Das Wort zur Weihnacht

Aus dem Prinzip Hoffnung das Prinzip Hoffnungslosigkeit zu machen, ist die einzige Möglichkeit, in dieser zunehmend wahnsinnigen Welt nicht selbst den Verstand zu verlieren, von dem man nicht einmal sicher weiß, ob man ihn hat.
Präsident Snow fragt in „Hungerspiele” seinen Nachrichten-Propagandisten Seneca, warum immer einer der Tribute überleben müsse. Die sofort nachgelieferte Antwort des Chefdiktators ist: Hoffnung.
»Hoffnung«, so sagt er, »ist stärker als Furcht.« So lange man diese unter Kontrolle halten könne, natürlich.

Der Präsidator übersieht dabei etwas Entscheidendes. Es gibt etwas, das noch stärker ist als Hoffnung und dieser ebenso überlegen wie die Hoffnung der Furcht. Verzweiflung. Die aus Hoffnungslosigkeit geborene Verzweiflung.
Das ist auch der Grund, warum am Ende des Films nicht zugelassen werden kann, daß beide Tribute aus Distrikt 12, in den Medien von Capitol als das tragische Liebespaar vermarktet, in gemeinsamen Suizid die Hungerspiele beenden. Denn dies hätte ohne Zweifel Hoffnungslosigkeit zur Folge und die wiederum läßt sich nicht kontrollieren. Einen sprichwörtlichen „Funken Hoffnung” kann das totalitäre System immer für sich und seine Kontrolle ausnutzen. Einen Funken Hoffnungslosigkeit gibt es nicht. Hoffnungslosigkeit ist ein Vulkanausbruch.

Der Kapitalismus nutzt immer den Funken Hoffnung aus. Irgendein ausgebeuteter Trottel kann immer davon überzeugt werden, daß er morgen selbst zu denen da oben gehören wird. In der Präsidentenloge. Oder zumindest zu denen da unten, im Zuschauerraum, im exklusiv handverlesenen Jubelperser-Publikum, während oben auf der Bühne die Tribute für die Hungerspiele Revue passieren. Es ist deshalb so einfach, die Hoffnung auszunutzen, weil Menschen mit Wahrscheinlichkeiten sehr schlecht umgehen können. Oder mit Systemtheorie.
Klar gibt es überall Überflutungen oder Dürren oder Kriege oder Hunger. Aber doch nicht bei mir. Klar gibt es Leute, die bei 44°C auf der Straße überleben müssen. Aber doch nicht ich. Menschen sterben. Ja, aber ich doch nicht. Da wird doch irgendwer bestimmt was erfinden.

Das ist der Grund – oder zumindest ein Grund – warum es tatsächlich Leute gibt, die sich nach ihrem Tod den Kopf abschneiden lassen, damit der in flüssigem Stickstoff eingefroren noch ein Jahrhundert aufbewahrt werden kann.
Wie bescheuert kann man eigentlich sein und darf trotzdem offensichtlich zu viel Geld haben? Ich meine, hat mal jemand Lauch eingefroren und das Zeug dann in der Küche wieder aufgetaut? Eben.
Aber angenommen, in 100 Jahren findet tatsächlich jemand eine Möglichkeit, gefriergetrocknete Gehirne wieder in lebende Menschen zu verwandeln. Warum stellen sich diese Typen niemals die naheliegende Frage?
Sie lautet: Warum sollte ein verdammtes Genie im Jahre 2123 ausgerechnet deinen Kopf wieder lebendig machen wollen?
Immerhin hat der ehemalige Eigentümer seine Dummheit klar zur Schau gestellt, sonst hätte er seine Rübe nicht tiefkühlen lassen. Und wie hoch wird dann eigentlich die verdammte Stromrechnung sein?
Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Auftau-Hirn aus dem frühen 21. Jahrhundert einen Bergbau-Robot steuern wird, der Sklavenarbeit im Asteroidengürtel leisten muß, ist sehr viel höher als die Wahrscheinlichkeit der eigentlichen Wiederbelebung. Aber das hält Leute mit gern ererbtem Vermögen nicht davon ab, Futurama für eine Dokumentation zu halten.

Leute, die an so eine Welt glauben, hielten soeben wieder eine Klimakonferenz ab. Die Ölindustrie hat diesmal auf das scharenweise Entsenden von Lobbyisten verzichtet. Die waren ohnehin alle schon da, denn die Konferenz fand in Dubai statt. Die frei gewordenen Plätze wurden dann von der Fleischindustrie gebucht, die massiv aufgetischt hat, um alle Welt davon zu überzeugen, daß unsere industrielle Fleischproduktion ein Weg in eine ökologisch nachhaltige Zukunft ist.
Der König von England ist nach Dubai geflogen, denn er hielt dort die Eröffnungsrede, die betont, wie unfassbar wichtig es ist, den Planeten zu retten und wie knapp die Zeit dafür. Verdammt! Warum hat uns das vorher niemand gesagt? Wenn doch der König von England bloß jemanden kennen würde, der da was unternehmen könnte!
Einen Tag vorher eingetroffen war der ebenfalls schwerreiche Milliardär Rishni Sunak, der Premierminister Brexitanniens. Was er da wollte, weiß ich nicht, ist aber auch irrelevant. Die britische Regierung weiß schon seit Jahren direkt nach dem täglichen Brunch im Puff nicht mehr, was sie eigentlich beim Aufstehen wollte. Vermutlich wollte er weitere Öl-Konzessionen an die Dubais verkaufen. Oder die Saudis.
Sowohl der König als auch der Premier sind im Privatjet angereist. Also, jeder in seinem eigenen, ist klar. Die anderen 80.000 Lobbykraten sind in der Business Premium Class in den Wüstenstaat geflogen, nehme ich an. Danach dann Lobbyisten-Plausch in angenehm klimatisierten Wandelhallen, errichtet auf den Gebeinen von ein paar tausend fernöstlicher Sklavenarbeiter. Aber das Panda-Steak ist bio.

Ein urgenialer Vorschlag ist auch die Verdreifachung der Nuklear-Kapazität in der Energieerzeugung weltweit bis 2050.
Warum habe ich nur das Gefühl, dass dabei sehr viele Bauruinen entstehen werden, die pro Stück 20 Milliarden Euro kosten, weiter strahlenden Müll produzieren, aus jeder Menge leckerem Beton bestehen und die allesamt auf Uran angewiesen sind, das es schon aktuell am Weltmarkt nicht mehr gibt?
Ich weiß es auch nicht, warum dieses Gefühl der Verarschung in mir aufkommt, aber so ist es eben. Eventuell liegt es daran, daß Nuklearenergie aktuell etwa 10 Prozent des weltweiten Energiemixes ausmacht und eine Verdreifachung somit noch immer nur 30 Prozent globaler Energie erbrächte. Bei nicht weiter steigendem Bedarf, versteht sich. Davon abgesehen müsste man uralte Reaktoren natürlich austauschen, statt sie immer ewig weiter zu verlängern.
Irgendwie kann ich mich auch des Verdachts nicht erwehren, daß mit der Begründung »Wir bauen doch AKWe« bestimmte Personenkreise vernünftige Energieprojekte wie Windparks und Solarfarmen dann nicht bauen werden. Geht dann ja auch nicht mehr, weil jemand anders die Subventionskassen leersaugt. Diese Dinge wären schneller zu errichten, sehr viel kostengünstiger und könnten sogar in Europa vor Ort gebaut werden. Und dezentral verwaltet. Wie es bei regenerativen Energien auch mal gedacht war.
Bevor dann drei Bundesregierungen in Folge die deutsche Solarwirtschaft ruinierten, die Windkraft sabotierten und die fossilen Energiekonzerne mit üppigen Subventionen in den Markt haben grätschen lassen, damit diese mit der windigen Begründung »Das kostet Milliarden und das können nur wir!« diese Sache mit dem dezentral auch kaputtmachen konnten. Ach ja, „Entschädigungen” für den völlig unerwarteten und viel zu frühen Kohleausstieg gab es auch noch.
Darum gibt es Windparks in der Nordsee, die ohne Stromanschluß ans Land geplant werden, die der Betreiber aber trotzdem abrechnen darf, als würden sie Strom produzieren, denn rein theoretisch könnten sie das ja. Falls jemand nach Gründen für gestiegene Strompreise sucht, würde ich mal ein paar Leute in Berliner Büros fragen.
Aber natürlich können wir AKWe heute kleiner machen. Dann produzieren wir die Teile in der Fabrik vor und bauen das Ding dann statt dem Spielplatz um die Ecke auf, mitten im Wohngebiet. Wer braucht Sicherheitsabstände? So’n Gebäude wirft ja keinen Schatten auf den gutbürgerlichen Balkon, das ist keine Teufelstechnik wie diese Windräder.

Dieses Konzept nennt sich “Small Modular Reactor”. Was? Ach so, Nein.
Das war der Name in den 1950ern, als diese neuartige Technik aufkam, die heute von den Nuklear-Fantasten propagiert wird. Damals™, als Autokonzerne ernsthaft behaupteten, sie würden nächstes Jahr endlich dieses atomar angetriebene Auto auf den Markt bringen, daß einen Doc Brown 30 Jahre später so richtig neidisch gemacht hätte. Nur ist daraus aus unerfindlichen Gründen nie etwas geworden. Außerdem wäre dann der Film nie gedreht worden.
Aber das war in diesem Gestern, das unser enormer Fortschritt natürlich längst hinter sich gelassen hat beim Fortschreiten. Heute haben wir hier – Trommelwirbel! – “Advanced Small Modular Reactors”.
Die sind natürlich viel besser und gehorchen anderen Naturgesetzen, sie sind ja schließlich “advanced”. Daher brauchen die Reaktorkerne weniger oder keine Kühlung, weil…wir sie mit Konzepten kühlen, die wir alle schon ausprobiert haben vor 50 oder 40 Jahren und die sich alle als unbezahlbar, technologisch irre riskant oder noch gefährlicher als Wasserkühlung erwiesen haben.

Es ist aktuell schwieriger, alle Genehmigungen für zwei Solarpaneele am eigenen Balkon zu bekommen, als ein neues AKWe zu versichern. Das hat nämlich gar keine Versicherung, weil keine Gesellschaft so blöde ist, dieses Risiko zu übernehmen. Im Gegensatz zum gemeinen SUV-Fahrer, der tatsächlich eine Haftpflichtversicherung für sein Fahrzeug benötigt, die er selbst bezahlen muß, bekommt ein nuklearer Neubau automatisch Bürgschaften vom Staat. Also ist zumindest eine Gesellschaft blöde genug, das Risiko zu übernehmen. Auf die Regierenden und die Polit-Kaste im Allgemeinen ist eben Verlaß. Wirklich gefragt hat man die Gesellschaft allerdings nie, soweit ich das weiß.
Tatsächlich sind auch die “Advanced” Reactors so konkurrenzfähig, daß sie keiner mehr bauen möchte, einfach weil Wind und Solar günstiger sind. Dabei haben wir das Treibstoffproblem noch gar nicht angeschnitten.
Irgendwie würde ich als Einhorn-Diktator Deutschlands lieber 20 Milliarden in die Hand nehmen und damit die Forschung an Speichersystemen finanzieren wollen. Das erscheint mir vernünftiger.

Die 20 Milliarden sind auch kein Problem. Die finden wir sogar jährlich, wenn es sein muß. 43 Milliarden gehen als direkte oder indirekte Subventionen an die Fossil-Konzerne. Die jährliche Steuerhinterziehung auf Konzernebene wird in Deutschland auf etwa 100 Milliarden geschätzt. Da kommt so ein abgehalfterter Wurstfabrikant mit angeschlossenem Fußballverein aus Deutschlands Süden nicht annähernd ran. Echt fette Steuerhinterziehung muß man sich eben leisten können. Alleine mit diesen beiden Punkten hätten wir die virtuellen Fehlbeträge im aktuellen Etat simpel gedeckt und noch Geld übrig, sogar nach meinen jährlichen Beträgen für die Speichersysteme.

Hat eigentlich noch jemand so gelacht wie ich, als ausgerechnet die CDU, diese Partei der schwarzen Kassen und der jüdischen Vermächtnisse, die größte Nachfolgeorganisation der NSDAP und der SED auf deutschem Boden, die aktuelle Regierung verklagt hat wegen illegaler Umwidmung von Haushaltsposten?
Gut, wenn sich wer mit illegalen Haushalten auskennt, sind es sicherlich die Unionsparteien. Gelacht habe ich trotzdem.
Derselbe Friedrich Merz, der damit erfolgreich den gesamten Bundeshaushalt torpediert hat, war sich dann nicht zu schade, beim grünen Wirtschaftsminister um Geld zu betteln – aus dem Fonds, den es jetzt nicht mehr geben darf und den es mit einer CDU-Regierung gar nicht erst gegeben hätte.

Natürlich kam von den gelben Lichtern in der Berliner Ampel auch sofort ein super Vorschlag, wie man die nicht existenten 60 Milliarden denn wieder einsparen könne: der Sozialstaat ist zu teuer. Kann ja nicht sein, daß ALG-II-Bezieher 12% Erhöhung ihrer Bezüge kriegen.
Ein kurzer Griff in die Geschichte: als Herr Hartz 2002 sein Konzept zur Schredderung des Sozialstaats dem neoliberalistischem U-Boot G. Schröder vorlegte, kamen etwa 500€ pro Monat als persönlicher Satz raus.
Das war den Arschlöchern Clement, Müntefering und Schröder aber zu teuer, woraufhin Peter Hartz Anweisung erhielt, sich an der damaligen Sozialhilfe zu orientieren und nicht am durchschnittlichen Arbeitslosengeld I, wie er das getan hatte.
Die „Erhöhung” von Hartz 4.5 zum Januar 2024 bedeutet also, daß dieser Sozialsatz 20 Jahre nach seiner Einführung etwa die Höhe erreicht, die schon 2004 angemessen gewesen wäre. Eventuell sollte man das als Wähler bei der nächsten Diätenerhöhung im Bundestag mal kurz überdenken.
Irgendwie ist mir auch das Plädoyer der FDP/CxU/spd entgangen, das da lautet: »Erhöht die Löhne und Gehälter im Land.«
Denn damit hätten Menschen mit Arbeit klar mehr Geld als solche ohne. Hatten sie übrigens immer, ganz nebenbei. Jeder Politiker, der in Zukunft nochmal was von „Schlaraffenland” erzählt, würde in meiner Einhorn-Diktatur einfach sein Mandat verlieren und die nächsten zehn Jahre ins Schlaraffenland Bürgergeld verbannt. Stellt euch mal Christian Lindner im Sozialkaufhaus der Caritas beim Staubwischen vor. Bei einer nützlichen Tätigkeit!
Aktuell gehen die Propagandisten der CxU gerne mit einer Umfrage hausieren, die besagen soll, daß viele Angestellte kündigen wollen, um lieber Bürgergeld zu beziehen. Das ist natürlich erstunken und erlogen und lediglich dem erbärmlichen Menschenbild unserer parlamentarischen Großverdiener geschuldet.
Um hier mal Wolfgang Kubicki zu zitieren: Es geht euch einen Scheißdreck an, was ich noch nebenbei verdiene!
Sagen Sie das mal dem Finanzamt als Privatmensch. Oder googlen Sie mal den Satz. Sie werden jede Menge Tips bekommen, wie Sie nebenbei Geld verdienen können. Jobs zum Stundensatz von Kubicki sind aber nicht dabei.

Korrekt in Sachen Umfrage ist, daß die zitierte Aussage vor allem den Niedriglohnsektor betrifft.
Der Mindestlohn soll aber zum Januar nur um 41 Cent pro Stunde steigen, so hat es die allmächtige Kommission unter Zustimmung der Opposition beschlossen. Als es daraufhin Kritik gab, murmelte Oppositionsführer Merz, man müsse die Entscheidung einer unabhängigen Kommission einfach mal akzeptieren. Es sei denn natürlich, diese beschäftigt sich mit dem seit 20 Jahren künstlich runtergerechneten Existenzminimum, also Bürgergeld/Olaf I.
Hätte man den Mindestlohn mit Verweis auf die nicht unerhebliche Inflationsrate auch einfach um zwölf Prozent erhöht, somit also auf €13,44/h, wäre diese Geisterdebatte nicht schon wieder vom Zaun gebrochen worden.
Witzigerweise kommt meine Berechnung recht nah an die Forderung des CDA heran. Das ist der – man mag es kaum glauben – Teil der CDU, der seine letzten Hirnzellen noch nicht im politischen Bierzelt versoffen hat.
Und hatte ich schon erwähnt, daß irgendwie keines der Arschlöcher im Parlament, die ständig auf die Nichts-Habenden einprügeln, jemals dafür plädiert hat, die Löhne und Gehälter deutlich anzuheben, um das angebliche „Lohnabstandsgebot” wieder einzuhalten? Dann habe ich das jetzt.
Auch der Herr Arbeitgeberpräsident im verlinkten Artikel kritisiert ausdrücklich die Erhöhung des Bürgergelds, nicht etwa die erbärmliche Mindestlohn-Anpassung. In England steigt der Mindestlohn übrigens zum 01.01.24 um 10 Prozent. In England. Diesem Inselstaat vor den Kontinentalküsten, der bis neulich noch von einem Meerschweinchen auf Crack regiert worden ist.
Es sei darauf hingewiesen, daß das Lohnabstandsgebot auch nur eine Phrase ist, die sich menschenhassende Konservative vor Jahren aus dem Allerwertesten gezogen haben, damit sie weiter Arbeitslose rhetorisch diskriminieren können.
Ansonsten könnte man auch mal über den Lohnabstand zwischen Firmenvorständen und Angestellten diskutieren. Ich fahre morgen wieder Bahn und soweit ich weiß, kriegen weder mein Schaffner noch mein Lokführer 400K extra allein im Dezember, weil sie so super Arbeit geleistet haben. Der Bahnvorstand schon. Gerne auch pro Nase.
Seltsamerweise habe ich aber auch hier nicht in Erinnerung, daß dieser Aspekt von der CxU, der „FDP” oder der ehemaligen spd mal erwähnt worden wäre in den letzten 25 oder 30 Jahren.
Wer hat in diesen Jahren eigentlich den Kanzler gestellt? Eventuell sollte man das als Wähler vor der nächsten Wahl zum Bundestag mal kurz überdenken.

Bild: Oppositionsführer F. Merz bei besinnlicher Weihnachtsmeditation
Hier ist der grundsympathische Mann vertieft in das Kochbuch zum Weihnachtsessen in seiner Sauerländer Wahlkreis-Kneipe.

Der heute in Wirtschaft und Politik vorherrschende Rückzug auf zutiefst dogmatische Positionen, einer zunehmenden kognitiven Dissonanz zwischen der echten Realität und den eigenen gefühlten Wahnvorstellungen über die Struktur dieser Realität geschuldet, ist keine Zukunftsgestaltung.
Es ist Irrsinn. Es ist religiöser Fanatismus mit Inquisition. Leute, die beim Wort Staatsschulden sofort aufschreien und schmerzgepeinigt vor den Medien etwas davon erzählen, daß man an die Zukunft der Kinder denken müsse, haben keinerlei Probleme damit, eben diese Kinder als Terroristen zu diffamieren und in den Knast zu sperren, weil die sich womöglich auf einer Straße festgeklebt haben.
Wenn irgendwelche SUV-Dosenschubser etwas von ihrem Grundrecht auf ungehindertes Autofahren faseln, warum ist der Verkehrsminister dann eigentlich kein Terror-Anführer? Denn das Konzept, Deutschland von Nord nach Süd und Ost nach West in eine einzige, 800-spurige Autobahn zu verwandeln, scheint ja nun seit 50 Jahren diese ungehinderte Beweglichkeit eher zu behindern als zu befördern.
Überhaupt sehe ich immer dümmere Autofahrer in offiziell immer intelligenten Autos umherkutschieren, die immer fetter werden. Sowohl die Fahrer als auch die Autos. Aber am Ende ist dann die Parkbox zu klein und nicht etwa die Karre zu fett.
Würde eine landesweite Supermarktkette eingangsnahe Parkplätze für Lastenfahrräder umwidmen, wäre Deutschland einer Revolution so nahe wie seit 200 Jahren nicht mehr. Rauchsäulen würden aufsteigen über dem Land, wenn sich empörte Pick-Up-Benutzer an den Ladenkassen in die Luft sprengten, um gegen diesen Eingriff in ihre eingebildete persönliche Freiheit, sich wie das letzte Arschloch zu verhalten, zu protestieren. Falls sie den weiten Weg bis dahin schaffen natürlich, wenn sie zwanzig Meter weiter weg parken müssen.

Gestehen wir es uns ein: wir werden von Irren regiert, die von Bekloppten gewählt werden. Demokratie als Konzept ist zwar eine nette Idee, hat aber gegen den radikalen Marktkapitalismus und seine Propaganda keine Chance. Überhaupt ist es ein weiterer Mythos, daß Kapitalismus ein Partner der Demokratie ist. Die Wahrheit ist, daß Kapitalismus die Demokratie haßt. Sie ist ihm hinderlich. Kapitalismus ohne Regularien und der sogenannte Freie Markt™ sind wie ein Besoffener im eigenen Wohnzimmer, der in die Topfpflanze kackt, um sich dann lauthals drüber zu beschweren, daß es stinkt. Und wenn dann einer saubermacht, gibt einem der Penner noch Tips zur Pflanzenpflege.
Leute faseln in offiziellen Gremien ernsthaft etwas von „Ökodiktatur”, wenn es um ein Tempolimit geht, und niemand ruft den Arzt. Stattdessen gibt es Applaus von Leuten, die Naturgesetze ernsthaft für eine demokratische Veranstaltung halten.
Am Ende werden einige von ihnen womöglich Premierminister und erzählen was von 1,5°C-Zielen. Wenn sich die verdammte Realität nicht an dieses politisch verordnete Ziel hält, ist weder die Politik schuld noch die Wirtschaft, die der Politik vorgibt, was sie zu tun hat.
Nein, es muß Schuld der Realität sein. Irgendwer findet sich da schon, den man für sein eigenes Totalversagen verantwortlich machen kann, ob jetzt im Parlament oder an der Wahlurne. Hauptsache, man selbst ist es wieder einmal nicht gewesen.

In meiner Ökodiktatur würde ich nicht mich an einer Straße festkleben, sondern die SUV. Der durchschnittliche Berliner Autofahrer würde nicht einmal einen Unterschied bemerken, vermute ich.
Ich würde den globalen Flugverkehr nicht mit „grünem Kerosin” krampfhaft aufrechterhalten wollen, sondern ihn schlicht verbieten. Bis auf das eine Prozent, das für superwichtige Dinge tatsächlich notwendig ist.
Dasselbe gilt für blauen, grünen, orangenen oder von mir aus auch gestreiften Wasserstoff, der von der Chemie- und Stahlindustrie immer wieder als Wundertechnologie angepriesen wird. Da muß der Staat jetzt aber massiv investieren! Nein, muß er nicht. Das könnten einfach mal die Industrien tun, die mit dieser Geistertechnik schlicht weiter business as usual betreiben wollen. Schließlich wollen sie hinterher auch die Profite weiter einsacken, die sie auch bisher mit der Vergiftung des Planeten eingesackt haben. Freier Markt™ und so.

Falls sich Kalle aus Wanne-Eickel dann aufregt, weil er mit dem Boot nicht nach Malle kommt, würde ich politisch dasselbe machen wie alle anderen Parteien seit Jahrzehnten: ich scheiß’ auf Kalle und der wählt mich dafür gleich nochmal. Bei CxU und spd funktioniert das schließlich auch.
Soll der Penner halt Urlaub am Baldeney-See machen. Überhaupt: Urlaub?
Der Jahresurlaub für alle, die nicht mindestens 100.000€ pro Monat nach Hause schaufeln, wird komplett abgeschafft. Schließlich wird demnächst wieder alles teurer, wenn das Rote Meer für den so superwichtigen Welthandel gesperrt wird.
Irgendwer muß den Konsum schließlich aufrechterhalten, was will Kalle da mit Urlaub? Überstunden schieben soll er! Zum Mindestlohn am besten. Denn wenn der Konsum nicht stimmt, könnten diejenigen, die mindestens 100.000€ pro Monat nach Hause schaufeln, womöglich nur noch 97.326€ haben und wovon sollen die dann leben?
Falls irgendwer glaubt, das habe ich mir ausgedacht: exakt das ist das Parteiprogramm der CxU, der spd oder der “FDP” in Kurzform. Seit Jahrzehnten. Gerade jetzt sollte man darüber nachdenken, bei nächster Gelegenheit einen Grünen ins Kanzleramt zu wählen. Die deutsche Rüstungsindustrie muß auf Vordermann gebracht werden und keine Partei ist besser dafür geeignet als die ehemals Friedensbewegten.

Falls Kalle sich dann weiter aufregt, kommt er einfach präventiv mal in Haft und außerdem hören wir sein Smartphone ab und seinen Computer auch. „Die ganze Härte des Rechtsstaats” und so. Das ist doch bei solchen Leuten immer sehr beliebt und sollte der Kassandra-Partei weitere Stimmen einbringen.
Der Witz ist, daß all diese Dinge ohnehin passieren werden. Ob die Politik das aktiv betreibt oder nicht. Denn wenn es darum geht, auf die Physik oder Politik zu setzen, weiß ich auf jeden Fall, wer dieses Spiel gewinnen wird.
Nächstes Jahr wird jedenfalls erstmal Präsident Snow wieder ins Weiße Haus gewählt, was eine frische Runde im “War on Reality” bedeuten dürfte. Auf die dummen Gesichter meiner europäischen Politik-Helden freue ich mich schon jetzt. In diesem Sinne erhebe ich geistig den Glühwein und wünsche allerseits fucking Fröhliche Weihnachten.


Das Beitragsbild zeigt Obdachlose in ihren Behelfs-Zelten in London. Es stammt aus dieser Quelle
Photograph: Andy Rain/EPA

Das alte Leben ist vorbei

„Da gibt es Jahrzehnte, in denen
nichts passiert.
Und dann gibt es Wochen, in denen geschehen Jahrzehnte.”
nicht von Lenin

Die ganzen Spinner hatten recht. Die Klimadaten des IPCC, erneut vorgelegt in diesem Monat in ihrem insgesamt sechsten Bericht, werden tatsächlich manipuliert. Dummerweise haben die Spinner mit ihrer Behauptung unrecht, daß hier wieder einmal nur „Klimahysterie” geschürt werden soll.
Hysterisch sind nur die ganzen antiwissenschaftlichen Grundschulverweigerer, die noch immer nicht an schlichte physikalische Fakten glauben wollen. Also Armin Laschet etwa, dieser Vorgartenzwerg mit Gottkomplex, der allen Ernstes Kanzler werden möchte im nächsten Monat.
Die IPCC-Berichte der letzten Jahrzehnte leiden unter exakt dem Manko, das ich ihnen schon längere Zeit unterstellte: Sie sind zu verharmlosend.
Zu sehr gemittelt. Zu versöhnlich formuliert. Auch aus den daran beteiligten Wissenschaften waren in den letzten Jahren ähnliche Kritikpunkte zu vernehmen. Im Rahmen einer „präsentablen Lösung” werde die Gesamtlage aufgehübscht dargestellt, so hieß es. In diesem Zusammenhang muß man sich die Frage stellen, inwiefern die zögerliche Berichterstattung hier zu den aktuellen Umständen beigetragen hat.

In den letzten Wochen ist die Westküste Nordamerikas bei 50°C gut durchgebraten worden. Steak American statt Englisch.
Das war, bevor die ganze Hütte wieder in Flammen aufging. In Kalifornien ist das “Dixie Fire” derzeit das drittgrößte zweitgrößte Feuer, das der Bundesstaat jemals gesehen hat. Es brennt schon einen Monat.
In der Türkei fackeln die Urlaubsgebiete ab, das ist für den Deutschen natürlich immer besonders schrecklich. Man stelle sich vor, der Deutsche kann bei gemütlichen 46°C nicht mehr in Griechenland Urlaub machen. Da brennt gerade die Insel Euböa weg, nachdem man Athen nur knapp hat retten können. Der griechische Premier ließ sich zu dem Satz hinreißen, daß es »offensichtlich ist, daß der Klimawandel an die Tür des Planeten klopft.«
Das ist natürlich Unsinn. Kann sich noch jemand an den Finanzwandel von 2008 erinnern? Eben.
Die Klimakrise, oder genauer, die Klimazerstörung, die als solche verkauft wird, klopft an keine Tür. Sie kann jederzeit reinkommen und im Flur den Hutständer bewundern, denn der Planet gehört ihr.

Die Frage, die den deutschen Terrouristen umtreibt: Bei welchem Reiseunternehmen sollte man sich über solche Umstände beklagen, wenn man wieder zu Hause ist?  Denn da ist es ja bekanntlich am Schönsten.
Zuhause kriegen dann 30 Millionen Deutsche sofort Schaum vor dem Mund, wenn jemand nüchtern darauf hinweist, daß es kein geschütztes Grundrecht gibt auf Wurst für den Weber-Grill, die 99 Cent pro Kilo kostet. Oder einen Flug nach Malle für 19fuffzich bis in alle Ewigkeit, Amen.
Auch das nicht alle anderen sich zwingend ebenso verhalten müssen, sorgt beim deutschen Homo Grillator dann oft für Unmut. Fast wünschte er sich dann vermutlich, er wäre in Griechenland geblieben. Da hätte man sich zum Grillen nur an den Waldrand stellen müssen.
Daß es nicht zwingend sinnvoll ist, tonnenweise Hormonfleisch in Turboställen zu züchten oder auf ehemaligem Regenwaldboden, scheint sich noch nicht überall rumgesprochen zu haben. Auch das Beregnen solcherlei Getiers mit den letzten Antibiotika, die noch etwas gegen MRSA bringen, ist streng wissenschaftlich betrachtet nichts weiter als ein Terroranschlag. Die Bombe explodiert nur eben langsam und die Politik hat sie selber gelegt.
Rinder und Schweine wie Maschinenteile zu produzieren, um sie dann just-in-time zu wässrigem Tönnies-Hack zu verarbeiten, ist vermutlich die etwa zweitdümmste Idee seit der Erfindung des Verbrennungsmotors.
Auch wenn das noch immer unbesteuerte Kerosin womöglich teurer werden soll, ist man gerne mit Empörung dabei. Dabei ist es doch zu Hause am Schönsten, warum also wollen alle ständig irgendwohin fliegen?
Neulich hörte ich jemanden neben mir allen Ernstes sagen: „Ich muß raus, ich war ein Jahr nicht im Urlaub.”
Wohin ist „raus”, wenn man die eigene Engstirnigkeit immer mitnimmt? Sich selbst kann man nicht entkommen und in der Bettenburg in Marbella guckt dich dasselbe blöde Schafsgesicht aus dem Spiegel an wie zu Hause auch. Fahrt doch einfach nach Rügen, ihr Idioten. Mit dem Zug.

Einwürfe der Sorte, das müsse alles so sein – und vor allem bleiben –  da sich sonst der arme Mindestlöhner kein Fleisch mehr leisten kann, kommen immer von den Parteien, die exakt dafür gesorgt haben, daß es Mindestlohn überhaupt gibt und auch dafür, daß er für nichts Vernünftiges reicht.
Es ist wahrlich herzergreifend, wie sich in den letzten Wochen exakt die ganzen Menschenverächter der FDP und der CxU schützend vor die angeblich „sozial Schwachen” stellten, die fünfzehn Monate dafür brauchten, eben diesen Menschen mal ein paar FFP2-Masken zu bezahlen, die man sich vom Hartz-IV-Satz vielleicht nicht wirklich leisten kann.
Ich rate jedem, einmal die Augen zu schließen, wenn Armin Laschet seine nächste sozial kaschierte Rede hält. Ganz besonders, falls sie schulpflichtige Kinder haben. Wenn sie genau hinhören, können sie dann die Luftfilter im Düsseldorfer Landtag summen hören. Continue reading →

Der Rauch eines großen Brandes

”I can calculate the motion of heavenly bodies but not the madness of people.”
Isaac Newton

Das Rauschen der Autos klingt wieder wie Meeresbrandung auf Asphalt. Über den Schrebergärten hängt Rauch wie über der Innenstadt Londons im Jahre 1666. Oder über Rom, als Nero so schön die Laute gespielt haben soll. Ein warmer Tag. Wenn der Wetterbericht recht hat, der letzte warme Tag für eine Woche, weil es morgen um 15 Grad kühler sein soll. Deutschland nach Corona.
Wahrscheinlich demonstrieren irgendwo auch gerade einige durchgeknallte Aluhüte gegen den Wetterbericht. Wobei man klarstellen muß, daß es sich bei den Demonstrationen in Stuttgart oder Berlin und anderswo nicht um rechte Veranstaltungen handelt. Es handelt sich um eine Allianz des Schwachsinns.
Sehr viele der Menschen, die da demonstrieren, fabulieren etwas von einer Impfpflicht. Nicht etwa, weil sie sich davor fürchten. Sondern deshalb, weil in ihrem Weltbild Impfungen eine wirkungslose Vergiftungsstrategie der Pharmamafia sind. Da gibt es Leute, die eher an Echsenmenschen im Inneren der Hohlerde glauben – die natürlich flach ist – als daran, daß Viren existieren. Sätze wie „Ich glaube nicht an Corona!” sind ein klares Zeichen für völlige Hirnfreiheit und würden die entsprechende Person im Normalfall augenblicklich auf die aussichtsreichen Plätze zum Sieg beim Darwin Award katapultieren.

Aber die ganzen Protestler vereinen einige Punkte. Sie betrachten sich als nicht von Ausbruch des Coronavirus SARS-CoV-2 betroffen, warum auch immer. Sie haben nach diversen Wochen angeblichem “Lockdown” massiven Budenkoller und wollen wieder raus. Übrigens etwas, das in keiner Gegend Deutschlands verboten war in den letzten Wochen. Außer in Berlin, und wer in Berlin raus will, leckt auch den Asphalt auf dem Ku’damm ab als Mutprobe.
Die Protestierenden würden auch gegen schlechtes Wetter demonstrieren, wäre das nicht offensichtlich nutzlos. Denn das Wetter interessiert sich dafür nicht. Das Coronavirus allerdings auch nicht. Ein weiterer Punkt ist also, daß die Demonstranten des Irrsinns sich ganz offensichtlich nicht als Teil der Gesellschaft begreifen, in der sie leben. Für sie hat die Welt so zu sein, wie sie das wollen. Was etwas schwierig ist, da die Welt in Wahrheit nicht von Echsenmenschen aus dem All beherrscht wird, Mondnazis nicht existieren und Bill Gates auch nicht vor hat, die Weltbevölkerung durch Impfungen zu vergiften.
Wenn Bill Gates die Weltbevölkerung reduzieren wollte oder sich zum Diktator ernennen lassen, würde er Windows abschalten und damit 80 Prozent der IT-Infrastruktur des Planeten. Twitter, Facebook, Amazon und Instagram würden ausfallen und die Intelligenzresistenten auf den Demos wären völlig aufgeschmissen, da sie dann ihr von Wahnvorstellungen geprägtes Weltbild nicht mehr von anderen Realitätsresistenten als die Wahrheit™ bestätigen lassen könnten.

Ich vermute stark, daß einige der Demonstranten gegen die Realität in einigen Wochen feststellen werden, daß das Coronavirus sehr wohl existiert, und zwar am eigenen Leib. Ich hoffe auch, daß alles dafür zuständige Personal so vernünftig sein wird, diese Leute dann im Krankenhaus in den Heizungskeller zu schieben und sie nicht auf Intensivstationen wertvollen Platz verschwenden zu lassen. Wie man sieht, wäre meine ärtzliche Ethik hier starken Belastungen ausgesetzt.
Besonders amüsant waren die Rufe „Nazis raus” auf einer Demonstration, die von den umgebenden, für Respekt, Meinungsfreiheit und Toleranz werbenden Grundgesetzverteidigern sofort niedergebrüllt und mit Todesdrohungen bedacht wurden. So sieht das Gesicht autoritären Respekts aus. Wer auf derartige Idioten Bock hat, sollte Wolfgang Kubicki um ein Autogramm bitten.
Auch hier zeigt sich ein verbindendes Element der Protestierer: Rationale Denkarbeit ist nicht so ihre Sache. Man distanziert sich nicht auf einer Demo, die größtenteils von antigesellschaftlichen Nazi-Wahnwichteln organisiert und besucht wird, von Nazis. Ich gehe auch nicht zum Reichsparteitag, um dort Flugblätter der Weißen Rose zu verteilen. Continue reading →

Vernetzlich

„Er wußte nicht, daß das beharrliche Geräusch eine Reihe hinter ihm das Ende von allem bedeutete: Es würde keine Fortsetzung mehr geben, sehr bald würde es überhaupt keine Filme mehr geben. In der Reihe hinter Larry hustete ein Mann.”
Stephen King, The Stand

In Drogeriemärkten sind Hygieneprodukte ausverkauft, Nachschub ist laut Aussage des Personals nicht zu erwarten. Kein Wunder. Ein nicht unerheblicher Teil irgendwelcher feuchten Tücher wird vermutlich in China hergestellt. Marktradikale FDP-Wähler, deren Empathie und Liberalismus anderen sonst die freie Wahl überlassen möchte, ob sie von Hartz IV jetzt essen oder heizen wollen, oder die Wahl, welche Alters- und Gesundheitsvorsorge sie sich genau nicht leisten können, stehen weinend vor diesen leeren Regalen und beschweren sich über die Kräfte des Marktes, die immer alles optimal verteilen.
Es sei denn, man kommt erst abends um 20:00 in die Drogerie, weil man vorher noch ein paar Leben in Drittweltländern mit Aktienschiebereien nachhaltig versauen mußte.
Auch über den völlig frei nach Angebot und Nachfrage gestalteten Preis einer Flasche Sterilium – ein gängiges Desinfektionsmittel in Praxen und Krankenhäusern – erheben sich bittere Beschwerden.
Als wären 99 Euro nicht etwa ein Schnäppchen für Leute, die sonst beim Essen gehen alleine für die erste Flasche Wein das Doppelte berappen. Kluge Menschen lachen solche Volldeppen aus. Kluge Menschen kaufen destillierten Alkohol in Flaschen. Stroh-Rum hat auch 80 Volt, das langt zum Desinfizieren von behüllten Viren allemal. Prost, Gemeinde. Im Zweifel ist er im Gegensatz zu Sterilium sogar trinkbar. Continue reading →

Für Europa reicht’s

Gestern abend war es wieder einmal so weit. Eine große Erschütterung der Macht ich spüre. Wie sie allesamt einfach nichts können, die Altmaiers und Oettingers und von der Leyens auf Planet Europa. Aber je unfähiger, desto weiter fallen sie nach oben. Fachkräftemangel at its worst.
Typen, die halbwegs bewußt denkfähige Menschen keinen Burger am Grill umdrehen lassen würden, bekommen Jobs, in denen sie über das Leben hunderter Millionen Menschen bestimmen. Der angebliche Spitzenkandidat für den Posten des Kommissionspräsidenten, die beleidigte CSU-Weißwurst aus der bayerischen Provinz namens Manfred Weber, ist zumindest mal Mitglied des Europaparlaments. Zensursula von der Leyen hat nicht einmal diesen Punkt auf ihrer Disqualifikationsliste vorzuweisen.

Nach Aussage Herrn Altmaiers genügt es offensichtlich, eine schön formulierte Rede zu halten. Denn der eher gletschermäßig denkbegabte Wirtschaftsminister Deutschlands tönte gestern wunderschön über die Kanäle asozialer Medien, daß die Leyendarstellerin sich mit eben so einer Rede eindeutig für das Amt der Kommissionspräsidentin qualifiziert hätte.
Gut, ich gestehe zu, daß das Wortwerk in drei Sprachen vorgetragen wurde, das ist eine mehr, als ich in so einem Moment hätte benutzen können. Zudem war das Englische sogar durchaus als solches erkennbar, was eine völlig gehirnfreie Zone wie Günther Oettinger vor unlösbare Probleme gestellt hätte.
Trotzdem bin ich mir sicher, daß ich selber eine Rede hätte schreiben können, die um Längen besser und im rein finanziellen Sinne billiger gewesen wäre, als das von Beratern zusammengebaute Wortgeflecht des Ungefähren, das Ursula von der Leyen gestern vor dem Europaparlament als Bewerbungsansprache gehalten hat. Continue reading →

Sic transit gloria Mutti

Das Schlimme an einer Demokratie sind manchmal ja tatsächlich die Wähler.
Der schlichtweg faschistische Präsidentschaftskandidat Bolsonaro, Angehöriger einer eher kleinen Partei Brasiliens, wird neuer Präsident. Sein angehender Superminister für Wirtschaft und Gedöns hat bereits im Vorfeld verkündet, wie sein Reformprogramm für die taumelnde Wirtschaft aussehen wird. In deutschen Medien taucht das Wort „ultraliberal” auf. In Wahrheit verbirgt sich dahinter exakt das, was bereits seit Jahren und Jahrzehnten als offizieller ökonomischer Kurs aller Industrieländer durch die Weltgeschichte geistert: Wirtschaftsfaschismus. Oder besser, ökonomischer Totalitarismus. Bolsonaro könnte also auch FDP-Bundeskanzler sein und Hundekrawatten tragen, man würde keinen Unterschied bemerken.
Abschaffung von Arbeitnehmerrechten, Frauen zurück an den Herd und in den Kreißsaal – denn dadurch werden viele Arbeitsstellen frei – offene Bewunderung von freundlichen Typen der Menschheitsgeschichte wie Adolf H. aus B. – mit all diesen Dingen möchte das dynamische Duo aus der Hölle das fünftgrößte Land des Planeten wieder dahin zurückführen, wo es schon einmal war. Nämlich ins Südamerika der 70er Jahre, als Militärdiktaturen die eher linksliberalen Demokratien ablösten und danach Menschen folterten, wegsperrten oder einfach gleich umbrachten, weil sie einem radikalwirtschaftlichen Kurs der Alleinherrschaft von Banken, Wirtschaft und Politik irgendwie im Weg standen. Beispielsweise mit Berichterstattungen über Elendsquartiere von Tagelöhnern oder so. Die Wirtschaft störte sich nicht daran, VW do Brasil schrieb geile Gewinne in seine Bilanzen und nutzte die moderne Sklaverei aus, wo es nur ging.

Als Menschen getarnte Lebewesen wie ein Milton Friedman, Nobelpreisträger der Wirtschaftswissenschaften, flogen gerne als Berater zu den damaligen uniformierten Amtsträgern, um ihnen klarzumachen, daß nur völlige Marktbefreiung zum Erfolg führen würde. Also Befreiung der Konzerne von Steuern und Regularien, ganz besonders. Klassisches Material der sogenannten Chicagoer Schule, deren ökonomisches Denken seit Anfang der 50er Jahre mehr und mehr die Welt beherrscht. Eine menschenverachtende Ideologie, getarnt mit dem Mantel mathematisch korrekter Modelle. Bis zu seinem leider viel zu spät eingetretenen Tod bestritt ein Kerl wie Friedman jeglichen Zusammenhang seiner ökonomischen Tätigkeit mit danach umgesetzten politischen Modellen, die zum Tod hunderttausender Menschen führten, direkt oder indirekt.
Der neu gewählte Präsident Bolsonaro hat bereits angekündigt, wichtige Ämter der Verwaltungsebene mit Militärs besetzen zu wollen. Die Amtszeit dieses Mannes bedeutet eine Rückkehr der Militärdiktatur in allem außer dem Namen. Gestern hat Brasilien aufgehört, eine Demokratie zu sein. Abgewählt wurde sie besonders von denen, die alles zu gewinnen haben, weil sie ohnehin zu den oberen 5 Prozent des Landes gehören, und von denen, die nichts mehr zu verlieren haben, weil sie zu den unteren 20 Prozent gehören.
Das es diese Armen und Armseligen sein werden, die mit ihren sklavenähnlichen Schuftereiverträgen in Zukunft die Gewinne der Oberen Zehntausend ins Obszöne aufblasen werden, hat diese Leute keinesfalls daran gehindert, für ihre eigene Schlachtung auf der angeblich ultraliberalen Bank zu stimmen. Wobei selbstverständlich nicht geschlachtet, sondern ausgeblutet wird, denn das verspricht den höchsten ökonomischen Gewinn. Für die Wirtschaftsideologie der Chicagoer Schule ist nichts so sehr überschätzt wie ein Menschenleben. Vermutlich ist das der Grund, warum sich die Deutsche Bank schon mal über den neuen Mann gefreut hat.

Dieser neue Mann an Brasiliens Spitze paßt wunderbar in das Schema unseres globalisierten ökonomischen Systems. Er ist Ex-Soldat und Militärfanatiker, was Brasiliens Nachbarn freuen dürfte. Er steht auf Rinderzucht, was dazu paßt, daß er aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen möchte. Falls da jemand gerade das Geräusch von Kettensägen gehört hat, war das richtig.
Er hält auch nichts von einem säkularen Staat, sondern behauptet, daß Brasilien christlich an der Bibel ausgerichtet sei, schon immer. Natürlich katholisch-christlich und nur in der Interpretation, daß Frauen und womöglich geschlechtlich eher minderheitlich orientierten Menschen keinerlei Rechte zustehen. Sicherheit will er in seinem Land dadurch gewährleisten, daß er die Waffengesetze lockert. Vermutlich dürfte das aber nur für Menschen gelten, die in Wohngebieten leben, in denen es auch ordentlich was zu klauen gibt. Totalitäre Typen wie Bolsonaro waren schon immer ein Freund der Bewaffnung derjenigen, die den größten Teil der Vermögenswerte besitzen. Falls diese Beschreibung jemanden an den Präsidenten des mächtigen Kollegen im nördlichen Amerika erinnert – stimmt. Die beiden tun sich nichts. Continue reading →