiter in ihren drei Tonnen schweren Pseudopanzern rumfahren können. Mit den Kindern auf dem Rücksitz, deren Zukunft beim Rumstehen vor dem Supermarkt gerade sauber aus dem Auspuff schnäufelt. Glückwunsch.
Warum stehen solche Autos mit laufendem Motor rum? Na, damit die Klimaanlage weiterläuft natürlich. Und irgendwo in der dreißig Meter entfernten zweiten Reihe zu parken, das ist ja bei dem Wetter unzumutbar. Glashaus oder Treibhaus, es ist einfach zu heiß.

Ich ärgere mich darüber, daß ich die Panzermine heute vergessen habe, die ich sonst immer mit mir führe für solche Gelegenheiten. Denn gerade eben parkt ein ziemlich fetter Herr auf dem Behindertenparkplatz, läßt dann aber noch einen Meter seines Wohlstandsfahrzeugs nach vorn in die Fahrrinne ragen. Damit hinten die hydraulische Kofferraumklappe Platz hat, um elegant aufzuschwingen. Solche Parkplätze sind die einzigen, die für die inzwischen standardmäßigen Dickschiffe noch groß genug sind. Allerdings erstreckt sich die Gültigkeit der Parkerlaubnis nicht auf geistige Behinderungen wie das Fehlen jeglicher Verantwortlichkeit im Kleinhirn.
Ich hoffe, die fette Sau steht nachher im Stau, während seine Klimaanlage verreckt und die elektrischen Fensterheber ausfallen. In die Luft sprengen kann ich ihn ja nicht, die Panzermine, ich hatte es erwähnt. Nur tote SUV-Fahrer sind gute SUV-Fahrer. Wobei mir einfällt: so eine EMP-Waffe wäre extrem gut. Wo ist dieser immer wieder gepriesene technologische Fortschritt, wenn man ihn mal wirklich benötigt? Continue reading →