Das alte Leben ist vorbei

„Da gibt es Jahrzehnte, in denen
nichts passiert.
Und dann gibt es Wochen, in denen geschehen Jahrzehnte.”
nicht von Lenin

Die ganzen Spinner hatten recht. Die Klimadaten des IPCC, erneut vorgelegt in diesem Monat in ihrem insgesamt sechsten Bericht, werden tatsächlich manipuliert. Dummerweise haben die Spinner mit ihrer Behauptung unrecht, daß hier wieder einmal nur „Klimahysterie” geschürt werden soll.
Hysterisch sind nur die ganzen antiwissenschaftlichen Grundschulverweigerer, die noch immer nicht an schlichte physikalische Fakten glauben wollen. Also Armin Laschet etwa, dieser Vorgartenzwerg mit Gottkomplex, der allen Ernstes Kanzler werden möchte im nächsten Monat.
Die IPCC-Berichte der letzten Jahrzehnte leiden unter exakt dem Manko, das ich ihnen schon längere Zeit unterstellte: Sie sind zu verharmlosend.
Zu sehr gemittelt. Zu versöhnlich formuliert. Auch aus den daran beteiligten Wissenschaften waren in den letzten Jahren ähnliche Kritikpunkte zu vernehmen. Im Rahmen einer „präsentablen Lösung“ werde die Gesamtlage aufgehübscht dargestellt, so hieß es. In diesem Zusammenhang muß man sich die Frage stellen, inwiefern die zögerliche Berichterstattung hier zu den aktuellen Umständen beigetragen hat.

In den letzten Wochen ist die Westküste Nordamerikas bei 50°C gut durchgebraten worden. Steak American statt Englisch.
Das war, bevor die ganze Hütte wieder in Flammen aufging. In Kalifornien ist das „Dixie Fire“ derzeit das drittgrößte zweitgrößte Feuer, das der Bundesstaat jemals gesehen hat. Es brennt schon einen Monat.
In der Türkei fackeln die Urlaubsgebiete ab, das ist für den Deutschen natürlich immer besonders schrecklich. Man stelle sich vor, der Deutsche kann bei gemütlichen 46°C nicht mehr in Griechenland Urlaub machen. Da brennt gerade die Insel Euböa weg, nachdem man Athen nur knapp hat retten können. Der griechische Premier ließ sich zu dem Satz hinreißen, daß es »offensichtlich ist, daß der Klimawandel an die Tür des Planeten klopft.«
Das ist natürlich Unsinn. Kann sich noch jemand an den Finanzwandel von 2008 erinnern? Eben.
Die Klimakrise, oder genauer, die Klimazerstörung, die als solche verkauft wird, klopft an keine Tür. Sie kann jederzeit reinkommen und im Flur den Hutständer bewundern, denn der Planet gehört ihr.

Die Frage, die den deutschen Terrouristen umtreibt: Bei welchem Reiseunternehmen sollte man sich über solche Umstände beklagen, wenn man wieder zu Hause ist?  Denn da ist es ja bekanntlich am Schönsten.
Zuhause kriegen dann 30 Millionen Deutsche sofort Schaum vor dem Mund, wenn jemand nüchtern darauf hinweist, daß es kein geschütztes Grundrecht gibt auf Wurst für den Weber-Grill, die 99 Cent pro Kilo kostet. Oder einen Flug nach Malle für 19fuffzich bis in alle Ewigkeit, Amen.
Auch das nicht alle anderen sich zwingend ebenso verhalten müssen, sorgt beim deutschen Homo Grillator dann oft für Unmut. Fast wünschte er sich dann vermutlich, er wäre in Griechenland geblieben. Da hätte man sich zum Grillen nur an den Waldrand stellen müssen.
Daß es nicht zwingend sinnvoll ist, tonnenweise Hormonfleisch in Turboställen zu züchten oder auf ehemaligem Regenwaldboden, scheint sich noch nicht überall rumgesprochen zu haben. Auch das Beregnen solcherlei Getiers mit den letzten Antibiotika, die noch etwas gegen MRSA bringen, ist streng wissenschaftlich betrachtet nichts weiter als ein Terroranschlag. Die Bombe explodiert nur eben langsam und die Politik hat sie selber gelegt.
Rinder und Schweine wie Maschinenteile zu produzieren, um sie dann just-in-time zu wässrigem Tönnies-Hack zu verarbeiten, ist vermutlich die etwa zweitdümmste Idee seit der Erfindung des Verbrennungsmotors.
Auch wenn das noch immer unbesteuerte Kerosin womöglich teurer werden soll, ist man gerne mit Empörung dabei. Dabei ist es doch zu Hause am Schönsten, warum also wollen alle ständig irgendwohin fliegen?
Neulich hörte ich jemanden neben mir allen Ernstes sagen: „Ich muß raus, ich war ein Jahr nicht im Urlaub.“
Wohin ist „raus“, wenn man die eigene Engstirnigkeit immer mitnimmt? Sich selbst kann man nicht entkommen und in der Bettenburg in Marbella guckt dich dasselbe blöde Schafsgesicht aus dem Spiegel an wie zu Hause auch. Fahrt doch einfach nach Rügen, ihr Idioten. Mit dem Zug.

Einwürfe der Sorte, das müsse alles so sein – und vor allem bleiben –  da sich sonst der arme Mindestlöhner kein Fleisch mehr leisten kann, kommen immer von den Parteien, die exakt dafür gesorgt haben, daß es Mindestlohn überhaupt gibt und auch dafür, daß er für nichts Vernünftiges reicht.
Es ist wahrlich herzergreifend, wie sich in den letzten Wochen exakt die ganzen Menschenverächter der FDP und der CxU schützend vor die angeblich „sozial Schwachen“ stellten, die fünfzehn Monate dafür brauchten, eben diesen Menschen mal ein paar FFP2-Masken zu bezahlen, die man sich vom Hartz-IV-Satz vielleicht nicht wirklich leisten kann.
Ich rate jedem, einmal die Augen zu schließen, wenn Armin Laschet seine nächste sozial kaschierte Rede hält. Ganz besonders, falls sie schulpflichtige Kinder haben. Wenn sie genau hinhören, können sie dann die Luftfilter im Düsseldorfer Landtag summen hören. Continue reading →

Die unerträgliche Nachhaltigkeit des Seins

– I –

Grillsaison

„There is no such thing as ‚away‘. When we throw anything away it must go somewhere.“
Annie Leonard

Ich habe Wälder immer gemocht. Die schattige, grün-dunkle Kühle eines Waldgebietes, während drumherum alles in glühender Sommerhitze gebacken wird, ist nichts, was man mit irgendeiner Klimaanlage herstellen könnte.
Bäche und Gräben, Insekten auf der Oberfläche eines Sees, das Gewimmel von Spannerraupen auf Brennesseln. Das Rufen der Gänse, die im Herbst über das Haus ziehen und mir so verkünden, daß es jetzt offiziell Winter ist. Die zurückkehren im Frühling, denselben Ruf ausstoßend, der aber diesmal bedeutet, daß auch die Ankunft des Frühlings jetzt beschlossene Sache ist. Das Licht und Wärme so unausweichlich sind wie Dunkelheit und Kälte.
Ich habe all diese Dinge immer gemocht. Ich war immer der Meinung, daß diese Dinge Schönheit tragen aus sich selbst heraus und das diese Schönheit, dieser Wert, auf jeden Fall etwas ist, daß man schützen muß. Das erhaltenswert ist. Menschliche Psychologie ernährt sich auf Dauer nicht gut von Beton und Asphalt. Wer sich zu lange in Gebäuden aufhält, in Umgebungen ohne natürliches Licht oder Pflanzen oder anderen Dingen, entwickelt psychologische Entzugssymptome, eine „Gier nach Grün“.

In diesem Sinne war ich also schon immer ein „Umweltschützer“. Wobei ich ja von diesem Wort heute wenig bis gar nichts halte, denn in ihm ist die typische Trennung zwischen „hier Mensch und da etwas anderes“ enthalten, die zur aktuellen Lage beigetragen hat, in der Mensch sich befindet. Und diese Lage ist, gelinde gesagt, extrem beschissen.
Aber Umwelt ist in. Alles ist heutzutage irgendwie Grün. Selbst in Vorständen von Mineralölkonzernen wird das Wort der Stunde benutzt, das wie kein anderes den Niedergang der ökologischen Bewegung und auch des ökologischen Bewußtseins der Gesellschaft verdeutlicht: Nachhaltigkeit.
Niemand ist heute mehr am Schutz der Ökologie, der biologischen Naturgeflechte, ernsthaft interessiert – ich sage bewußt nicht „Umwelt“ – weil er eine emotionale Reaktion auf natürliche Umgebung hat, wie ich sie als Kind hatte. Heute sind Menschen Umweltschützer, um etwas voranzubringen, das Nachhaltigkeit heißt. Ein seltsames Plastikwort in einer Welt, die sich zunehmend selber in Plastik verwandelt. Was bedeutet es? Continue reading →

We never had Paris

Das kleine pelzige Alien, das auf dem Kopf – und offenbar auch im Kopf – von Donald Trump lebt und die USA regiert, hat es wieder getan: In tiefer Verzweiflung, das die Weltpresse seinen ab-so-lut grrrrrrrrroßartigen Besuch in Europa und beim G7-Gipfel nicht mit dem gebührenden Lob überschüttete und diese lächerlichen Rußland-Vorwürfe endlich mal ruhen ließ, hat das Trumpeltier das Pariser Klimaabkommen gekündigt.
Oder besser, es hat gesagt, es will einen besseren Deal haben. Das wäre dann in Trumps Welt eine Vereinbarung, in der die USA alles kriegen und alle anderen es bezahlen müssen. Und noch dafür dankbar sein, versteht sich.
Seitdem dieser Typ, für mich ja wenig überraschend, die Herrschaft über die bröckelnden Reste des amerikanischen Imperiums übernommen hat, sehe ich seinem Treiben zu. Mit einer Mischung, die irgendwo zwischen angeekelt und fasziniert liegt, versuche ich zu verstehen, welche Art dementen Wahnsinns das eigentlich ist, die sich da vor aller Augen im Oval Office covfefe.

Jetzt will er also das Klima nicht mehr retten, der Donald. Was ich wenig verwunderlich finde, hat er doch aus seiner geistigen Unfähigkeit keinerlei Hehl gemacht im Wahlkampf. Und außerdem liegt er mit seiner antiwissenschaftlichen Vollignoranz ja völlig auf der Linie der Partei, der er offiziell angehört und die sich immer mehr fragt, wie sie diesen Sith-Lord der Verblödung wieder loswerden könnte, ohne selbst dabei draufzugehen. Kassandra sagt: Vergeßt es, Jungs. Das wird nicht klappen.
Was bedeutet, der nächste Präsident könnte einer wie Mike Pence sein, der dann vermutlich direkt nach seinem Amtseid zu einem neuen Kreuzzug ins Heilige Land aufrufen würde. Was dann in der Besetzung Saudi-Arabiens endet oder so in der Art. Der Vizepräsident ist nämlich ein noch viel gefährlicherer Spinner als das Alien. Auch ein Typ wie Ted Cruz und andere christlich-fundamentalistische Vollspinner sind nur aufgeschoben, nicht aufgehoben. Ich bin also ausdrücklich dafür, den aktuellen Präsidenten weder zu erschießen noch per Impeachment aus dem Amt zu jagen. Die Alternativen sind einfach noch furchtbarer, selbst wenn man die eigene Vorstellungskraft dazu schon stark strapazieren muß.

Die Begründung des prototypischen Idioten ist ebenfalls sehr schön geeignet, diese Art des Nicht-Denkens zu illustrieren, die uns erst in die Situation gebracht hat, in der so etwas wie das Pariser Abkommen COP21 überhaupt notwendig geworden ist.
Donald Trump wirft unter anderem China und Indien vor, daß die ihre CO2-Emissionen weiterhin steigern dürften, die USA ihre aber senken müßten. Das sei „ein schlechter Deal und schlecht für Amerika“.
Das ein Land wie die USA diverse Jahrzehnte lang der einzige fette CO2-Verschmutzer gewesen ist und daher eben einiges an Vorsprung hat, was die emittierte Menge in Tonnen angeht, besonders pro Kopf der Bevölkerung, ist natürlich für jemanden wie Trump völlig unerheblich. Außerdem kommt in dem Satz nur einmal sein Name vor, deswegen liest er das vermutlich nicht, selbst wenn es ihm jemand aufschreiben würde. Wie – das wußte keiner? Continue reading →

Mythopolis

– VI –

Im Spinnennetz

„Werde ich träumen?“
HAL 9000

Einer der großen Über-Propheten der Technologiereligion ist ein Mann namens Raymond Kurzweil. Geschulten Nerds ist dieser Mann bekannt als der „Director of Engineering“ bei einer obskuren, kleinen Firma im Silicon Valley in den USA. Google oder so heißt der Laden, man hat den Namen vielleicht schon mal gehört.
Wer in einem Konglomerat aus digitalem Wahnsinn wie Google der Leiter der Abteilung „Technologische Entwicklung“ ist, gehört eindeutig zu den Leuten, deren Bücher über die Zukunft und die Entwicklung unserer Gesellschaft von jeder Menge Leute nicht nur gelesen werden. Sie werden anschließend auf Veranstaltungen geschwenkt und in heiliges Laserlicht gehalten, um den Worten des Propheten mehr Nachdruck zu verleihen. Solche Menschen haben keine Leser. Sie haben Jünger. Begeisterte Jünger.

Kurzweil gilt unter anderem als Futurologe. Das sind die Leute, die über eine Zukunft schreiben, die zum Mythos des ewigen Fortschritts paßt, wofür sie dann von der Fachpresse frenetisch bejubelt werden. Insofern bin ich also ein Anti-Futurologe, obwohl ich mich ja auch sehr wohl mit der Zukunft auseinandersetze.
Außerdem ist der Kerl von niemand Geringerem als Bill Gates schon einmal als führender Experte im Bereich der Künstlichen Intelligenz bezeichnet worden.
Witzigerweise ist das derselbe Bill Gates, der sich gemeinsam mit Menschen wie Stephen Hawking und dem ebenfalls in Kalifornien hausenden Propheten Elon Musk, dem Chef von Tesla, sehr besorgt über die mögliche Entwicklung einer echten Künstlichen Intelligenz geäußert hat.
Es ist übrigens auch derselbe Stephen Hawking, der zusammen mit dem russischen Milliardär Juri Millner einen Plan ersonnen hat, der sich „Breakthrough Starshot“ nennt und der es ermöglichen soll, andere Sonnensysteme zu erforschen. Nicht durch Hingucken, sondern durch Hinfliegen. Nicht in riesigen Schüsseln mit Warpantrieb, sondern mit eher kleinen Raumschiffen, etwa in Größe einer Postkarte oder so.

Klingt irre, würde aber gleich mehrere Probleme interstellarer Raumfahrt auf einen Schlag logisch angehen. Den enormen Energieaufwand, der im Zusammenhang mit der Raumschiffmasse steht. Und die Reisedauer, die wiederum mit der Beschleunigung zusammenhängt, die wiederum eine Funktion der Schiffsmasse ist.
Anders gesagt: Kleine Roboter kann man eben mit einem Affenzahn beschleunigen. Schiffe mit einer menschlichen Besatzung eher nicht. Außerdem brauchen Menschen so lästige Sachen wie Luft, Wasser und Nahrung, also eine Lebenserhaltung an Bord. Da wollen wir von den allseits berühmten Kälteschlafkammern gar nicht reden, denn im wachen Zustand unternimmt niemand so eine Reise, die nach dem derzeitigen Stand der Dinge dann etwa 10.000 Jahre dauern würde. Vor 10.000 Jahren haben wir hier auf dem Planeten die Landwirtschaft erdacht.
Das ist die optimistische Schätzung. Zehn Jahrtausende bis zum nächsten Sonnensystem, das wäre Alpha Centauri in einer Entfernung von 4,3 Lichtjahren.
Da liegen übrigens auch die Baupläne aus, nach denen die Erde demnächst für eine Hyperraumumgehungsstraße gesprengt werden soll, aber das wissen wir ja inzwischen. Vielleicht könnten die Raumschiffe dann gleich unsere Beschwerde bei der galaktischen Bauaufsichtsbehörde überbringen. Continue reading →

Eintagsmenschen

„Welcome! Sulphur dioxide
Hello! Carbon monoxide
The air, the air is everywhere.“
Hair

Wieder einmal nähert sich unsere Reise auf diesem Steinbrocken, der eine kleine, gelbe, völlig aus der Mode gekommene Sonne in der äußeren Westside der Galaxis umkreist, einem zyklischen Endpunkt. Das Jahresende naht, also der Punkt, den die hier vorherrschende Spezies auf ihrem vorherrschenden Kalendersystem willkürlich als Schluß auf einer mehr oder weniger kreisförmigen und somit eigentlich unendlichen Bahn markiert hat. Vorher haben wir noch die Wintersonnenwende, danach werden die Tage wieder langsam etwas länger, am 3. Januar wird die Erde dann ihr Perihel durchlaufen, also den sonnennächsten Punkt der Umlaufbahn um besagte gelbe Sonne. Rein astronomisch eine G2 V übrigens.
Ja, wir haben zwar Winter, aber trotzdem befindet sich die Erde hier am sonnennächsten Punkt. Es gibt Menschen, die irrtümlich annehmen, die Entfernung von der Sonne habe etwas mit den Jahreszeiten zu tun, und die deshalb glauben, wir wären im Winter weiter weg von der Sonne. Schon bei kurzer Überlegung entpuppt sich das natürlich als unlogisch, denn während hier auf der Nordhemisphäre Winter ist, ist ja auf der anderen Seite des Planeten Sommer. Über den Daumen gepeilt dürften aber beide Hälften des Planeten etwa gleich weit von der Sonne entfernt sein. Oder gleich nah dran, wie auch immer. Wie kann es also hier kalt sein und im Süden warm, wenn das an der Entfernung zwischen Erde und Sol liegen soll?
Logische Antwort: Es kann nicht daran liegen.

Der etwas schlauere Mensch weiß natürlich, daß die Jahreszeiten dadurch entstehen, daß die Erdachse geneigt ist und nicht senkrecht auf der Ekliptik steht. Das ist die Ebene, in der alle Planeten die Sonne umkreisen. Der Neigungswinkel zur Senkrechten liegt im Falle der Erde bei etwa 23,4 Grad – das beschert uns die Jahreszeiten auf unserer Welt. Denn durch diese Neigung hat ein- und derselbe Ort im Laufe eines Jahres unterschiedliche Sonnenhöhen über dem Horizont und somit mehr Sonnenlicht, das auch noch in steilerem Winkel auftrifft. Oder eben weniger Licht in flachem Winkel. Hat man da, wo ich so rumwohne, im Winter mit Glück sieben Stunden Tageslicht, so kommt man im Sommer manchmal auf mehr als sechzehn Stunden, also locker das Doppelte. Dazu kommt noch die Erhöhung des Einfallswinkels von vielleicht 15 Grad auf 50 Grad. Die Sommersonne läßt also eindeutig mehr Energie an meinem Wohnort zurück als die Wintersonne. Deswegen ist es eben heiß oder kalt.

Während wir also auf einem Stein um die Sonne kreisen, oder besser, ellipten, pendelt die Erdachse hin und her, sie zeigt nicht stabil in eine Richtung. Würde man aktuell die Erdachse in einer Grafik nach rechts geneigt einzeichnen, müßten Astronomen der Zukunft das nach links tun, denn im Laufe der sogenannten Präzessionsbewegung durchwandert die Achsneigung einmal die 360° eines Vollkreises, sie schwankt also von ganz rechts rüber nach ganz links.
Aktuell ist unsere Nordhalbkugel von der Sonne weg geneigt und es ist Winter. In etwa 13.000 Jahren wird sie der Sonne zugeneigt und im Dezember dann Sommersonnenwende sein. Glücklicherweise berücksichtigt unser Kalendersystem das durchaus, sodaß der Sommeranfang des Jahres 15015 ndZ trotzdem im Juni liegen wird. Das heute klassische Wintersternbild des Orion wird dann allerdings ein Sommersternbild sein. Auch wird es nicht mehr vollständig an unserem Himmel sichtbar sein, wie das heute der Fall ist. Nicht einmal der Polarstern wird um diese Zeit noch derselbe sein, denn bis dahin hat die Wanderung der Achse den Zielpunkt am Himmel auf die Wega verschoben. Ist aber kein Grund zur Panik, denn nach weiteren dreizehn Jahrtausenden ist dann alles wieder so wie heute, zumindest fast. Diese komplette Bewegung der Erdachse umfaßt also 26.000 Jahre, man nennt das Zyklus der Präzession oder auch Platonisches Jahr. Continue reading →

La part du problème

„The American way of life is not up for negotiations.“
George H. W. Bush

Jetzt hat sie also begonnen, die COP21, diese Klimakonferenz in Paris. Die Abkürzung hat nichts mit den wahrscheinlich geradezu irrsinnigen Sicherheitsmaßnahmen zu tun, die nach dem jüngsten Terroranschlag in Frankreichs Hauptstadt an der Tagesordnung sein dürften.
In einem recht ordentlichen medialen Gewitter wird bereits seit mehr als einer Woche in diversen Zeitungen zusammengetragen, was denn da eigentlich passiert beziehungsweise passieren soll.
Insgesamt kommen Superman, Batman, Wonder Woman und Hulk zusammen, um die Welt wieder einmal vor dem Bösen zu retten. Und Chuck Norris. Zumindest liest es sich so, wenn man die Geschichte verfolgt.

In Wirklichkeit treffen sich da politische Delegierte aus aller Herren Länder. Umweltminister und -ministerinnen, die jeweiligen Stellvertreter, Präsidenten oder Vizepräsidenten, Premierminister oder eben deren Stellvertreter. 195 Länder haben irgendwelche Menschen, die sie mit Handlungskompetenz per Dekret ausgestattet haben, nach Paris geschickt.
Das ist insofern bemerkenswert, als es sich hierbei wohl tatsächlich um eine große, wenn nicht sogar die größte Konferenz der Tiere handeln dürfte, die es seit Menschengedenken gegeben hat. Immerhin sind das 100 Prozent aller Staaten der Erde, jedenfalls nach Auffassung der Vereinten Nationen, also echte Staaten im Rahmen des Völkerrechts. Die tatsächliche Anzahl der Ländereien liegt mit etwa 206 nur unwesentlich höher. Das Ausmaß des hier anberaumten Pow Wow ist also durchaus bemerkenswert.

Noch bemerkenswerter ist, daß sich hier nicht etwa 195 Peronen treffen, sondern eine nicht unbeachtliche fünfstellige Zahl. Das ist keine satirische Überspitzung von meiner Seite, die Gesamtzahl der in Paris herumwuselnden Klimatiker dürfte irgendwo zwischen 10- und 20.000 liegen.
Einige von ihnen sind Dolmetscher, denn das Sprachwirrwarr dürfte wahrhaft babylonisch sein bei einem derartigen Treffen. Immerhin existieren aktuell etwa 5.000 als Sprache definierte Kommunikationsformen auf dem Planeten Erde. Ohne einen Commander Data oder am besten einen C3PO, der ja bekanntlich auf 6 Millionen Kommunikationsformen programmiert ist, sorgt alleine schon dieser Faktor für erhebliche Zeitverzögerungen und Aufwand bei einer derartigen Konferenz.
Wiederum andere Personen sind nur dazu da, um den jeweils offiziell wichtigen Wichten, also den politischen Oberköpfen, ihren Arsch nachzutragen, das wäre dann der ganze Papierkram, den es immer noch gibt, da ändert die Digitalisierung nichts dran. Wenn man als Ministerpräsident von TakkaTukka 47 Termine an einem einzigen Tag abwickeln soll, braucht man jemanden, der das koordiniert.
Ich habe schon immer gesagt, daß eine fähige Chefsekretärin in den meisten Firmen wichtiger ist als der jeweilige Chef, denn sie hält den Laden tatsächlich am Laufen, wie man da so sagt, wo ich generisch herkomme. Der Chef ist austauschbar, aber nur die Sekretärin weiß exakt, gegen wen und wann der Ersatzmann kommt. Oder Ersatzfrau, natürlich. Wobei die Sekretärin auch ein Kerl sein kann. Aber das sind Details.
Zusätzlich zu diesen Leuten kommen aber auch noch die nach Paris, die die eigentliche Arbeit machen, und zwar schon bevor eine derartige Konferenz beginnt. Das sind die Leute, die vorher und hinterher, also jetzt gerade, in irgendwelchen schlecht belüfteten Konferenzräumen hocken und im 23. Unterausschuß für afrikanische Sandverteilungsfragen eben darüber befinden, wie denn jetzt das mit dem Sand genau geregelt werden soll. Continue reading →

Der Tag vor dem Morgen

,,Verschwenden Sie keinen Gedanken ans Morgen; das ist ihr gutes Recht. Aber beklagen Sie sich nicht, wenn es plötzlich da ist und Sie haben nichts mitzureden.“
John Brunner, Der Schockwellenreiter

Warum sollte sich ein Normalmensch für etwas Abstraktes wie Peak Oil interessieren?
Schließlich haben ja schon genug Untergangspropheten denselben vorhergesagt und nichts davon ist eingetreten.
In den 80er Jahren sollten die Wälder untergehen und sich in Brennholz verwandeln. Das Ozonloch würde uns alle grillen. Das mit dem Klimawandel sollte in den 70ern noch zu einer neuen Eiszeit führen, heute reden alle was von globaler Erwärmung. Extrem peinliche Geschichte natürlich.
Es gibt heute Klimawissenschaftler, die ernsthaft vehement abstreiten, daß es solche Aussagen jemals gegeben hätte. Das ist natürlich keine besonders gelungene Kommunikationsstrategie und läßt sich anhand diverser Fachartikel und einiger SF- und Fantasy-Romane aus den 70ern problemlos widerlegen, auf deren Einbänden der muskulöse, in Felle gehüllte Held zwischen den Spitzen der im Gletscher versunkenen Wolkenkratzer New Yorks umherzieht, meist begleitet von einer wesentlich weniger fellverhüllten und eher kurvigen Partnerin.
Dazu kämen dann noch solche gut gekühlten Filme wie ,,The day after tomorrow“ oder die recht aktuelle und ebenso stark unterkühlte Vision der Apokalypse namens ,,Snowpiercer“, in der sich das gesamte Geschehen in einem Zug abspielt, der durch endlose Eiswüsten fährt, die mal die Erde waren. Warum sollte man also das Gemurmel der Wissenschaftler nicht einfach ignorieren und so weitermachen wie bisher?

Die Antwort ist ebenso einfach wie kompliziert, wieder einmal. Die Sache mit dem Ozonloch zum Beispiel begann in den 80er Jahren. In den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, um genau zu sein, denn damals wurde erstmalig mit Benutzung von Absorptionsspektren nachgewiesen, daß die hohe Atmosphäre tatsächlich mehr Ozon enthält als die bodennahe Atmosphäre, was bis dahin nur eine Vermutung gewesen war.
Ab den 1930er Jahren waren Messungen der Ozonmenge bereits Routine, nachdem ein gewisser Mr Dobson das Dobson-Spektrophotometer entwickelt hatte. Dobson erkannte auch Ende der 1950er Jahre die jahreszeitlichen Schwankungen des Ozons. Da war der Mann bereits 70 und lungerte immer noch in der Antarktis rum.
Schon damals fiel den Nerds auf, das irgendwie weniger Ozon da war, als es nach diversen Berechnungen hätte sein sollen. Die logische Schlußfolgerung war natürlich, daß irgendwo was verloren geht und daher machte man sich auf die Suche nach diesen Verlusten. Man wußte bereits, daß das Sonnenlicht das Ozon sowohl entstehen läßt als auch wieder auseinanderbricht, aber da mußte es noch etwas anderes geben.

Es gab übrigens damals niemanden, der Zeitungsartikel darüber geschrieben hätte, daß die ganze Nummer mit dem fehlenden Ozon ja eine Weltverschwörung sein müsse und es ja überhaupt keinen Beweis dafür gebe, daß dieses sagenhafte Ozon tatsächlich existiere.
Heutige Präsidentschaftskandidaten der Republikaner – und nicht nur die – stellen sich in den USA hin und behaupten tatsächlich, da wandle sich überhaupt nichts im Klima und sowieso sei das ja alles noch nicht wirklich bewiesen mit dem Kohlendioxid. Woraus dann messerscharf gefolgert wird, daß das Problem ja nicht existieren kann, solange man selber nicht daran glaubt. Gerade erst hat Jeb Bush, dieser unselige weitere Sproß der Familie des Grauens, der die nächsten Jahre des Niedergangs der USA gerne zur Bereicherung seiner Sponsoren nutzen möchte, dem Papst doch angeraten, er möge sich nicht politisch in die Frage des Klimawandels einmischen, denn der sei ja gar kein Wissenschaftler.
Eine sehr scharfsinnige Bemerkung und auch ein immer wieder gerne vorgebrachtes Pseudoargument der Republikaner in Sachen Klimadiskussion. Natürlich hindert das wissenschaftlich völlig ungebildete Volltrottel in dieser Partei nicht daran, fleißig selber ihren Senf zum Thema dazuzugeben, wenn es darum geht, die Existenz des Klimawandels abzustreiten. Aber das ist natürlich was völlig anderes, nicht wahr? Continue reading →

Die Lange Dämmerung

– V –

Die zweite Renaissance

,,Mein Name ist Ozymandias, König der Könige.

Seht meine Werke, ihr Mächtigen, und verzweifelt!“

Percy Bysshe Shelley

Da steht Mensch also nun, auf dem Gipfel des Berges, und traut sich nicht weiter. Seit der Staatsschuldenkrise, die vorher eine Finanzkrise war, die vorher eine Euro-Krise war, die vorher eine Bankenrise war, die vorher mal als Immobilienkrise in den USA begann, hört man aus Politik und Wirtschaft eigentlich nichts weiter als Durchhalteparolen.
Überall werden Nebelkerzen geschwenkt, um so vom Wesentlichen abzulenken. Alles Gerede aus dem industriell-politischen Komplex™ heraus läßt sich seit 2009 eigentlich kurz und bündig zusammenfassen und erinnert mich als Deutschen doch stark an das hysterische Stimmchen eines Erich Honecker und seine Parolen des niemals existiert habenden Sozialismus: ,,Vorwärts immer, rückwärts nimmer!“
Dabei bin ich nicht mal im Osten aufgewachsen. Unsere Bundeskanzlerin aber schon, und die betonte bereits im Frühjahr 2009 in einer Trauerrede für die gerade überstandene Wirtschaftskrise, man wolle so schnell wie möglich auf den alten Kurs zurückkehren. Ja, die wurde damals offiziell für tot und begraben erklärt – die Krise, nicht die Kanzlerin.
Das klingt in meinen Ohren etwa so, als hätte der Kapitän der Titanic nach dem ersten Zusammenstoß in den Maschinenraum telegrafiert: ,,Volle Kraft zurück, Jungs! Und dann rammen wir den beschissenen Eisberg gleich noch mal!“

Was haben unsere Weltlenker nicht alles versucht. In den USA packte die Zentralbank die ganz große Keule aus und senkte die Zinsen noch weiter, als das ohnehin schon der Fall war. Damit sollte die Wirtschaft wiederbelebt werden, indem sie mehr Kredite vergibt. Ich erinnere mich, schon mal erwähnt zu haben, daß unser Geld aus Kreditvergabe, also aus Schulden entsteht, jedenfalls etwa 97% davon.
Man war also nicht besorgt darüber, daß es zuviel Kredit geben könnte in einer Wirtschaft, deren Beinahezusammenbruch durch die windige, um nicht zu sagen betrügerische, Vergabe von Immobilienkrediten ausgelöst worden war. Man war besorgt über zu wenig Kredit. Die Programme der US-Zentralbank Fed erhielten den schönen Namen ,,Quantitative Easing“, abgekürzt QE. Was mich immer daran denken ließ, daß „QE“ auch die Abkürzung für den altehrwürdigen Ozeanriesen ,,Queen Elizabeth“ ist, oder besser, die Ozeanriesen, es gab ja zwei dieses Namens. Und mit Ozeanriesen ist das so eine Sache. Continue reading →

Blick über den Tellerrand

Der Bürgermeister der größten Stadt im US-Bundesstaat Mississippi, der Hauptstadt Jackson, glaubt allen Ernstes, man könne Schlaglöcher in Straßen mit Gebeten bekämpfen und das natürlich erfolgreich.
Ich frage mich ja ernsthaft, wie irgendwelche Vollidioten immer wieder auf solche Ideen kommen. Wäre ich Gott, ich hätte einfach zuviel damit zu tun, mich um das Universum zu kümmern. Sonnen explodieren lassen, auf dem einen oder anderen Planeten mal ansagen ,,Let there be Evolution“, um den wissensbefreiten Kreationisten was zum Aufregen zu geben und solche Sachen. Aber Schlaglöcher? Echt jetzt?
Da würde ich den bekloppten Bürgermeister doch beim nächsten öffentlichen Auftritt publikumswirksam mit einem ordentlichen Blitz platzen lassen und dann mit unsichtbarer Hand in Blut an die Wand schreiben: ,,Erhöht die Steuern für die Reichen, ihr Penner. Wählt nicht immer so korrupte Arschlöcher und versucht es mal mit Instandhaltung. Das hilft!“ Amen, Brüder Und Schwestern.

In der Weltwirtschaft geht derweil auch alles seinen guten alten Gang, das Wachstum springt uns förmlich über den grünen Klee davon und…nein, Moment…falscher Planet.
In Wirklichkeit ziehen Investoren Summen in Billionenhöhe aus den ,,emerging markets“ ab, also den Börsen der Schwellenländer. Also das, was zu meiner Schulzeit die ,,Zweite Welt“ war, aber das darf man ja heute nicht mehr sagen. Drum schreibe ich es halt.
Auf jeden Fall sind in den letzten 13 Monaten 940 Milliarden Dollar an Investitionen aus den 19 größten Schwellenländern abgezogen worden. Continue reading →