Das Wort zur Weihnacht

Aus dem Prinzip Hoffnung das Prinzip Hoffnungslosigkeit zu machen, ist die einzige Möglichkeit, in dieser zunehmend wahnsinnigen Welt nicht selbst den Verstand zu verlieren, von dem man nicht einmal sicher weiß, ob man ihn hat.
Präsident Snow fragt in „Hungerspiele” seinen Nachrichten-Propagandisten Seneca, warum immer einer der Tribute überleben müsse. Die sofort nachgelieferte Antwort des Chefdiktators ist: Hoffnung.
»Hoffnung«, so sagt er, »ist stärker als Furcht.« So lange man diese unter Kontrolle halten könne, natürlich.

Der Präsidator übersieht dabei etwas Entscheidendes. Es gibt etwas, das noch stärker ist als Hoffnung und dieser ebenso überlegen wie die Hoffnung der Furcht. Verzweiflung. Die aus Hoffnungslosigkeit geborene Verzweiflung.
Das ist auch der Grund, warum am Ende des Films nicht zugelassen werden kann, daß beide Tribute aus Distrikt 12, in den Medien von Capitol als das tragische Liebespaar vermarktet, in gemeinsamen Suizid die Hungerspiele beenden. Denn dies hätte ohne Zweifel Hoffnungslosigkeit zur Folge und die wiederum läßt sich nicht kontrollieren. Einen sprichwörtlichen „Funken Hoffnung” kann das totalitäre System immer für sich und seine Kontrolle ausnutzen. Einen Funken Hoffnungslosigkeit gibt es nicht. Hoffnungslosigkeit ist ein Vulkanausbruch.

Der Kapitalismus nutzt immer den Funken Hoffnung aus. Irgendein ausgebeuteter Trottel kann immer davon überzeugt werden, daß er morgen selbst zu denen da oben gehören wird. In der Präsidentenloge. Oder zumindest zu denen da unten, im Zuschauerraum, im exklusiv handverlesenen Jubelperser-Publikum, während oben auf der Bühne die Tribute für die Hungerspiele Revue passieren. Es ist deshalb so einfach, die Hoffnung auszunutzen, weil Menschen mit Wahrscheinlichkeiten sehr schlecht umgehen können. Oder mit Systemtheorie.
Klar gibt es überall Überflutungen oder Dürren oder Kriege oder Hunger. Aber doch nicht bei mir. Klar gibt es Leute, die bei 44°C auf der Straße überleben müssen. Aber doch nicht ich. Menschen sterben. Ja, aber ich doch nicht. Da wird doch irgendwer bestimmt was erfinden.

Das ist der Grund – oder zumindest ein Grund – warum es tatsächlich Leute gibt, die sich nach ihrem Tod den Kopf abschneiden lassen, damit der in flüssigem Stickstoff eingefroren noch ein Jahrhundert aufbewahrt werden kann.
Wie bescheuert kann man eigentlich sein und darf trotzdem offensichtlich zu viel Geld haben? Ich meine, hat mal jemand Lauch eingefroren und das Zeug dann in der Küche wieder aufgetaut? Eben.
Aber angenommen, in 100 Jahren findet tatsächlich jemand eine Möglichkeit, gefriergetrocknete Gehirne wieder in lebende Menschen zu verwandeln. Warum stellen sich diese Typen niemals die naheliegende Frage?
Sie lautet: Warum sollte ein verdammtes Genie im Jahre 2123 ausgerechnet deinen Kopf wieder lebendig machen wollen?
Immerhin hat der ehemalige Eigentümer seine Dummheit klar zur Schau gestellt, sonst hätte er seine Rübe nicht tiefkühlen lassen. Und wie hoch wird dann eigentlich die verdammte Stromrechnung sein?
Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Auftau-Hirn aus dem frühen 21. Jahrhundert einen Bergbau-Robot steuern wird, der Sklavenarbeit im Asteroidengürtel leisten muß, ist sehr viel höher als die Wahrscheinlichkeit der eigentlichen Wiederbelebung. Aber das hält Leute mit gern ererbtem Vermögen nicht davon ab, Futurama für eine Dokumentation zu halten.

Leute, die an so eine Welt glauben, hielten soeben wieder eine Klimakonferenz ab. Die Ölindustrie hat diesmal auf das scharenweise Entsenden von Lobbyisten verzichtet. Die waren ohnehin alle schon da, denn die Konferenz fand in Dubai statt. Die frei gewordenen Plätze wurden dann von der Fleischindustrie gebucht, die massiv aufgetischt hat, um alle Welt davon zu überzeugen, daß unsere industrielle Fleischproduktion ein Weg in eine ökologisch nachhaltige Zukunft ist.
Der König von England ist nach Dubai geflogen, denn er hielt dort die Eröffnungsrede, die betont, wie unfassbar wichtig es ist, den Planeten zu retten und wie knapp die Zeit dafür. Verdammt! Warum hat uns das vorher niemand gesagt? Wenn doch der König von England bloß jemanden kennen würde, der da was unternehmen könnte!
Einen Tag vorher eingetroffen war der ebenfalls schwerreiche Milliardär Rishni Sunak, der Premierminister Brexitanniens. Was er da wollte, weiß ich nicht, ist aber auch irrelevant. Die britische Regierung weiß schon seit Jahren direkt nach dem täglichen Brunch im Puff nicht mehr, was sie eigentlich beim Aufstehen wollte. Vermutlich wollte er weitere Öl-Konzessionen an die Dubais verkaufen. Oder die Saudis.
Sowohl der König als auch der Premier sind im Privatjet angereist. Also, jeder in seinem eigenen, ist klar. Die anderen 80.000 Lobbykraten sind in der Business Premium Class in den Wüstenstaat geflogen, nehme ich an. Danach dann Lobbyisten-Plausch in angenehm klimatisierten Wandelhallen, errichtet auf den Gebeinen von ein paar tausend fernöstlicher Sklavenarbeiter. Aber das Panda-Steak ist bio.

Ein urgenialer Vorschlag ist auch die Verdreifachung der Nuklear-Kapazität in der Energieerzeugung weltweit bis 2050.
Warum habe ich nur das Gefühl, dass dabei sehr viele Bauruinen entstehen werden, die pro Stück 20 Milliarden Euro kosten, weiter strahlenden Müll produzieren, aus jeder Menge leckerem Beton bestehen und die allesamt auf Uran angewiesen sind, das es schon aktuell am Weltmarkt nicht mehr gibt?
Ich weiß es auch nicht, warum dieses Gefühl der Verarschung in mir aufkommt, aber so ist es eben. Eventuell liegt es daran, daß Nuklearenergie aktuell etwa 10 Prozent des weltweiten Energiemixes ausmacht und eine Verdreifachung somit noch immer nur 30 Prozent globaler Energie erbrächte. Bei nicht weiter steigendem Bedarf, versteht sich. Davon abgesehen müsste man uralte Reaktoren natürlich austauschen, statt sie immer ewig weiter zu verlängern.
Irgendwie kann ich mich auch des Verdachts nicht erwehren, daß mit der Begründung »Wir bauen doch AKWe« bestimmte Personenkreise vernünftige Energieprojekte wie Windparks und Solarfarmen dann nicht bauen werden. Geht dann ja auch nicht mehr, weil jemand anders die Subventionskassen leersaugt. Diese Dinge wären schneller zu errichten, sehr viel kostengünstiger und könnten sogar in Europa vor Ort gebaut werden. Und dezentral verwaltet. Wie es bei regenerativen Energien auch mal gedacht war.
Bevor dann drei Bundesregierungen in Folge die deutsche Solarwirtschaft ruinierten, die Windkraft sabotierten und die fossilen Energiekonzerne mit üppigen Subventionen in den Markt haben grätschen lassen, damit diese mit der windigen Begründung »Das kostet Milliarden und das können nur wir!« diese Sache mit dem dezentral auch kaputtmachen konnten. Ach ja, „Entschädigungen” für den völlig unerwarteten und viel zu frühen Kohleausstieg gab es auch noch.
Darum gibt es Windparks in der Nordsee, die ohne Stromanschluß ans Land geplant werden, die der Betreiber aber trotzdem abrechnen darf, als würden sie Strom produzieren, denn rein theoretisch könnten sie das ja. Falls jemand nach Gründen für gestiegene Strompreise sucht, würde ich mal ein paar Leute in Berliner Büros fragen.
Aber natürlich können wir AKWe heute kleiner machen. Dann produzieren wir die Teile in der Fabrik vor und bauen das Ding dann statt dem Spielplatz um die Ecke auf, mitten im Wohngebiet. Wer braucht Sicherheitsabstände? So’n Gebäude wirft ja keinen Schatten auf den gutbürgerlichen Balkon, das ist keine Teufelstechnik wie diese Windräder.

Dieses Konzept nennt sich “Small Modular Reactor”. Was? Ach so, Nein.
Das war der Name in den 1950ern, als diese neuartige Technik aufkam, die heute von den Nuklear-Fantasten propagiert wird. Damals™, als Autokonzerne ernsthaft behaupteten, sie würden nächstes Jahr endlich dieses atomar angetriebene Auto auf den Markt bringen, daß einen Doc Brown 30 Jahre später so richtig neidisch gemacht hätte. Nur ist daraus aus unerfindlichen Gründen nie etwas geworden. Außerdem wäre dann der Film nie gedreht worden.
Aber das war in diesem Gestern, das unser enormer Fortschritt natürlich längst hinter sich gelassen hat beim Fortschreiten. Heute haben wir hier – Trommelwirbel! – “Advanced Small Modular Reactors”.
Die sind natürlich viel besser und gehorchen anderen Naturgesetzen, sie sind ja schließlich “advanced”. Daher brauchen die Reaktorkerne weniger oder keine Kühlung, weil…wir sie mit Konzepten kühlen, die wir alle schon ausprobiert haben vor 50 oder 40 Jahren und die sich alle als unbezahlbar, technologisch irre riskant oder noch gefährlicher als Wasserkühlung erwiesen haben.

Es ist aktuell schwieriger, alle Genehmigungen für zwei Solarpaneele am eigenen Balkon zu bekommen, als ein neues AKWe zu versichern. Das hat nämlich gar keine Versicherung, weil keine Gesellschaft so blöde ist, dieses Risiko zu übernehmen. Im Gegensatz zum gemeinen SUV-Fahrer, der tatsächlich eine Haftpflichtversicherung für sein Fahrzeug benötigt, die er selbst bezahlen muß, bekommt ein nuklearer Neubau automatisch Bürgschaften vom Staat. Also ist zumindest eine Gesellschaft blöde genug, das Risiko zu übernehmen. Auf die Regierenden und die Polit-Kaste im Allgemeinen ist eben Verlaß. Wirklich gefragt hat man die Gesellschaft allerdings nie, soweit ich das weiß.
Tatsächlich sind auch die “Advanced” Reactors so konkurrenzfähig, daß sie keiner mehr bauen möchte, einfach weil Wind und Solar günstiger sind. Dabei haben wir das Treibstoffproblem noch gar nicht angeschnitten.
Irgendwie würde ich als Einhorn-Diktator Deutschlands lieber 20 Milliarden in die Hand nehmen und damit die Forschung an Speichersystemen finanzieren wollen. Das erscheint mir vernünftiger.

Die 20 Milliarden sind auch kein Problem. Die finden wir sogar jährlich, wenn es sein muß. 43 Milliarden gehen als direkte oder indirekte Subventionen an die Fossil-Konzerne. Die jährliche Steuerhinterziehung auf Konzernebene wird in Deutschland auf etwa 100 Milliarden geschätzt. Da kommt so ein abgehalfterter Wurstfabrikant mit angeschlossenem Fußballverein aus Deutschlands Süden nicht annähernd ran. Echt fette Steuerhinterziehung muß man sich eben leisten können. Alleine mit diesen beiden Punkten hätten wir die virtuellen Fehlbeträge im aktuellen Etat simpel gedeckt und noch Geld übrig, sogar nach meinen jährlichen Beträgen für die Speichersysteme.

Hat eigentlich noch jemand so gelacht wie ich, als ausgerechnet die CDU, diese Partei der schwarzen Kassen und der jüdischen Vermächtnisse, die größte Nachfolgeorganisation der NSDAP und der SED auf deutschem Boden, die aktuelle Regierung verklagt hat wegen illegaler Umwidmung von Haushaltsposten?
Gut, wenn sich wer mit illegalen Haushalten auskennt, sind es sicherlich die Unionsparteien. Gelacht habe ich trotzdem.
Derselbe Friedrich Merz, der damit erfolgreich den gesamten Bundeshaushalt torpediert hat, war sich dann nicht zu schade, beim grünen Wirtschaftsminister um Geld zu betteln – aus dem Fonds, den es jetzt nicht mehr geben darf und den es mit einer CDU-Regierung gar nicht erst gegeben hätte.

Natürlich kam von den gelben Lichtern in der Berliner Ampel auch sofort ein super Vorschlag, wie man die nicht existenten 60 Milliarden denn wieder einsparen könne: der Sozialstaat ist zu teuer. Kann ja nicht sein, daß ALG-II-Bezieher 12% Erhöhung ihrer Bezüge kriegen.
Ein kurzer Griff in die Geschichte: als Herr Hartz 2002 sein Konzept zur Schredderung des Sozialstaats dem neoliberalistischem U-Boot G. Schröder vorlegte, kamen etwa 500€ pro Monat als persönlicher Satz raus.
Das war den Arschlöchern Clement, Müntefering und Schröder aber zu teuer, woraufhin Peter Hartz Anweisung erhielt, sich an der damaligen Sozialhilfe zu orientieren und nicht am durchschnittlichen Arbeitslosengeld I, wie er das getan hatte.
Die „Erhöhung” von Hartz 4.5 zum Januar 2024 bedeutet also, daß dieser Sozialsatz 20 Jahre nach seiner Einführung etwa die Höhe erreicht, die schon 2004 angemessen gewesen wäre. Eventuell sollte man das als Wähler bei der nächsten Diätenerhöhung im Bundestag mal kurz überdenken.
Irgendwie ist mir auch das Plädoyer der FDP/CxU/spd entgangen, das da lautet: »Erhöht die Löhne und Gehälter im Land.«
Denn damit hätten Menschen mit Arbeit klar mehr Geld als solche ohne. Hatten sie übrigens immer, ganz nebenbei. Jeder Politiker, der in Zukunft nochmal was von „Schlaraffenland” erzählt, würde in meiner Einhorn-Diktatur einfach sein Mandat verlieren und die nächsten zehn Jahre ins Schlaraffenland Bürgergeld verbannt. Stellt euch mal Christian Lindner im Sozialkaufhaus der Caritas beim Staubwischen vor. Bei einer nützlichen Tätigkeit!
Aktuell gehen die Propagandisten der CxU gerne mit einer Umfrage hausieren, die besagen soll, daß viele Angestellte kündigen wollen, um lieber Bürgergeld zu beziehen. Das ist natürlich erstunken und erlogen und lediglich dem erbärmlichen Menschenbild unserer parlamentarischen Großverdiener geschuldet.
Um hier mal Wolfgang Kubicki zu zitieren: Es geht euch einen Scheißdreck an, was ich noch nebenbei verdiene!
Sagen Sie das mal dem Finanzamt als Privatmensch. Oder googlen Sie mal den Satz. Sie werden jede Menge Tips bekommen, wie Sie nebenbei Geld verdienen können. Jobs zum Stundensatz von Kubicki sind aber nicht dabei.

Korrekt in Sachen Umfrage ist, daß die zitierte Aussage vor allem den Niedriglohnsektor betrifft.
Der Mindestlohn soll aber zum Januar nur um 41 Cent pro Stunde steigen, so hat es die allmächtige Kommission unter Zustimmung der Opposition beschlossen. Als es daraufhin Kritik gab, murmelte Oppositionsführer Merz, man müsse die Entscheidung einer unabhängigen Kommission einfach mal akzeptieren. Es sei denn natürlich, diese beschäftigt sich mit dem seit 20 Jahren künstlich runtergerechneten Existenzminimum, also Bürgergeld/Olaf I.
Hätte man den Mindestlohn mit Verweis auf die nicht unerhebliche Inflationsrate auch einfach um zwölf Prozent erhöht, somit also auf €13,44/h, wäre diese Geisterdebatte nicht schon wieder vom Zaun gebrochen worden.
Witzigerweise kommt meine Berechnung recht nah an die Forderung des CDA heran. Das ist der – man mag es kaum glauben – Teil der CDU, der seine letzten Hirnzellen noch nicht im politischen Bierzelt versoffen hat.
Und hatte ich schon erwähnt, daß irgendwie keines der Arschlöcher im Parlament, die ständig auf die Nichts-Habenden einprügeln, jemals dafür plädiert hat, die Löhne und Gehälter deutlich anzuheben, um das angebliche „Lohnabstandsgebot” wieder einzuhalten? Dann habe ich das jetzt.
Auch der Herr Arbeitgeberpräsident im verlinkten Artikel kritisiert ausdrücklich die Erhöhung des Bürgergelds, nicht etwa die erbärmliche Mindestlohn-Anpassung. In England steigt der Mindestlohn übrigens zum 01.01.24 um 10 Prozent. In England. Diesem Inselstaat vor den Kontinentalküsten, der bis neulich noch von einem Meerschweinchen auf Crack regiert worden ist.
Es sei darauf hingewiesen, daß das Lohnabstandsgebot auch nur eine Phrase ist, die sich menschenhassende Konservative vor Jahren aus dem Allerwertesten gezogen haben, damit sie weiter Arbeitslose rhetorisch diskriminieren können.
Ansonsten könnte man auch mal über den Lohnabstand zwischen Firmenvorständen und Angestellten diskutieren. Ich fahre morgen wieder Bahn und soweit ich weiß, kriegen weder mein Schaffner noch mein Lokführer 400K extra allein im Dezember, weil sie so super Arbeit geleistet haben. Der Bahnvorstand schon. Gerne auch pro Nase.
Seltsamerweise habe ich aber auch hier nicht in Erinnerung, daß dieser Aspekt von der CxU, der „FDP” oder der ehemaligen spd mal erwähnt worden wäre in den letzten 25 oder 30 Jahren.
Wer hat in diesen Jahren eigentlich den Kanzler gestellt? Eventuell sollte man das als Wähler vor der nächsten Wahl zum Bundestag mal kurz überdenken.

Bild: Oppositionsführer F. Merz bei besinnlicher Weihnachtsmeditation
Hier ist der grundsympathische Mann vertieft in das Kochbuch zum Weihnachtsessen in seiner Sauerländer Wahlkreis-Kneipe.

Der heute in Wirtschaft und Politik vorherrschende Rückzug auf zutiefst dogmatische Positionen, einer zunehmenden kognitiven Dissonanz zwischen der echten Realität und den eigenen gefühlten Wahnvorstellungen über die Struktur dieser Realität geschuldet, ist keine Zukunftsgestaltung.
Es ist Irrsinn. Es ist religiöser Fanatismus mit Inquisition. Leute, die beim Wort Staatsschulden sofort aufschreien und schmerzgepeinigt vor den Medien etwas davon erzählen, daß man an die Zukunft der Kinder denken müsse, haben keinerlei Probleme damit, eben diese Kinder als Terroristen zu diffamieren und in den Knast zu sperren, weil die sich womöglich auf einer Straße festgeklebt haben.
Wenn irgendwelche SUV-Dosenschubser etwas von ihrem Grundrecht auf ungehindertes Autofahren faseln, warum ist der Verkehrsminister dann eigentlich kein Terror-Anführer? Denn das Konzept, Deutschland von Nord nach Süd und Ost nach West in eine einzige, 800-spurige Autobahn zu verwandeln, scheint ja nun seit 50 Jahren diese ungehinderte Beweglichkeit eher zu behindern als zu befördern.
Überhaupt sehe ich immer dümmere Autofahrer in offiziell immer intelligenten Autos umherkutschieren, die immer fetter werden. Sowohl die Fahrer als auch die Autos. Aber am Ende ist dann die Parkbox zu klein und nicht etwa die Karre zu fett.
Würde eine landesweite Supermarktkette eingangsnahe Parkplätze für Lastenfahrräder umwidmen, wäre Deutschland einer Revolution so nahe wie seit 200 Jahren nicht mehr. Rauchsäulen würden aufsteigen über dem Land, wenn sich empörte Pick-Up-Benutzer an den Ladenkassen in die Luft sprengten, um gegen diesen Eingriff in ihre eingebildete persönliche Freiheit, sich wie das letzte Arschloch zu verhalten, zu protestieren. Falls sie den weiten Weg bis dahin schaffen natürlich, wenn sie zwanzig Meter weiter weg parken müssen.

Gestehen wir es uns ein: wir werden von Irren regiert, die von Bekloppten gewählt werden. Demokratie als Konzept ist zwar eine nette Idee, hat aber gegen den radikalen Marktkapitalismus und seine Propaganda keine Chance. Überhaupt ist es ein weiterer Mythos, daß Kapitalismus ein Partner der Demokratie ist. Die Wahrheit ist, daß Kapitalismus die Demokratie haßt. Sie ist ihm hinderlich. Kapitalismus ohne Regularien und der sogenannte Freie Markt™ sind wie ein Besoffener im eigenen Wohnzimmer, der in die Topfpflanze kackt, um sich dann lauthals drüber zu beschweren, daß es stinkt. Und wenn dann einer saubermacht, gibt einem der Penner noch Tips zur Pflanzenpflege.
Leute faseln in offiziellen Gremien ernsthaft etwas von „Ökodiktatur”, wenn es um ein Tempolimit geht, und niemand ruft den Arzt. Stattdessen gibt es Applaus von Leuten, die Naturgesetze ernsthaft für eine demokratische Veranstaltung halten.
Am Ende werden einige von ihnen womöglich Premierminister und erzählen was von 1,5°C-Zielen. Wenn sich die verdammte Realität nicht an dieses politisch verordnete Ziel hält, ist weder die Politik schuld noch die Wirtschaft, die der Politik vorgibt, was sie zu tun hat.
Nein, es muß Schuld der Realität sein. Irgendwer findet sich da schon, den man für sein eigenes Totalversagen verantwortlich machen kann, ob jetzt im Parlament oder an der Wahlurne. Hauptsache, man selbst ist es wieder einmal nicht gewesen.

In meiner Ökodiktatur würde ich nicht mich an einer Straße festkleben, sondern die SUV. Der durchschnittliche Berliner Autofahrer würde nicht einmal einen Unterschied bemerken, vermute ich.
Ich würde den globalen Flugverkehr nicht mit „grünem Kerosin” krampfhaft aufrechterhalten wollen, sondern ihn schlicht verbieten. Bis auf das eine Prozent, das für superwichtige Dinge tatsächlich notwendig ist.
Dasselbe gilt für blauen, grünen, orangenen oder von mir aus auch gestreiften Wasserstoff, der von der Chemie- und Stahlindustrie immer wieder als Wundertechnologie angepriesen wird. Da muß der Staat jetzt aber massiv investieren! Nein, muß er nicht. Das könnten einfach mal die Industrien tun, die mit dieser Geistertechnik schlicht weiter business as usual betreiben wollen. Schließlich wollen sie hinterher auch die Profite weiter einsacken, die sie auch bisher mit der Vergiftung des Planeten eingesackt haben. Freier Markt™ und so.

Falls sich Kalle aus Wanne-Eickel dann aufregt, weil er mit dem Boot nicht nach Malle kommt, würde ich politisch dasselbe machen wie alle anderen Parteien seit Jahrzehnten: ich scheiß’ auf Kalle und der wählt mich dafür gleich nochmal. Bei CxU und spd funktioniert das schließlich auch.
Soll der Penner halt Urlaub am Baldeney-See machen. Überhaupt: Urlaub?
Der Jahresurlaub für alle, die nicht mindestens 100.000€ pro Monat nach Hause schaufeln, wird komplett abgeschafft. Schließlich wird demnächst wieder alles teurer, wenn das Rote Meer für den so superwichtigen Welthandel gesperrt wird.
Irgendwer muß den Konsum schließlich aufrechterhalten, was will Kalle da mit Urlaub? Überstunden schieben soll er! Zum Mindestlohn am besten. Denn wenn der Konsum nicht stimmt, könnten diejenigen, die mindestens 100.000€ pro Monat nach Hause schaufeln, womöglich nur noch 97.326€ haben und wovon sollen die dann leben?
Falls irgendwer glaubt, das habe ich mir ausgedacht: exakt das ist das Parteiprogramm der CxU, der spd oder der “FDP” in Kurzform. Seit Jahrzehnten. Gerade jetzt sollte man darüber nachdenken, bei nächster Gelegenheit einen Grünen ins Kanzleramt zu wählen. Die deutsche Rüstungsindustrie muß auf Vordermann gebracht werden und keine Partei ist besser dafür geeignet als die ehemals Friedensbewegten.

Falls Kalle sich dann weiter aufregt, kommt er einfach präventiv mal in Haft und außerdem hören wir sein Smartphone ab und seinen Computer auch. „Die ganze Härte des Rechtsstaats” und so. Das ist doch bei solchen Leuten immer sehr beliebt und sollte der Kassandra-Partei weitere Stimmen einbringen.
Der Witz ist, daß all diese Dinge ohnehin passieren werden. Ob die Politik das aktiv betreibt oder nicht. Denn wenn es darum geht, auf die Physik oder Politik zu setzen, weiß ich auf jeden Fall, wer dieses Spiel gewinnen wird.
Nächstes Jahr wird jedenfalls erstmal Präsident Snow wieder ins Weiße Haus gewählt, was eine frische Runde im “War on Reality” bedeuten dürfte. Auf die dummen Gesichter meiner europäischen Politik-Helden freue ich mich schon jetzt. In diesem Sinne erhebe ich geistig den Glühwein und wünsche allerseits fucking Fröhliche Weihnachten.


Das Beitragsbild zeigt Obdachlose in ihren Behelfs-Zelten in London. Es stammt aus dieser Quelle
Photograph: Andy Rain/EPA

Standortbestimmung

»It pays to keep an open mind, but not so open your brains fall out.«

Carl Sagan

Ich liege auf einer Wiese. Um mich herum sind einige Dutzend andere Menschen, nicht weit entfernt.
Die Kinder der beherrschenden Art unseres Planeten sind ebenfalls nicht weit entfernt, man kann es deutlich hören. Die Zahl menschlicher Lebensformen auf der Erde hat die acht Milliarden inzwischen überschritten. Wenn wir noch einige Jahre so weitermachen, wird es bald dreimal so viele Menschen auf der Erde geben wie zum Zeitpunkt meiner Geburt.

Allerdings ist diese Zahl eigentlich nicht besonders beeindruckend, wie mein Gehirn einen Moment später hinter meinen geschlossenen Augen feststellt. Immerhin wimmeln hier ziemlich viele Insekten zwischen den Blumen hin und her, die Ameisen gibt’s da natürlich auch noch und was ist eigentlich mit dem ganzen Gewimmel im Boden, das ich ohne Mikroskop ohnehin nicht erkennen kann ?
Na schön, die sind alle natürlich viel kleiner als so ein menschlicher Körper, das verschafft ihnen irgendwie einen Vorteil, den ganzen kleinen Biestern. Aber dieses Leben ist da, ohne Zweifel.

Noch Ende der 60er Jahre wurde der Antrag einer Biologin auf Forschungsgelder in den USA mit den Worten abgelehnt:
„Ihre Forschung ist Scheiße. Reichen Sie nie wieder einen Antrag ein.”
Das war über drei Jahrhunderte, nachdem ein cleverer Holländer namens Antoni van Leeuwenhoek das erste Lichtmikroskop entwickelt hatte. In den Jahren danach durchleuchtete der gelernte Tuchhändler damit wortwörtlich die Welt, entdeckte die Mikroorganismen, die Spermatozoen, die Blutkörperchen – parallel mit anderen Forschern  – und teilte diese Erkenntnisse in diversen hundert Briefen mit anderen Menschen seiner Zeit und der Royal Society in London.
Er wurde somit zum Urvater des Faches, das Lynn Margulis damals studierte, denn sie war die Mikrobiologin mit dem abgelehnten Antrag. Und Bakteriologin.

Der revolutionäre Vorschlag, dass diese kleinen Tierchen in einem Wassertropfen womöglich Einfluß auf Menschen ausüben könnten, sie etwa krank machen oder so was in der Art, kam bereits gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf, in dem van Leeuwenhoek durch seine immer besser werdenden Mikroskope blickte, wurde dann aber bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts erst einmal wieder ignoriert bzw. nicht systematisch weiter verfolgt.
Lynn Margulis wiederum reichte als erste erfolgreiche Arbeit ‘On the origin of Mitosing cells’ ein, im Jahr 1967. Der Artikel wurde von mehr als einem Dutzend Fachjournale rundheraus abgelehnt, bevor er erschien.
Die hier etablierte These, dass Zellorganellen wie Mitochondrien oder Chloroplasten früher einmal selbstständige Zellen gewesen sind, die im Laufe der Mikro-Evolution dann mit größeren Verbänden verschmolzen und so erst „moderne” Zellen haben entstehen lassen, war den Sesselfurzern in den akademischen Bewahranstalten der damaligen Zeit offenbar zu abwegig. Continue reading →

Zwanzigzweivierdreiundzwanzig

Deutschland, 31. Dezember 2022

Der Typ vor mir legt aus etwa 2,15m Höhe ein halbes Dutzend Corona-Schnelltests auf das Kassenband des Drogeriemarkts. Maske trägt er, im Gegensatz zu mir, keine.
Offensichtlich haben wir andere Prioritäten zur Vermeidung weiterer oder erstmaliger Infektionen. Ich habe einfach kein halbes Dutzend Leute im Haus am Silvesterabend. Aber irgendwie ist das alles sehr symbolisch für das ablaufende Jahr, wie ich finde.
Ich weiß z. B. gar nicht, warum ich überhaupt einkaufe. In meiner Bude kann ich vermutlich vier Wochen überleben, ohne daß ich vor die Tür müßte. Einschließlich Körperpflege. Jedenfalls, solange Strom und Wasser weiter zuverlässig funktionieren. Im ersteren Falle würde letzteres ausfallen, aber verhungern würde ich dann immer noch nicht. Wie? Was?
Ja natürlich fällt ihre Wasserversorgung ohne Strom aus, was dachten Sie denn?
Die geschätzt achthundert Milliarden Wasserpumpen in diesem Land laufen nicht mit magischen Hamstern, sondern Elektronen aus der Leitung. Falls Sie in einer Kommune leben sollten, deren Frischwassersystem mit simpler Gravitation angetrieben wird: Glückwunsch. Und nicht vergessen, den tapferen Kanalarbeitern gelegentlich mal einen Obulus rüberzureichen für die Drecksarbeit der Instandhaltung.

Also…wo war ich? Ach, Einkaufen. Eigentlich wollte ich nur eine Runde mit dem Rad drehen, weil es so unfassbar geiles Wetter ist. Kassandras Umfeld erwärmt sich am heutigen Tage auf bis zu 16°C und da Temperatur physikalisch ja nichts anderes ist als ein Maßstab für die Bewegungsfreudigkeit von Molekülen im Moshpit, lag der Gedanke an ein kurzes Ründchen Frischluft durchaus nahe.
Vor zwei Wochen war das unmöglich, da sogar hier, in dieser eher milden Gegend, alles erstens vereist und zweitens nicht geräumt war. Also, aus Radfahrersicht. Natürlich kann man auf der örtlichen Landstraße, die zur Autobahn führt, auch mit dem Rad fahren. Wenn man sehr depressiv ist und so recht keine Lust mehr hat, beispielsweise.
Ich persönlich hätte gerne auf der rechten Seite einfach einen ebenso breiten Radweg wie auf der anderen, denn alleine dieser Platzverlust würde dafür sorgen, daß die einheimischen Dosenschubser nicht mit 110 statt der erlaubten 70 km/h an mir vorbeibrettern. Wobei das im Falle eines Treffers natürlich völlig egal ist. Tot ist man dann auf dem Rad so oder so.
Jedenfalls ist dieser Radweg ein Kreisradweg. Denn die Stadt hintendran ist kreisfrei. Hier fühlt sich niemand zuständig. Und es ist keine Autostraße. Also wird hier nicht geräumt oder gestreut oder jemand erschossen, weil er das nicht gemacht hat. Im Gegensatz zu ihrem Bürgersteig, sollte sich der Postbote da mal ein Bein brechen.
Etwa 100% aller Kommunen Deutschlands würden für die Nichtbeachtung ihrer Verkehrssicherungspflicht eigentlich in den Knast wandern müssen oder zumindest mit hohen Bußgeldern rechnen, wären sie Privatpersonen in eben diesen Kommunen.
Aber da stellt man besser mal ein paar Schilder auf, die besagen:
»Fuck you, Bürger! Was für dich gilt, muß für uns noch lange nicht gelten! Brich dir den Hals auf eigene Verantwortung! – Unterschrift: Oberhäuptling der Gemeinde.«
Das ist wie diese Sache mit den Kameras, die uns alle vor irgendwas beschützen sollen. Außer vor den Typen, die ständig überall neue Kameras aufstellen wollen. Polizei oder Feuerwehr oder so müßte man ja bezahlen. Oder Räumdienste.

Heute aber ist das anders. Ich lege die Jacke ab und wickle sie mir ums Kreuz. T-Shirt und Schal am 31. Dezember erweisen sich als exakt richtige Kleidung, während die Sonne meine lustigen Mitbürger beleuchtet, die gerade wagenweise Sprengstoff und Alkoholika aus dem Supermarkt nebenan karren, Inflation be damned.
Aber ich mußte ja unbedingt noch was Einkaufen. Man kann generell klug sein, aber trotzdem manchmal vereinzelt eher blödsinnige Entscheidungen treffen. Ein Mechanismus, der, vom Individuum auf die Spezies hochgerechnet, beim Untergang unserer Zivilisation nicht außer acht gelassen werden sollte.
Auf dem Weg nach Hause treffe ich auf eine Bande zukünftiger russischer Kleinkrimineller. Im Wortsinne, denn der älteste Zündler ist vermutlich etwa acht Jahre alt und hantiert mit genug Sprengstoff, um ein Loch bis zum Erdkern zu erzeugen. Ich beschleunige etwas, falls die Banditen sich gleich selbst entleiben. Immerhin könnten sie dann keine Nachkommen zeugen, denke ich, zufrieden darüber, daß Intelligenz zwar kein Evolutionskriterium ist, aber manchmal doch hilfreich zu sein scheint.

Am letzten Tag dieses endlich vergehenden Jahres stirbt auch noch Bendedikt XVI., der erste Deutsche auf dem Papstthron seit 1.000 Jahren und auch der erste Papst seit ca. 1623, der freiwillig auf dieses Amt verzichtet hat. Typisch Bayer, immer eine extra Weißwurst auflegen.
Ich habe keine Ahnung, wohin tote Päpste oder tote Jahre so gehen, aber wenn es eine Hölle gibt, hoffe ich zumindest für dieses Jahr inständig, daß es dort landet und sich zur Strafe seinen eigenen Rückblick anschauen muß. In Endlosschleife. Moderiert von Dieter Nuhr und Benedikt.
Ich habe auch keine Ahnung, wie Ex-Päpste eigentlich begraben werden, die vorher zurücktreten. Aber da bin ich in guter Gesellschaft mit dem Hofstaat des Vatikan, die wissen das vermutlich auch nicht. Deshalb schlagen sie es vermutlich gerade nach. Vor meinem gesitigen Auge erscheint Tom Hanks in seiner Rolle als Robert Langdon und wälzt staubige Pergamente in der geheimen Bibliothek des Vatikan. Es wird sich schon ein Ritual finden. Continue reading →

Zwanzigzweiundzwanzig

„Ab sofort ist Dienstag Soylent Green-Tag!” – Charlton Heston

Guten Tag und herzlich willkommen zum Jahr 2022.
So. Das war es auch schon. Bitte gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu lesen. Denn dazu hätte ich einen Text schreiben müssen. Das ging aber nicht. Tut mir sehr leid, aber es war einfach nicht machbar.
Ich mußte Wäsche raushängen auf dem Balkon. Bei 15°C und Sonnenschein. Dann habe ich noch kurz durch das Bad geputzt, eine Runde gesaugt und dann war ich auch schon wieder bereit für das Sofa. Da wohne ich. Ich mußte noch diesen Fim fertig gucken, den ich in der Silvesternacht begonnen hatte.
So’n Ding von 2011.

Da geht es um eine – hahaha – Pandemie, die eine hübsche Geschäftsreisende sich als Andenken aus China mitbringt und die sich dann rasend schnell ausbreitet. Ist ein bißchen unrealistisch, weil da alle irgendwie besonnen reagieren. Die WHO, die Öffentlichkeit, die Behörden – alle haben die Lage recht souverän im Griff.
Der virale Angreifer stellt sich als Chimäre aus Fledermaus und Schwein heraus, ist schwer anzuzüchten und tötet gerne Menschen, und während er das tut und sich rote Flecken auf Weltkarten zu Ozeanen ausbreiten, als würde der Planet verbluten, kommt es zu Plünderungen, hier und da ein bißchen Kriegsrecht und am Ende steht unser Protagonist ohne seine Frau und seinen Stiefsohn in der Schlange hinterm Militärlaster, um Trockenfutter im Sack angereicht zu kriegen. Die sind da nämlich beide tot und seine Frau war natürlich die eben erwähnte Geschäftsreisende, da ist aus dem Andenken also sehr schnell Gedenken geworden.
Absurd wird es dann, als der Typ mit dem Megaphon verkündet, es sei leider nichts mehr da vom leckeren Armeefutter und die Menge den Laster stürmt und dann keiner der Militärs einfach da reinballert.

Ach ja, dann ist da noch dieser andere Typ, den spielt nicht Matt Damon, sondern Jude Law, und der betreibt einen Blog und deshalb hassen ihn alle Journalisten, und der behauptet dann, daß alle von der WHO lügen würden und mit der Pharmaindustrie unter einer Decke steckten, während er dann fünf Millionen mit homöopathischen Forsythien-Präparaten verdient und am Ende stellt irgendwer dann seine Kaution, als ihn die Feds abgreifen, um ihm die etwa 3.000 Zivilklagen zu überbringen, die gegen ihn vorliegen.
Wie gesagt, bißchen aburder Film. Hollywood halt. Als würden irgendwelche Leute einem Internet-Spinner einfach Geld überweisen, damit er ihnen die Wahrheit™ erzählt und nicht auf den Direktor der WHO hören, der in der gleichen Fernsehsendung interviewt wird.
Außerdem rät der Typ dann allen Leuten noch, sie sollten sich nicht impfen lassen, was natürlich noch absurder ist, denn zu diesem Zeitpunkt sind vier Monate rum und etwa 26 Millionen Menschen weltweit tot, da würde man so ein kriminelles Arschloch ja keine Minute weiter frei rumlaufen lassen.
Außerdem gibt es nach der Zeit schon eine Impfung, weil die Behörden das Zulassungsverfahren abkürzen. An dieser Stelle gleitet die Fiktion schon stark ins Lächerliche ab.

Natürlich weiß ich, daß der Film Blödsinn ist. Schließlich würde das Militär im Zweifel die Lieferungen der Regierung einfach behalten und weitere anfordern, bis es keine Lieferungen mehr gibt und dann macht man einfach einen Staat im Staate auf, bis alle Menschen so weit infiziert sind, daß sie entweder tot oder wieder gesund sind.
In der echten Realität würde nach 140 Tagen schwarzer Pest keine Sau mehr Lebensmittel verteilen. Da gräbt man den gefrorenen Nachbarn aus der Schneewehe. Ich habe nicht nur World War Z oder 28 Days later gesehen, sondern schon 12 Monkeys. Ich weiß, wie die verdammte Zombieapokalypse aussehen wird. Sie kommt getarnt als Neujahrsansprache von Menschen, die vorher schon zwölf Jahre regiert haben. Continue reading →

Spiel’s noch einmal, Joe

“Meet the new boss. Same as the old boss.”
The Who, Won’t get fooled again

In den letzten Zügen seiner Amtszeit, quasi mit dem 4er Eisen am Loch 17, hat Donald Trump noch etwas geschafft, das ihm vorher in vier Jahren kein einziges Mal gelungen ist: Er hat die Wahrheit gesagt. Oder besser, getwittert. Mit Reden hat es der noch-immer-Präsident der ehemaligen USA ja nicht so.
Der Wahlniederlage des Toupets des Grauens folgte ein etwa dreiwöchiger Wutanfall in der Süßwaren-Abteilung des Supermarktes, während dem Klein-Donald versuchte, noch möglichst viele Reste der amerikanischen Demokratiesimulation endgültig in Schutt und Asche zu legen.
Schließlich, so hatte er das ja schon im Frühjahr festgelegt, könne er diese Wahl gegen “Sleepy Joe”, der sich kaum aus seinem Keller raustraute, nur dann verlieren, wenn es massiven Wahlbetrug geben würde. Also mußte es den auch gegeben haben. Denn Donald J. Trump, der Mann, der das Siegen auf diesem Planeten quasi erfunden hat, hat die Wahl zum Präsidenten tatsächlich verloren.
Es war die größte, unglaublichste, fantastischste und besteste Wahlniederlage, die es überhaupt jemals auf der Welt gegeben hat.

Irgendwo mitten in seinem pöbelnden Wahnsinn twitterte der von der Ablehnung der Öffentlichkeit zutiefst gekränkte Narzißt dann den Satz: „Noch nie hat ein amtierender Präsident so viele Stimmen bekommen wie ich!”
Worauf dann wieder die abstruse Behauptung folgte, er habe die Wahl gewonnen. Ich hätte auch früher in Mathe nur Einser bekommen, wenn meine Lehrer nicht immer so viele Fehler angemahnt und dann auch noch gezählt hätten. Im Grunde bin ich also das größte mathematische Genie des Planeten und erwarte demzufolge den längst überfälligen Anruf der Nobel-Kommission. Außerdem brauche ich die mit dem Preis verbundene Kohle. Da bin ich auch wie Donald Trump, wobei ich keine Schulden habe, die sich auf mindestens 400 Millionen Dollar belaufen dürften. Aber gebt mir das Geld trotzdem, ich habe es schließlich verdient!

Aber mit diesem einen Satz hatte er recht. Tatsächlich hat noch nie ein amtierender Präsident so viele Stimmen bekommen. Seltsamerweise waren die natürlich alle ungefälscht. Ebenso wie die Stimmen für republikanische Senatoren, die seit Wochen und Monaten die Klappe hielten, wenn Trump wieder eine antidemokratische Absurdität nach der anderen raushaute. So jetzt auch nach der Wahl.
Faschistischen Tattergreisen wie Mitch McConnell im Senat oder einem Lindsey Graham sind alle Mittel recht, um den Apartheids-Staat USA weiter aufrechtzuerhalten, den sie für den Amerikanischen Traum halten.
Zum Zeitpunkt des Twitter-Anfalls hatte Donald 71 Millionen Stimmen. Sagte er jedenfalls. In der Realität waren es zu diesem Zeitpunkt 70,3 Millionen. Doch wen interessieren schon 700K Stimmen in einer Demokratie. Es sei denn natürlich, sie werden für einen anderen Kandidaten abgegeben, und sei es auch nur in der Einbildung eines anderen Tattergreises. Dann müssen sie natürlich auf Zuruf von Gerichten für ungültig erklärt werden, ansonsten ist die Demokratie in Gefahr.

Der alte weiße Mann im Weißen Haus wird also bald durch einen noch älteren weißen Mann im Weißen Haus abgelöst werden. Nach gründlicher Entseuchung durch einen Desinfektionstrupp, nehme ich an. Die Bude dürfte ganz schön coronifiziert sein. Ich würde auch die Teppiche und Vorhänge im Oval Office rausschaffen und verbrennen lassen. Vielleicht am besten alles, was je mit Trump in Berührung gekommen ist. Vielleicht sollte Joe Biden, der ja Katholik ist, nach seiner Inauguration einen Exorzismus durchführen lassen. Das wäre vermutlich am besten.
Der letzte katholische Präsident der USA war übrigens John F. Kennedy. Der letzte Präsident, der dieses Amt erreichte, ohne Florida zu gewinnen, war auch John F. Kennedy. Joe Biden sollte meiner Meinung nach Cabriofahrten durch Dallas in seiner Amtszeit grundlegend vermeiden. Continue reading →

Der Rauch eines großen Brandes

”I can calculate the motion of heavenly bodies but not the madness of people.”
Isaac Newton

Das Rauschen der Autos klingt wieder wie Meeresbrandung auf Asphalt. Über den Schrebergärten hängt Rauch wie über der Innenstadt Londons im Jahre 1666. Oder über Rom, als Nero so schön die Laute gespielt haben soll. Ein warmer Tag. Wenn der Wetterbericht recht hat, der letzte warme Tag für eine Woche, weil es morgen um 15 Grad kühler sein soll. Deutschland nach Corona.
Wahrscheinlich demonstrieren irgendwo auch gerade einige durchgeknallte Aluhüte gegen den Wetterbericht. Wobei man klarstellen muß, daß es sich bei den Demonstrationen in Stuttgart oder Berlin und anderswo nicht um rechte Veranstaltungen handelt. Es handelt sich um eine Allianz des Schwachsinns.
Sehr viele der Menschen, die da demonstrieren, fabulieren etwas von einer Impfpflicht. Nicht etwa, weil sie sich davor fürchten. Sondern deshalb, weil in ihrem Weltbild Impfungen eine wirkungslose Vergiftungsstrategie der Pharmamafia sind. Da gibt es Leute, die eher an Echsenmenschen im Inneren der Hohlerde glauben – die natürlich flach ist – als daran, daß Viren existieren. Sätze wie „Ich glaube nicht an Corona!” sind ein klares Zeichen für völlige Hirnfreiheit und würden die entsprechende Person im Normalfall augenblicklich auf die aussichtsreichen Plätze zum Sieg beim Darwin Award katapultieren.

Aber die ganzen Protestler vereinen einige Punkte. Sie betrachten sich als nicht von Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 betroffen, warum auch immer. Sie haben nach diversen Wochen angeblichem “Lockdown” massiven Budenkoller und wollen wieder raus. Übrigens etwas, das in keiner Gegend Deutschlands verboten war in den letzten Wochen. Außer in Berlin, und wer in Berlin raus will, leckt auch den Asphalt auf dem Ku’damm ab als Mutprobe.
Die Protestierenden würden auch gegen schlechtes Wetter demonstrieren, wäre das nicht offensichtlich nutzlos. Denn das Wetter interessiert sich dafür nicht. Das Coronavirus allerdings auch nicht. Ein weiterer Punkt ist also, daß die Demonstranten des Irrsinns sich ganz offensichtlich nicht als Teil der Gesellschaft begreifen, in der sie leben. Für sie hat die Welt so zu sein, wie sie das wollen. Was etwas schwierig ist, da die Welt in Wahrheit nicht von Echsenmenschen aus dem All beherrscht wird, Mondnazis nicht existieren und Bill Gates auch nicht vor hat, die Weltbevölkerung durch Impfungen zu vergiften.
Wenn Bill Gates die Weltbevölkerung reduzieren wollte oder sich zum Diktator ernennen lassen, würde er Windows abschalten und damit 80 Prozent der IT-Infrastruktur des Planeten. Twitter, Facebook, Amazon und Instagram würden ausfallen und die Intelligenzresistenten auf den Demos wären völlig aufgeschmissen, da sie dann ihr von Wahnvorstellungen geprägtes Weltbild nicht mehr von anderen Realitätsresistenten als die Wahrheit™ bestätigen lassen könnten.

Ich vermute stark, daß einige der Demonstranten gegen die Realität in einigen Wochen feststellen werden, daß das Coronavirus sehr wohl existiert, und zwar am eigenen Leib. Ich hoffe auch, daß alles dafür zuständige Personal so vernünftig sein wird, diese Leute dann im Krankenhaus in den Heizungskeller zu schieben und sie nicht auf Intensivstationen wertvollen Platz verschwenden zu lassen. Wie man sieht, wäre meine ärtzliche Ethik hier starken Belastungen ausgesetzt.
Besonders amüsant waren die Rufe „Nazis raus” auf einer Demonstration, die von den umgebenden, für Respekt, Meinungsfreiheit und Toleranz werbenden Grundgesetzverteidigern sofort niedergebrüllt und mit Todesdrohungen bedacht wurden. So sieht das Gesicht autoritären Respekts aus. Wer auf derartige Idioten Bock hat, sollte Wolfgang Kubicki um ein Autogramm bitten.
Auch hier zeigt sich ein verbindendes Element der Protestierer: Rationale Denkarbeit ist nicht so ihre Sache. Man distanziert sich nicht auf einer Demo, die größtenteils von antigesellschaftlichen Nazi-Wahnwichteln organisiert und besucht wird, von Nazis. Ich gehe auch nicht zum Reichsparteitag, um dort Flugblätter der Weißen Rose zu verteilen. Continue reading →

Mit Hulk im Garten

„Du kannst den Leuten nicht verbieten, ein
Arschloch zu sein.”
Simon Phoenix

Die beiden Herren der lokalen Grünen sehen mich an, als hätte ich gerade vorgeschlagen, in Zukunft regelmäßige Menschenopfer auf dem Marktplatz abzuhalten, um die Wettergötter zu besänftigen. Dabei hatte ich diese Vorgehensweise im Vorfeld zwar bedacht, dann jedoch als eher unzeitgemäß verworfen.

Rückblende:
Seit einigen Monaten marschieren Millionen von Menschen rund um den Planeten auf Demonstrationen, die von der Politik ihrer Länder im Grunde nur eines verlangt: Hört auf, wie völlige Vollidioten alles zu ignorieren, was Wissenschaftler aus drei Dutzend Fachdisziplinen über mehrere Jahrzehnte zusammengetragen haben.
Das die Simulationen, die aus diesen Daten erzeugt werden, voneinander abweichen, daß sie niemals alle Parameter berücksichtigen, daß sie sich im Laufe der Zeit verändern – geschenkt. Eine lineare Dynamik ist in einer Simulation im Computer wiederholbar im Sinne immer gleicher Ergebnisse. Eine nichtlineare Dynamik wird niemals exakt gleiche Ergebnisse produzieren. Veränderungen und Abweichungen liegen in Sachen Klimamodelle also in der Natur der Sache. Allerdings halten nur antiwissenschaftliche Politikchargen und Pegidioten das für ein Argument, um angebliche „Skepsis” zu rechtfertigen.
Denn selbst Daten sind nichts Festes. Sie vermehren sich. Sie werden in Beziehung gesetzt. Manchmal dort, wo vorher keine Verbindung zu existieren schien. Alles simulieren, also die gesamte Zukunft der Ökosphäre Erde, ist nicht möglich. Die gesamte Rechenkapazität der Welt würde für so eine Aufgabe nicht genügen. Am Ende käme bei so einem Versuch lediglich heraus, daß das organische Leben auf der Erde Bestandteil einer Computermatrix ist und die Antwort Zweiundvierzig lautet.
Wir müssen uns also mit Simulationsmodellen bescheiden. Aber zumindest stammen die Daten der Klimamodelle aus der Realität, was sie schon einmal deutlich von den Modellen der Ökonomen unterscheidet. Ein simpler, aber offenbar stark unverständlicher Kernsatz der FridaysForFuture-Demos lautet: Unite behind the science!

Jetztzeit:
So hat es mich irgendwie hierher verschlagen. Aus dunklen Kellern eines Jugendzentrums in die Kreisgeschäftsstelle der Grünen, GrünInnen und Grünixe an dem Ort, an dem die Bambushütte am Rande der Zivilisation wohnt.
Eigentlich hatte ich gedacht, dies sei ein öffentlicher Termin. Aber das ist gar nicht der Fall. Es ist ein Präsentationstermin für die Presse. Also den Herrn der Lokalzeitung und die volontierende Dame der anderen Lokalzeitung, die sich von der ersten dadurch unterscheidet, daß sie kostenlos ist und noch sehr viel mehr Druckfehler oder einfach mieses Deutsch enthält als ihr Gegenstück. Dafür ist sie dicker, weil mehr Werbung drin liegt.
Präsentiert werden soll hier das, was sich die Grünen vor Ort unter einem Beitrag für klimafreundliche Zukunft vorstellen. Genau. Es ist ein Antrag für den Stadtrat. Einer, in dem der Klimanotstand ausgerufen werden soll.

Solcherart Ideen scheint durch das Aufwallen von FridaysForFuture und dem etwas direkterem Kollegen, Extinction Rebellion, irgendwie in Mode gekommen zu sein. Extinction Rebellion, das sind diese Öko-Terroristen, die es wagen, gelegentlich mal eine Straßenkreuzung zu blockieren, und dafür damit rechnen müssen, von SUV-Fahrern mit Facebook-Account umgefahren zu werden. Solche „Ideen” werden auf den asozialen Medien tatsächlich massenhaft verbreitet. In Gruppen, die dann „Fridays For Hubraum” heißen oder so was. Wobei ich den Namen gut finde. Ich bin sehr dafür, dem Hubraum ausschließlich den Freitag zu gönnen und nicht jeden Tag, wie es aktuell der Fall ist. Was wir uns da an Lärm, Krach und Sprit sparen würden.
Seltsam. Als Anis Amri in Berlin mit einem Lastwagen in eine Weihnachtsmarktmenge fuhr, da war das der Terroranschlag. Nicht etwa der Weihnachtsmarkt. Wenn man Ökodemonstranten plattwalzen möchte, ist das scheinbar eine Manifestation des Volkswagenwillens und eine Verteidigung des Heimatbodens. Des asphaltierten Heimatbodens. Um freie Fahrt für freie Bürger zu gewährleisten. Damit die auch ganz ohne Extinction Rebellion in Berlin im Stau stehen können. Continue reading →

Die Leinen los!

Die Hölle ist los. Die Welt geht unter. Spätestens morgen wird das Jüngste Gericht hereinbrechen. Und es wird mit Pfefferminzsauce serviert! Dieser allerletzte Punkt ist allerdings wirklich abscheulich und sollte dringend verhindert werden.

Ein Marcel Fratzscher vom DIW stellt sich hin und beschwört wirtschaftlichen Untergang vom Himmel herab. In das gleiche Horn stoßen auch ein Clemens Fuest vom Münchner ifo-Institut oder der Automobilverband VDA.
Das ist die größte Lobbyistenpapageienzuchtanstalt in Europa, wenn es darum geht, noch mehr Autos auf die verstopften Straßen zu bringen, für die eine deutsche Autoindustrie keine Steuern bezahlt. Hauptsache, die Laster stehen just in time auf dem Hof, um Teile zu liefern.
Kassandra weist darauf hin, daß es sich bei all diesen Verbandssprechern ausnahmslos um Personen handelt, die eine Wirtschaftspolitik propagieren, die exakt zu dem geführt hat, was jetzt alle fürchten: Brexit.
Wenn Leute wie Fuest und Konsorten etwas von „Reform der EU” erzählen, meinen sie damit die Fortsetzung der Politik, die seit einem halben Jahrhundert von Südamerika bis Nigeria und Bukarest immer dieselben Folgen hatte: Massive Konzerngewinne, verfallende Infrastruktur und miserable Lohnentwicklungen bei steigenden Staatsschulden. Von solchen Nebenwirkungen wie der einen oder anderen Militärdiktatur, gefolterten Regimegegnern oder einem kleinen Massenmord hier und da – aus streng ökonomischen Gründen versteht sich, nichts Persönliches – reden wir da mal gar nicht.
Sie alle folgen der Ideologie der Chicagoer Schule und ignorieren weiterhin tapfer jeden der Beweise, die ihnen die Realität für das Nicht-Funktionieren ihrer ökonomischen Wichsphantasien in den letzten fünfzig Jahren reichlich geliefert hat.

Landauf, landab, ist in deutschen Medien heute zu lesen, daß der Brexit die Gesellschaft gespalten hat und das alles ganz furchtbar ist. Mehr Mitleid geht kaum noch. Wobei es vor allem weinerliches Selbstmitleid ist, fürchten doch alle um wirtschaftliche Konsequenzen für Deutschland. Die wird es auch geben, denn beide Volkswirtschaften sind eng miteinander verflochten, machen wir uns da nichts vor. Deutschland und Europa liegen auf dem Tisch, der Arzt beugt sich gerade über uns und sagt: „Das wird jetzt gleich etwas weh tun.”
Aber ich verstehe nicht, warum sich beispielsweise VW oder BMW darüber aufregen sollten. Da haben sie doch eine prima Ausrede, noch mehr Leute zu entlassen dank ihres Dieselskandals und der Schützenhilfe aus der deutschen Politik. Alles Brexit demnächst. Prima Sache.
Wahrscheinlich muß dann auch unser Finanzminister, der gerne Kanzler wäre, wieder den Sozialstaat kürzen. Der ist so wahnsinnig teuer. Dieses ganze ALG II! Das solche Kleinigkeiten wie Rentenzahlungen oder ALG I oder BAFöG oder Wohngeld oder ABM-Maßnahmen des Arbeitsamts und vieles mehr sich im Bundeshaushaltsposten „Soziales” befinden, das wollen wir mal nicht so erwähnen. Details können so belastend sein.

Dummerweise ist aber dieses ganze Geschreibsel so faktenfrei wie es jede weitere Diskussion um den Brexit auch wäre. Eine Gesellschaft muß schon lange gespalten sein, bevor sie so etwas wie die Brexit-Frage in einem Referendum überhaupt abstimmt. Ebenso ist es unwahr, wenn immer wieder behauptet wird, Donald Trump habe die US-Gesellschaft gespalten. Trump hat eine gespaltene Gesellschaft vorgefunden und diese Tatsache ausgenutzt, sonst gar nichts.
Es ist die ökonomische Massenpsychose unserer gewählten und ungewählten Führungsetagen und die daraus resultierende Politik, die diese soziale Spaltung herbeigeführt hat. Alle diese ökonomischen Vorstellungen beruhen auf den andauernden Fieberphantasien von menschenförmigen Lebewesen, die immer wieder behaupten, man müsse den Reichen nur die Steuern senken, damit die ganz viele tolle neue Arbeitsplätze schaffen. Global gesehen besitzen die oberen 10 Prozent gute 90 Prozent des Planeten in Vermögenswerten. Ich frage mich ernsthaft, warum diese Leute noch mehr Geld brauchen sollten, um in einer Gesellschaft irgendetwas zu tun oder zu lassen. Das auch diese lächerliche Legende der Standardökonomen offenbar keinen Widerhall in der Realität findet, ist selbstverständlich Schuld der Realität. Continue reading →

Sic transit gloria Mutti

Das Schlimme an einer Demokratie sind manchmal ja tatsächlich die Wähler.
Der schlichtweg faschistische Präsidentschaftskandidat Bolsonaro, Angehöriger einer eher kleinen Partei Brasiliens, wird neuer Präsident. Sein angehender Superminister für Wirtschaft und Gedöns hat bereits im Vorfeld verkündet, wie sein Reformprogramm für die taumelnde Wirtschaft aussehen wird. In deutschen Medien taucht das Wort „ultraliberal” auf. In Wahrheit verbirgt sich dahinter exakt das, was bereits seit Jahren und Jahrzehnten als offizieller ökonomischer Kurs aller Industrieländer durch die Weltgeschichte geistert: Wirtschaftsfaschismus. Oder besser, ökonomischer Totalitarismus. Bolsonaro könnte also auch FDP-Bundeskanzler sein und Hundekrawatten tragen, man würde keinen Unterschied bemerken.
Abschaffung von Arbeitnehmerrechten, Frauen zurück an den Herd und in den Kreißsaal – denn dadurch werden viele Arbeitsstellen frei – offene Bewunderung von freundlichen Typen der Menschheitsgeschichte wie Adolf H. aus B. – mit all diesen Dingen möchte das dynamische Duo aus der Hölle das fünftgrößte Land des Planeten wieder dahin zurückführen, wo es schon einmal war. Nämlich ins Südamerika der 70er Jahre, als Militärdiktaturen die eher linksliberalen Demokratien ablösten und danach Menschen folterten, wegsperrten oder einfach gleich umbrachten, weil sie einem radikalwirtschaftlichen Kurs der Alleinherrschaft von Banken, Wirtschaft und Politik irgendwie im Weg standen. Beispielsweise mit Berichterstattungen über Elendsquartiere von Tagelöhnern oder so. Die Wirtschaft störte sich nicht daran, VW do Brasil schrieb geile Gewinne in seine Bilanzen und nutzte die moderne Sklaverei aus, wo es nur ging.

Als Menschen getarnte Lebewesen wie ein Milton Friedman, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften, flogen gerne als Berater zu den damaligen uniformierten Amtsträgern, um ihnen klarzumachen, daß nur völlige Marktbefreiung zum Erfolg führen würde. Also Befreiung der Konzerne von Steuern und Regularien, ganz besonders. Klassisches Material der sogenannten Chicagoer Schule, deren ökonomisches Denken seit Anfang der 50er Jahre mehr und mehr die Welt beherrscht. Eine menschenverachtende Ideologie, getarnt mit dem Mantel mathematisch korrekter Modelle. Bis zu seinem leider viel zu spät eingetretenen Tod bestritt ein Kerl wie Friedman jeglichen Zusammenhang seiner ökonomischen Tätigkeit mit danach umgesetzten politischen Modellen, die zum Tod hunderttausender Menschen führten, direkt oder indirekt.
Der neu gewählte Präsident Bolsonaro hat bereits angekündigt, wichtige Ämter der Verwaltungsebene mit Militärs besetzen zu wollen. Die Amtszeit dieses Mannes bedeutet eine Rückkehr der Militärdiktatur in allem außer dem Namen. Gestern hat Brasilien aufgehört, eine Demokratie zu sein. Abgewählt wurde sie besonders von denen, die alles zu gewinnen haben, weil sie ohnehin zu den oberen 5 Prozent des Landes gehören, und von denen, die nichts mehr zu verlieren haben, weil sie zu den unteren 20 Prozent gehören.
Das es diese Armen und Armseligen sein werden, die mit ihren sklavenähnlichen Schuftereiverträgen in Zukunft die Gewinne der Oberen Zehntausend ins Obszöne aufblasen werden, hat diese Leute keinesfalls daran gehindert, für ihre eigene Schlachtung auf der angeblich ultraliberalen Bank zu stimmen. Wobei selbstverständlich nicht geschlachtet, sondern ausgeblutet wird, denn das verspricht den höchsten ökonomischen Gewinn. Für die Wirtschaftsideologie der Chicagoer Schule ist nichts so sehr überschätzt wie ein Menschenleben. Vermutlich ist das der Grund, warum sich die Deutsche Bank schon mal über den neuen Mann gefreut hat.

Dieser neue Mann an Brasiliens Spitze paßt wunderbar in das Schema unseres globalisierten ökonomischen Systems. Er ist Ex-Soldat und Militärfanatiker, was Brasiliens Nachbarn freuen dürfte. Er steht auf Rinderzucht, was dazu paßt, daß er aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen möchte. Falls da jemand gerade das Geräusch von Kettensägen gehört hat, war das richtig.
Er hält auch nichts von einem säkularen Staat, sondern behauptet, daß Brasilien christlich an der Bibel ausgerichtet sei, schon immer. Natürlich katholisch-christlich und nur in der Interpretation, daß Frauen und womöglich geschlechtlich eher minderheitlich orientierten Menschen keinerlei Rechte zustehen. Sicherheit will er in seinem Land dadurch gewährleisten, daß er die Waffengesetze lockert. Vermutlich dürfte das aber nur für Menschen gelten, die in Wohngebieten leben, in denen es auch ordentlich was zu klauen gibt. Totalitäre Typen wie Bolsonaro waren schon immer ein Freund der Bewaffnung derjenigen, die den größten Teil der Vermögenswerte besitzen. Falls diese Beschreibung jemanden an den Präsidenten des mächtigen Kollegen im nördlichen Amerika erinnert – stimmt. Die beiden tun sich nichts. Continue reading →

Die Politik des Zwielichts

– III –

Kongreß der Paviane

„Es ist ja nun mal so:
Wenn‘s läuft, dann waren‘s immer alle
wenn es nicht läuft, immer alle anderen.”
Großstadtgeflüster

Demokratie ist eigentlich eine ganz brauchbare Sache. Deswegen wollen sehr viele diese Regierungsform auch gerne in die Zukunft hinüberretten. Nur sehr wenige scheinen sich und anderen die Frage zu stellen, ob so etwas wie Demokratie das Richtige sein kann oder sein wird im Jahre…sagen wir, 2070.
Im Hintergrund schwingt dabei derselbe Gedanke mit, der bei vielen anderen Dingen ebenfalls immer unterschwellig angenommen wird. Die Zukunft wird so sein wie heute, nur mehr davon. Und grüner. Irgendwie. Ob jetzt Windkraftanlagen oder Elektromobilität, alle diese projektierten Dinge sollen nach dem unerklärten Willen von Konzernherrschern und Politiksprechern lediglich weiter ermöglichen, exakt so zu leben wie heute in einem demokratischen Wohlstandsstaat deutscher oder amerikanischer Prägung.
Im Grunde, so könnte man sagen, hat heutige Politik zusammen mit den transnationalen Konzernen, die längst die eigentlichen Herrscher dieses Planeten sind – machen wir uns da nichts vor – in etwa dieselbe Aufgabe wie ein Nutri-Matic-Getränke-Synthesizer. Dieses Wundergerät, für diejenigen, die es nicht kennen, wird hergestellt von der Sirius-Kybernetik-Corporation und liefert nach sorgfältiger Analyse der Geschmacksnerven und der Biochemie des Getränkeanforderers mit einem freundlichen Spruch immer ein Getränk ab, das ein bißchen, aber eben nicht völlig anders als Tee schmeckt.
Politik liefert heute immer etwas ab, das ein bißchen, aber nicht völlig anders aussieht wie das Heute, in dem wir leben, wenn es um Dinge wie die Zukunft geht. Denn alles andere würde den Wähler vermutlich verunsichern.

In einer derartigen Atmosphäre das Richtige® zu tun wird relativ schwierig. Wie jemand neulich anmerkte, wird das Richtige immer radikaler. Aber das ist nicht korrekt. Das Richtige, wenn es erst einmal halbwegs brauchbar bestimmt ist, verbleibt in seiner Form. Was immer radikaler wird, sind politische Lösungen für Probleme, die erst durch Unfähigkeit oder Unwilligkeit eben dieser Politik zu solchen gigantischen Misthaufen wie Klimazerstörung, Ozeanen aus Plastik oder einer angeblichen Flüchtlingskrise, die gar keine solche ist, heranwachsen konnten.
Es gab eine Menge Zeitfenster seit dem Beginn der 70er Jahre, in denen man durchaus etwas hätte unternehmen können gegen eine Wirtschaftstheorie, deren psychopathische Menschenverachtung und geballter Realitätsverlust in einem geistigen Amoklauf mündete, der uns die Welt eingebracht hat, wie sie heute ist. Anstatt offensichtlich bekloppte angebliche Ökonomen wie Milton Friedman und andere Auswüchse einer Weltsicht namens „Chicagoer Schule” so schnell wie möglich in ein Sanatorium zu bringen, um herauszufinden, was mit ihren Gehirnen nicht stimmt, machte man sie zu Wirtschaftsberatern und verlieh ihnen Nobelpreise.
In trauter Eintracht mit der Wirtschaft entschloß sich die Politik nach einem Jahrzehnt erstaunlich brauchbarer Ansätze, all diese Dinge in die Tonne zu treten und sich der drogengeschwängerten Party anzuschließen, die wir heute als „Industriegesellschaft” bezeichnen. Im wahrsten Sinne des Wortes faßte man den Entschluß, einfach mehr Öl ins Feuer zu gießen und dann auf die Sintflut zu warten. Wenn man aber mehr Öl ins Feuer gießt, hat man dadurch insgesamt nicht mehr Öl. Continue reading →