Mythopolis

– V –

Tess zwischen Tiefkühltruhen

„Civilizations die from suicide, not by murder.”
Arnold J. Toynbee

Etwas weiter weg befand sich ein weiterer unscharfer Umriß; dieser hier schwarz, mit einem anhaltenden Zischen, welches von großer, sich zurückhaltender Stärke kündete. Der lange Schornstein neben einer Esche und die Wärme, die von dem Punkt ausstrahlte, erklärte ohne die Notwendigkeit von viel Tageslicht, daß hier eine Maschine stand, die der Erste Beweger dieser kleinen Welt sein würde.
Neben der Maschine stand eine dunkle, bewegungslose Gestalt, eine verrußte und verschmutzte Verkörperung von Größe, in einer Art Trance, mit einem Haufen Kohlen an ihrer Seite. Solche Abgrenzung durch sein Auftreten und seine Farbe verlieh ihm den Eindruck einer Kreatur aus dem Tophet, abgeirrt in die durchsichtige Rauchlosigkeit dieser Gegend aus gelbem Weizen und blasser Erde, mit der er nichts gemein hatte, um ihre Eingeborenen in Erstaunen und Aufregung zu versetzen.

Wie er aussah, fühlte er auch. Er befand sich in der landwirtschaftlichen Welt, aber er war nicht Teil davon. Er diente dem Feuer und dem Rauch; diese Bewohner der Felder dienten der Vegetation, dem Wetter, dem Frost und der Sonne.

Thomas Hardy, Tess of the d’Urbervilles, XLVII, eigene Übersetzung

Tess, ihr Geist erschöpft von seelenzerfressender Arbeit, eine ruinierte, innerlich verwüstete Frau, findet sich im gleichnamigen Roman von Thomas Hardy konfrontiert mit dem dampfgetriebenen Rhythmus der neuen Dreschmaschine, die von einem „Ingenieur” geführt wird. Einem Exemplar einer neuen Klasse von Mensch. Losgelöst von den ihn umgebenden anderen Menschen erscheint er als Vertreter einer völlig fremden Art.
Das Tophet, das Hardy erwähnt, ist in der hebräischen Bibel ein Ort in Jerusalem, an dem Verehrer der alten kanaanitischen Religion Kinder bei lebendigem Leibe verbrennen, als Opfergabe an die Götter Moloch und Baal. Das Tophet wurde so zu einem theologischen Synonym für die Hölle innerhalb des Christentums. Der angebetete Baal, ursprünglich ein Import aus syrischen Landen und für Wetter und Fruchtbarkeit zuständig – in etwa wie der römische Kollege Saturn – verwandelte sich dann auch konsequent in einen Dämon innerhalb der christlichen Historie.
Auch das Primum Mobile im Originaltext ist eine theologische und astronomische Anspielung. Denn dies war in Zeiten des geozentrischen Weltbildes die äußerste der Himmelssphären, die mit ihren Sternen um die Erde rotierten und hinter der das Göttliche wohnte. Aristoteles, der berühmte alte Grieche, sprach in seiner „Physik” bereits von einem „Unbewegten Beweger” weil er in naturphilosophischer Denkweise davon ausging, daß es etwas gegeben haben muß, das alle andere Bewegung im Universum verursacht hat.

Die von der zurückgehaltenen Kraft des Dampfes getriebene Maschine ist also so etwas wie ein Ausdruck des Göttlichen in ihrer maschinellen Macht, wohingegen ihr Operateur eher aus der Hölle entsprungen scheint. So sind auch die Auswirkungen nicht zwingend erfreulich. Tess wird mit dem Rhythmus der Maschine konkurrieren müssen, um als menschliches Wesen weiter Bestand haben zu können in ihrer Welt.

Ein anderer Romancharakter, von Rußlands großem Schreiber Lev Tolstoi in Anna Karenina auf die Felder Rußlands gestellt, kehrt ebenfalls in einer Ernteszene wiederum zurück zum „Allerheiligsten des Menschen, die Tiefe des Landes”. Er nimmt teil am gleichmäßigem Schwung der Sensenblätter in den Feldern und stellt sich dabei die existentiellen Fragen: „Wer bin ich? Warum bin ich hier?”
Ein Bauer sagt zu Ljewin, daß es zwei Sorten von Männern gäbe: „Der eine lebt nur für sich und stopft sich voll. Der andere lebt für die Seele. Er erinnert sich an Gott.”

Über das Feld hinter dem Haus rumpelt und dröhnt der Mähdrescher, wirbelt Staub auf und verbrennt Diesel. Nachdem es in den Monaten von März bis Juni in unserer Gegend mehr geregnet hat als in den ganzen zwölf Monaten vorher, von März bis März, ist es jetzt wieder trocken. Mit unglaublicher Bullenhitze hat sich der Sommer zurückgemeldet in diesen Tagen, Luft wie aus einer Esse strömt mir entgegen, wenn ich morgens die Balkontür öffne.
Das Technikmonstrum rumpelt über den Hektar industriell zum Ackerland erklärten Drecks und befördert ermordeten Weizen in sein Inneres. Hier wird geschnitten, transportiert, gedroschen, eingesammelt und fusselige Halmreste wieder ausgestoßen. Alles in einem Arbeitsgang. Kein Sensenblatt bewegt sich von links nach rechts, keine Dampfmaschine, kein zugerußter Mann. Der Ingenieur mit dem Bauerndiplom sitzt in seiner gläsernen Kabine über den Dingen, vermutlich klimatisiert.
Heutige Maschinenmänner sind nicht mehr rußig. Sie sind klinisch sauber. Steril. Noch viel unbeteiligter an den Dingen, als es ein Thomas Hardy und seine Tess jemals erahnen konnten. Dieser Knöpfchendrücker und Hebelberührer hinter seinem Glas hätte Tess unendlichen Schrecken verheißen. Continue reading →

Mythopolis

– IV –

Elegie auf das 21. Jahrhundert

„Discontent arises from the knowledge of the possible, as contrasted with the actual.”
Aneurin Bevan

Es ist ein trüber Aprilmorgen und eigentlich noch viel zu früh, als ich mich aus den Federn erhebe und auf den Weg mache. Aber diesen Moment werde ich mir nicht entgehen lassen. Ich bringe mich also in Form und schwinge mich auf mein nichtfossiles Transportmittel, um an den Fluß zu fahren.
Gestern schon habe ich mir eine gute Stelle ausgesucht, um einen Blick auf das zu werfen, was da heute transportiert werden wird. Man hört alles bereits, bevor das Objekt in Sicht kommt. Die Motoren des Pontonschiffes laufen unter hoher Last, im nebligen Dunst über dem Fluß trägt das Geräusch weit.
Dann schält sich der Umriß aus der diesigen Luft. Auf dem Schiff festgemacht, wird die Silhouette mit den kurzen Tragflächen sichtbar.
Die stumpfe Nase, die eher stummeligen Flügel, bei denen mir der Ausspruch eines amerikanischen Astronauten in den Sinn kommt, das „verdammte Ding” habe die Segeleigenschaften eines Ziegelsteins. Der Rumpf ist nicht vollständig, hinter den Tragflächen fehlt das Heckteil mitsamt Leitwerk, es ist zum Transport demontiert worden.
Einige Tausend Leute stehen mit mir hier am Ufer des Rheins, als die Raumfähre Buran, das russische Gegenstück zum amerikanischen Space Shuttle, auf dem Schiff langsam an uns vorüber gleitet. Eine Raumfähre auf einem Schiff. Diese Fähre, eigentlich dafür gebaut, sich auf einem gigantischem Feuerstrahl aus Wasserstoff und Sauerstoff in den Orbit zu erheben und ins All vorzustoßen, fliegt nirgendwohin. Sie ist auf dem Weg ins Museum, ohne jemals ihren eigentlichen Zweck erfüllt zu haben. Ich weiß nicht, ob die anderen hier so denken wie ich. Ich vermute, sie tun es nicht.

Sowieso war das Buran-Programm der Russen bereits 1993 eingestellt worden. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion gab es kein Geld mehr für derartige Unternehmungen. Nur ein einziges Mal, im November 1988, war eine Buran in den Orbit gestartet, huckepack auf dem Rücken der extra dafür entwickelten Energija-Rakete. Der Gründer des Programms und treibende Kraft hinter der Konkurrenzentwicklung der Russen, der Ukrainer Walentin Petrowitsch Gluschko, in der damaligen Sowjetunion zum Chefkontrukteur für Raketenmotoren avanciert, starb nur wenig später, im Januar 1989.
Die sowjetische Konstruktion war keine vollständige Kopie des amerikanischen Designs, bei den Hitzeschilden war das Buran-Programm der UdSSR seinem amerikanischen Bruder wohl materialtechnisch voraus, was Stabilität und Belastbarkeit anging. Aber auch auf Seiten der Amerikaner interessierte das nach dem Zusammenbruch des Sowjetreichs niemanden mehr.
Eventuell könnte die Besatzung der Columbia noch leben, hätte sich damals irgend jemand um solche Details gekümmert. In dieser vergessenen Katastrophe starben alle Crewmitglieder der Mission STS-107, als ihr Shuttle beim Wiedereintritt in die Atmosphäre auseinanderbrach. Ein Stück Isolierung des Treibstofftanks war beim Startvorgang auf die Backbord-Tragfläche geprallt und hatte den Hitzeschild beschädigt. Aber man kümmerte sich nicht weiter darum. Continue reading →

Mythopolis

– III –

Das technologische Dogma

“My friend asked me to use a USB port to charge his cigarette, but I was needing it to charge my book. The future is stupid.”
some guy on the Internet

Ich mag Zugfahrten. Ich habe schon vor mehr als einem Jahrzehnt mein letztes Benzinvehikel verkauft und seitdem bewege ich mich mit Rad, Füßen und eben Zügen durch den Alltag. Klar kommen Züge mal zu spät, ab und an liegt eine Kuh auf dem Gleis oder ein Baum. Aber im Großen und Ganzen muß ich persönlich dem deutschen ÖPNV-System doch eine gewisse Brauchbarkeit attestieren. Kein Vergleich zur Schweiz, aber von englischen Verhältnissen eindeutig so weit entfernt wie ein Sigmar Gabriel von sozialdemokratischer Politik. Es ist auch nicht der Fernverkehr, in dem die Bahn ständig versagt. Über den läßt sich nur spektakulärer berichten. Es ist der Nah- und Regionalverkehr, der unglaublich gruselig sein kann und oft auch ist. Trotzdem mag ich Zugfahrten. Wenn mehrere hundert Tonnen Stahl über die Schiene gleiten, das Rheinpanorama rechter Hand neben mir, Sonnenlicht über dem Flußtal, während ich von dem Buch in meiner Hand aufblicke – das ist mit einer Autofahrt einfach nicht vergleichbar.

Ich habe schon immer davon geträumt, die manchmal durchaus bequeme Nutzung eines Autos mit der angenehmen Seite von Eisenbahnen zu verbinden.
Wenn selbstfahrende Autos existierten, könnte man ich davon eines im örtlichen Pool der Stadt bestellen, wenn ich denn dringend irgendwohin fahren muß. Ich sage dem Zentralrechner der Stadt Bescheid und fünf Minuten später steht das Fahrzeug vor der eigenen Tür. Ich steige in die Kiste und weise mich gegenüber dem Bordrechner aus. Mit Stimmabdruck, Handlinien, Retinascan – die Möglichkeiten sind vielfältig.
Dann sage ich dem elenden Navigationssystem, wo ich hin will, und die Möhre fährt los, um mich meinem Ziel entgegenzutragen. Dort angekommen, steige ich aus und das Fahrzeug bewegt sich zurück in den Pool oder eben zum nächsten Kunden, der es soeben angefordert hat.
Während dieser Fahrt scannt das Fahrzeug sein Inneres, stellt fest, das alles soweit in Ordnung ist, und schickt einen Satz Daten an den Zentralrechner der Stadt, der daraufhin die entsprechende Gebühr von meinem Konto einzieht. Das wird mir entsprechend mitgeteilt, der freundliche Muttercomputer sendet eine Botschaft und die Rechnung an mein Smartphone, mein Tablet, mein Fitnessarmband oder an irgendein anderes digitales Gadget, das man eben so mit sich herumträgt.
Gleichzeitig mit dieser Mitteilung verwandelt sich der bisher gespeicherte, persönliche Datensatz in den Computern in einen statistischen Datensatz.
Konnte man eben noch lesen “Person X von A nach B transportiert” ist nun in den Datenbänken nur noch ein “Fahrt von A nach B” zu finden.
Denn den ersten Datensatz brauchten die Computer nur bis zur Bezahlung der Gebühren und die ist ja gerade erfolgt. Die statistischen Daten brauchen sie, um den einzelnen Mietmodulen die entsprechenden Wartungsintervalle zuzuweisen. Die anfängliche Identifizierung dient natürlich auch dem Zweck, Vandalismus zu verhindern. Immerhin wissen wir alle, wie viele junge Menschen heute ihren Bildungsstand gerne damit ausdrücken, daß sie ihren Namen in die Scheiben und Sitze öffentlicher Verkehrsmittel kratzen.

Denn Hohepriestern des Fortschritts würde diese Vorstellung meinerseits sicherlich gefallen. Ganz besonders, wenn ich jetzt noch sage, daß ich dieses Szenario schon seit zwanzig Jahren in meinem Kopf herumtrage. Und jetzt beginnt es tatsächlich, Wirklichkeit zu werden. Nichts von dem, was ich gerade beschrieben habe, ist unmöglich, zu teuer, zu gefährlich oder aus technischen Gründen nicht machbar. Da sage noch einer, es gäbe keinen Fortschritt mehr. Oder womöglich, daß Fortschritt an sich bald nicht mehr existieren wird. Lächerliche Vorstellung!
Nein, Technologie wird immer einen Lösungsweg finden.

An dieser Stelle ist es dann meine Aufgabe, die Hand zu heben, zu lächeln, und eine weitere Frage zu stellen: Was ist eigentlich diese “Technologie” von der die Apologeten des unendlichen Fortschritts immer wieder reden?
Oder, um mal die unsterblichen Worte des Lehrers in einem irgendwie zum Kultfilm mutierten Uralt-Streifen zu zitieren: Wat is’n Dampfmaschin’?

Meine Behauptung sieht folgendermaßen aus: Technologie in dem Sinne, in dem das Wort von den Wissenschaftlern und Ingenieuren der heutigen Zeit benutzt wird, existiert ebensowenig wie es den linearen, unendlichen Fortschritt gibt, der heute längst zur nicht-theistischen Basisreligion unserer Gesellschaft mutiert ist. Continue reading →

Mythopolis

– II –

Wenn King Kong Meister Yoda trifft

„What is today but yesterday’s tomorrow?”
Eugene Krabs

Nach der festen Überzeugung sehr vieler Menschen, oder besser, nach der Doktrin ihres Glaubens, ist also das, was man allgemein Fortschritt nennt, eine unaufhaltsame Macht, die alle Probleme der Menschheit lösen wird.
Es mag und ab und zu Rückschläge geben, aber am Ende wird die Technologie siegen und die Beherrschung des Universums ein weiteres Stück näher an die Hände dieser Horde aus Primatenabkömmlingen heranrücken, die den dritten Planeten einer durchschnittlichen Sonne in unserer Galaxis bewohnen. Selbst ich schreibe „unsere” Galaxis, ohne zu zögern. So, als hätten wir die ganze Hütte bereits für uns gepachtet.
In dieser Welt kommt die Kavallerie immer rechtzeitig. Das Gute muß das Böse besiegen, ein anderer Ausgang ist nicht denkbar.
King Kong, der Riesengorilla, konnte unmöglich gegen die anfliegenden Helden gewinnen, die hysterisch kreischende Fay Wray womöglich in den Abgrund fallen lassen und danach von der Höhe des Empire State Building seinen Triumph über die Stadt New York hinausschreien. Es ist völlig unmöglich, daß am Ende des Duells mit blitzenden Lichtschwerten Meister Yoda am Boden liegt und seine letzten Worte sind: „Zu langsam ich war.”

Nein, das ist ein Ausgang der Geschichte, der niemals vorkommen kann, denn wir wollen, daß er nicht vorkommen kann.
Der Mythos des Fortschritts hat längst seine Legenden geschaffen und sie schon in die Köpfe unserer Großeltern gesetzt. Ein Charlie Chaplin drehte „Moderne Zeiten”, ein Harold Lloyd einen Film wie „Ausgerechnet Wolkenkratzer”, das ist der mit der berühmten Szene, in der Lloyd von den Zeigern einer Turmuhr herunterbaumelt.
Beide Filme stehen dem Fortschritt in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhundert sehr skeptisch gegenüber. Auch ein Film wie „Metropolis” von Fritz Lang zeigt völlig andere Untertöne des angeblichen Fortschritts als diejenigen, die man üblicherweise so gerne betont.
Aber wie ich schon letzte Woche sagte, braucht jede Religion ihre Ketzer, ihre Häretiker und bringt automatisch ihre Anti-Religion hervor.

Nirgendwo läßt sich das besser sehen als in diesen alten Filmen. Die Religion des Fortschritts hat in Metropolis den Moloch der durchsynchronisierten Gesellschaft  erschaffen. Die Gesellschaft ist geteilt in eine dünne Schicht der Eliten und die große Masse, die alles an Luxus und Wohlstand erschaffen und erarbeiten muß, von dem diese Oberklasse lebt. In Metropolis haben die Reichen und Superreichen ihren 24-Stunden-Tag. Die Zeit der geistlosen Masse, der unermüdlichen Arbeiter im Stock, ist in einen 10-Stunden-Rhythmus unterteilt, eben die Länge einer Schicht.
Wie im 1895 erschienenen Roman vDie Zeitmaschine” von H.G. Wells gibt es auch bei Lang Morlocks und Eloi und die einen fressen die anderen auf. Allerdings leben die Morlocks in Metropolis nicht unter der Erde, sondern in prächtigen Penthouses über der Stadt, weit weg von ihrem Lärm, ihrem Elend und der Sklavenarbeit.
Wells war wenigstens noch so fair, die Bösen unter die Erde zu verbannen und die Eloi ein sorgloses Leben in einem Paradiesgarten führen zu lassen. Continue reading →

Mythopolis

– I –

Das Morgen von gestern

„Eine der Definitionen geistiger Gesundheit ist, das Wirkliche vom Unwirklichen unterscheiden zu können. Sehr bald werden wir eine neue Definition brauchen.”
Alvin Toffler

Die Fortschritte der Technik erfolgen in immer kürzeren Abständen. So lautet der Einleitungssatz der Stimme aus dem Off in einer Dokumentation über Nanotechnologie, die ich mir neulich angesehen habe.
Im Bereich der Nanotechnologie geht es, wie der Name schon vermuten läßt, um Größenordnungen kleiner zu als in der Mikrotechnologie, die uns so etwas Großartiges wie den modernen Computer und das Smartphone geschenkt hat. Wobei, geschenkt würde ich jetzt nicht sagen bei den Preisen.
In der Nanotechnologie sind also die Dinge, die woanders in Mikron gemessen werden – das sind Tausendstel eines Millimeters – noch viel kleiner. So klein, daß ein einzelnes Nano sich in einem Mikron vorkäme wie unsereiner alleine im Mittelmeer. Letztlich sind die Ingenieure heute in der Lage, ein einzelnes Atom zu manipulieren oder Maschinen zu bauen, die aus nur wenigen Atomen bestehen. Das ist in der Mikrotechnologie nicht viel anders. Innerhalb einer modernen CPU in einem Computer wie dem, der auf meinem Schreibtisch steht, werden diverse Elemente übereinandergeschichtet. Viele dieser Lagen sind nur wenige Moleküle dick. Aber ein Molekül besteht eben aus mehreren Atomen.
In der Nanotechnologie wäre es möglich, aus beliebigen Atomen beliebige Moleküle zu bauen, sofern deren Zusammensetzung bekannt ist. Allerdings würde es relativ lange dauern, eine Zahnbürste herzustellen, da die etwa 76 Bazillionen Atome enthält. Wenn die alle erst mit einem Kran an die richtige Stelle gebracht werden müßten, könnte das etwas Zeit erfordern. So zwei, drei Jahrtausende.

Eine industrielle Nanoproduktion von irgendwelchen Dingen, so wie der Replikator in Star Trek sie vorführt, steht also eindeutig derzeit nicht zur Debatte.  Mit Hilfe der reichlich vorhandenen Energie des Antimaterie-Reaktors werden hier Moleküle zusammengebastelt, die dann, entsprechend zusammengesetzt, etwas ergeben, das ein bißchen – aber nicht völlig – anders schmeckt als Curryhuhn mit Reis oder Tomatensuppe, für die über 200 Rezepturen vorliegen. Oder Tee. Earl Grey. Heiß.
Wobei das natürlich ein bißchen geschummelt ist, denn irgendwo muß der Replikator eine Quelle für seine Moleküle haben, er arbeitet nicht auf atomarer Ebene. Es muß also an Bord der Enterprise-D eines Captain Picard ein Lager mit Rohmasse geben, mit der die Replikatoren beschickt werden, einen Molekülvorrat sozusagen.
Ich hätte ja gerne so ein System, damit ich nie wieder Abspülen muß. Von allen Haushaltstätigkeiten mag ich diese mit Abstand am wenigsten. Und natürlich ist der Replikator jederzeit in der Lage, die benutzte Teetasse des Captains wieder in ihre Rohform aufzulösen. Wie praktisch ist das denn?

Es sind Serien wie diese und unzählige Filme im SF-Bereich, die uns allen den Basismythos unserer Zivilisation vorgeben. Geschichten, die nur aufgrund dieses Mythos überhaupt erst entstehen konnten. Der Mythos des Fortschritts und der umfassenden Allmacht der Technologie.
Aber was genau ist das eigentlich, Technologie?
Und warum nenne ich Fortschritt einen Mythos, denn das habe ich ja inzwischen in einigen anderen Texten ebenfalls getan?
Nun, ich fürchte, dazu muß ich etwas weiter ausholen. Denn um die Grundannahmen, auf denen unser Alltag beruht, ordentlich zu zertrümmern, muß man eben auch weit ausholen, sonst funktioniert das nicht. Aber es macht unglaublichen Spaß. Continue reading →

Das Zerbrechen der Welt

„Jetzt bin ich der Tod geworden, der
Zerstörer von Welten.”
Bhagavad Gita

Strahlender Sonnenschein. Blauer Himmel. Um die 20 Grad. Ich bin mit dem Fahrrad unterwegs an diesem Tag. Dutzende Menschen stehen Schlange vor den Eisdielen. Morgen ist ein Feiertag, viele haben über die Brückentage freigenommen. Ein prächtiges langes Wochenende steht bevor. Deutschland im Frühling. Die Bonner Republik im Frühling, um exakt zu sein, denn es ist das Jahr 1986.

Vier Tage zuvor
Morgens gegen 01:20 befiehlt Chefingenieur Anatoli Stepanowitsch Djatlow, in dieser Nacht in einem Atomkraftwerk in der Sowjetunion der Oberbefehlshaber im Kontrollraum, seinem Schichtleiter, einem Mann namens Alexander Fjodorowitsch Akimow, den seit einiger Zeit angesetzten Sicherheitstest im Block 4 des Kraftwerks programmgemäß durchzuführen. Akimow hat bis dahin bereits mehrfach Bedenken aufgrund des Reaktorzustandes geäußert, der unerklärlich niedrige Leistungswerte aufweist. Djatlow will davon nichts wissen, mit der ihm wohl eigenen Bissigkeit verteidigt er seine Position. Eingebunden in das politische System der Sowjetunion, hat er sich von einem Niemand, der von Daheim weglief, zu einem Nuklearingenieur in angesehener Stellung hochgearbeitet.

Schon die ganze Zeit läuft bei den Vorbereitungen nichts wirklich rund. Erst die niedrige Reaktorleistung, dann sinkt auch noch der Wasserstand in den Dampfabscheidern gefährlich ab, was einen Alarm auslöst. Doch bereits das Anfahren des Tests hätte nicht stattfinden dürfen. Denn dafür ist die Leistungsabgabe zu niedrig und dieser Reaktortyp hat bei unterwertigem Energieausstoß einige Tücken. All das steht irgendwo in den Handbüchern, die aber ignoriert werden. Um mehr Energie zu erzeugen, machen die Ingenieure das, was jede andere Mannschaft auch tut in einem Kernkraftwerk: die Steuerstäbe werden herausgezogen, es fließen mehr Neutronen, die Kettenreaktionen nehmen an Zahl zu. Der Reaktor erhöht seinen Ausstoß.

Was die Bediener im Kontrollzentrum nicht wissen: Der Reaktor leidet in diesem Moment unter dem, was in der Fachsprache Xenonvergiftung heißt. Im Normalbetrieb eines Reaktors entsteht das Produkt 135Iod. Dieses wiederum zerfällt mit einer Halbwertszeit von etwa sieben Stunden in ein anderes radioaktives Isotop, eben 135Xenon. Xenon ist ein Neutronengift, was bedeutet, daß es freie Neutronen einfängt und somit die Reaktionsrate in einem nuklearen Spaltprozeß senkt. Exakt das ist im Vorfeld passiert. Die vorhergehenden Schichten haben den Reaktor weit unter seiner zulässigen Leistung gefahren, im Reaktorkern hat sich zuviel Xenon angesammelt. Bei einem normalen Betrieb hätten sich Erzeugungs- und Zerfallsrate etwa die Waage gehalten, aber das ist nicht der Fall. Eigentlich müßte der Reaktor abgeschaltet werden, bis das überschüssige 135Xenon zerfallen ist.
Stattdessen werden die Steuerstäbe herausgezogen, um die Leistung hochzufahren. Trotzdem sackt die Leistung weiter ab, bis auf etwa 200 Megawatt. Für den geplanten Versuch sind mindestens 700 Megawatt vorgeschrieben.

Djatlow erteilt Anweisung, etwas gegen den Alarm wegen des niedrigen Wasserstands zu unternehmen und ignoriert Akimovs fortgesetzte Bedenken aufgrund der Leistung. Es ist der letzte falsche Befehl, der in dieser Nacht gegeben wird. Akimow und ein Kollege folgen der Anweisung und drehen den Hahn weiter auf, der Reaktorkern wird besser bewässert. Er erreicht aber trotzdem nur zwei Drittel des vorgeschriebenen Pegels. Der Alarm stoppt aber, denn das liegt oberhalb der Warnschwelle.
Dann beginnt der eigentliche Test. Die Bedienmannschaft unterbricht die Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern, die Kühlmitteltemperatur beginnt zu steigen, die Zerfallsrate des überschüssigen Xenons erhöht sich.
Die Katastrophe im Inneren der von Menschengeist erdachten und von  Menschenhand gebauten Maschine nimmt ihren Lauf. Die automatische Steuerung versucht, den Leistungsanstieg mit dem Einfahren der Steuerstäbe zu drosseln, ganz nach Programm. Aber sie fährt die Stäbe nur langsam ein, was auch seinen Grund hat.
Doch das reicht nicht. Der Neutronenfluß im Reaktor wird stärker, die Leistung steigt unkontrolliert. Hierdurch erhöht sich die Zerfallsrate des 135Xenon im Reaktorkern weiter, wodurch die bisherige Dämpfung der Reaktion massiv abgebaut wird. Der starke Energieanstieg erzeugt immer mehr Dampfblasen, was wiederum die Kühlung verschlechtert und ebenfalls die Leistungsabgabe erhöht. In diesem Moment ist aus dem Sicherheitstest für den eigentlich recht neuwertigen Kernreaktor bereits eine Katastrophe geworden. Die gezähmte Atomenergie hat sich in ein Monstrum verwandelt, das längst außer Kontrolle ist. Continue reading →

Damokles und die Dinosaurier

„Wachsen im geistigen Sinne bedeutet nicht, größer werden, sondern kleiner werden.”
Sören Kierkegaard

Das Gesetz des abnehmenden Ertrages hängt über unserer Gesellschaft wie das sprichwörtliche Damoklesschwert. Mit dem Unterschied, daß Damokles sich der Gegenwart des Schwertes vollkommen bewußt war, nachdem er auf dessen Anwesenheit höflich aufmerksam gemacht wurde.
In der globalen Industriegesellschaft ist das üblicherweise nicht der Fall. Falls man mal irgendwelchen Leuten sagt: „Hey, guck mal, da oben – ein Schwert!” dann heben die meisten nicht einmal die Köpfe. Denn es könnte ja sein, daß der Sprecher recht hat, und wer möchte schon ein Schwert über seinem Kopf hängen haben?
Es gibt noch eine weitere, sehr weit verbreitete Reaktion, die sich in Sätzen manifestiert wie: „Wo? Ich sehe kein Schwert.”
Ob man den Kopf jetzt erst gar nicht hebt, um hinzusehen, oder das Schwert glatt wegleugnet, ist letztendlich egal. Es ändert nichts an der Tatsache, daß es eben da ist.

Der technologische Fortschritt, wie das so genannt wird, hat seine Kosten, wobei das Wort „Kosten” hierbei mehr als nur finanzielle Aspekte meint, versteht sich. Die von mir angesprochene Externalisierung, die heute in jedem Großkonzern weltweit massiv genutzt wird, bezieht sich in der jeweiligen Bilanz natürlich aufs Finanzielle. Aber die Kosten unseres sogenannten Fortschritts sind in den allermeisten Fällen soziologische Kosten. Die Kernenergie ist dafür ein perfektes Beispiel.

Kaum hatte man entdeckt, daß man Atomkerne überhaupt spalten kann, wurde ein erster Versuchsreaktor gebaut. Nach heutigen Maßstäben ein Laborversuch, den kein Mensch mehr durchführen würde, schon deshalb, weil keine Versicherung der Welt der Universität das erlauben würde und ohne Versicherung würden solche Experimente heute nicht mehr stattfinden. Auf jeden Fall wurde dann aus dem Nachweis der Kernspaltung sehr schnell eine Pilzwolke über zwei japanischen Städten und unzählige weitere über der Südsee, der Wüste Nevadas und Wasweißichnichtstan in der Sowjetunion.
Die zivile Nutzung der Kernkraft, immer wieder als das Non plus ultra angepriesen in den 50er Jahren, erwies sich schnell vor allem als eins: Teuer.
In Deutschland hatten die Energiekonzerne in den 60ern eigentlich nur ein geringes Interesse an Kernenergie, denn schließlich würde man sich damit ja einen riesigen Konkurrenten für die hauseigene Kohle in den Konzern holen. Die Lösung der Regierung war klar, man beschloß, das ganze Kernenergiegeschäft massiv zu subventionieren. Auch hier gab es keine Versicherung, die bereit war, das Risiko der Absicherung eines Kernmeilers auf sich zu nehmen. Also schuf man Ausnahmen in Gesetzen, damit die Dinger trotzdem gebaut werden konnten. Ja, Kernkraftwerke sind üblicherweise nicht versichert, aber man fahre mal mit einem unversicherten Auto durch die Gegend – das gibt Ärger! Continue reading →

Ein Wechsel der Perspektive

„Eine Idee, die nicht gefährlich ist, ist es nicht wert, überhaupt eine Idee genannt zu werden.”
Oscar Wilde

Im 3. Jahrhundert vdZ wurde der bereits einmal erwähnte Grieche Archimedes von König Hieron II. an seinen Hof gerufen, weil der König eine Aufgabe für den als durchaus innovativ bekannten Mann hatte.
Der König hatte sich nämlich eine neue Krone bestellt, wie Herrscher das wohl gelegentlich tun. Dieses aus Gold bestehende Modell war natürlich recht wertvoll und so kam wohl im König der Verdacht auf, daß der beauftragte Schmied eventuell einen Teil des Goldes durch anderes Metall ersetzt hatte. Offensichtlich neigten Menschen in Herrscherpositionen bereits in der Antike zu einem gewissen Mißtrauen. Archimedes erhielt nun die Aufgabe, genau das zu überprüfen.
Was Archimedes wiederum vor ein Problem stellte.
Eine Kugel, ein Quader, ein Kubus – alle diese Dinge wären mit der damaligen Mathematik zu bearbeiten gewesen. Aber die Krone mit ihrer unregelmäßigen Form war in Zahlen nicht zu erfassen, denn die Integralrechnung war noch nicht erfunden. Der Trick war also, das Volumen der Krone zu bestimmen, ohne sie dabei zu zerstören, denn das kam natürlich nicht in Frage.

Nach einer Weile hatte Archimedes vom Grübeln die Nase voll und beschloß, einfach mal einen Tag blau zu machen und ging in die öffentlichen Bäder von Syracus. Die Legende will es, daß sich Archimedes in einer gut gefüllten Wanne genüßlich ausstreckte und dabei ordentlich Wasser über den Rand schwappte. Woraufhin Archimedes „Heureka” ausrief – das ist griechisch für „Ich hab’s gefunden” – und sich im Adamskostüm sprintenderweise durch die Stadt zurück zu seiner Werkstatt begab. Die Erkenntnis, die den alten Griechen in dem Moment ereilt hatte, war die, daß ein Körper im Wasser exakt so viel Flüssigkeit verdrängt, wie er selber an Volumen aufweist.
Prompt tauchte also Archimedes die herrscherliche Krone ins Wasser und dann einen Barren Gold mit dem gleichen Gewicht. Die Krone verdrängte mehr Wasser, hatte also bei gleichem Gewicht mehr Volumen. Ergo mußte sie aus noch etwas anderem bestehen als Gold. Die Legende erzählt uns nicht, was das für Folgen für den Schmied hatte, aber sie dürften nicht zwingend erfreulich gewesen sein.

Archimedes hatte also etwas völlig Neues entdeckt und gedacht, in diesem Falle das nach ihm benannte „Archimedische Prinzip”. Im Allgemeinen ist das auch die geistige Vorstellung von „Innovation”, die wir im Kopf haben, wenn jemand dieses Wort in unserer Hörweite benutzt.
Innovation, also der Erfindungsgeist des Menschen an sich, ist ein untrennbarer Teil vom Rasiermesser des Fortschritts. Und ebenso eine Lüge. Zumindest oft. Continue reading →

Das Rasiermesser des Fortschritts

„Our 21st century economy may focus
on agriculture, not information.”
James Howard Kunstler

Fortschritt ist etwas, das genauer betrachtet werden muß. Fragt man ein Dutzend Menschen, was genau er denn sein soll, dieser Fortschritt, bekommt man ungefähr zwei Dutzend Antworten. Selbst dann, wenn sich unter den Befragten kein einziger Arzt oder Anwalt befindet.

Viele Antworten laufen darauf hinaus, daß früher – wann immer genau dieses früher jeweils stattgefunden haben soll – ja alles viel mühsamer gewesen ist.
Da mußten Menschen auf Feldern arbeiten, um irgendwie Nahrung für andere zu erzeugen. Oder es gab keinen elektrischen Strom, geschweige denn in jedem Haus oder jeder Wohnung ein Badezimmer. Menschen starben an Krankheiten, die heutige Ärzte nicht mal mehr richtig diagnostizieren könnten, weil sie die niemals in ihrem Leben zu Gesicht bekommen.
Mühselig mußte man mit der Hand Wäsche waschen, den Boden kehren statt staubsaugen oder in heutigen Zeiten von einem dieser idiotischen Staubsaugerroboter saugen zu lassen.
Ausnahmslos alle diese Antworten zielen ein wenig am Kern der Sache vorbei, was aber auch kein einziger der Antworter bemerkt hat.
Alle diese Antworten beantworten die Frage: „Glaubst du daran, daß es Fortschritt gibt?”
Diese Frage habe ich aber nie gestellt. Meine Frage lautete „Was ist Fortschritt?”

Natürlich gibt es Fortschritt, wenn man diesen Begriff als Entwicklung von einer Technologie zur nächsten auffaßt. Wer vorher nur Holzspeere benutzt hat, wird ein Speerblatt aus Stein großartig finden. Wer vorher nur eine Steinaxt hatte, der wird von einer Bronzeaxt geradezu begeistert sein. Und dieses Eisen erst, unglaubliches Metall!
Genau so verstehen die Menschen heutzutage „Fortschritt”. Als lineare Entwicklung von etwas, das irgendwie weiter unten steht, zu etwas, das irgendwie besser sein soll. Vor dem Dampfschiff gab es Segelschiffe und davor mußte man halt Rudern. So ungefähr läuft der Gedankengang im Kopf der Menschen ab.

In Wirklichkeit ist Fortschritt eher etwas Abstraktes. Niemand – oder zumindest nur sehr wenige Menschen – scheinen die Frage zu stellen, wer denn eigentlich bestimmt, daß etwas Technologisches jetzt so klar und eindeutig  besser ist. Nach welchen Kriterien wird das beurteilt und von wem? Continue reading →

Das falsche Morgen (III)

„Nichts Unwirkliches existiert.”
Erstes Gesetz der vulkanischen Metaphysik
Kiri kin-Tha

Und so traten Vernunft, Logik und Verstand ihre Herrschaft über die Erde an.
Oder auch nicht, zumindest habe ich da irgendwie den Eindruck.

Das Buch von Kopernikus – De Revolutionibus – durfte bis 1822 im Machtbereich der Römisch-Katholischen Kirche nur gedruckt werden, wenn in einem Vorwort oder Anhang explizit darauf hingewiesen wurde, daß das hier erklärte heliozentrische Weltbild eine reine Hypothese sei, die als mathematisches Hilfsmittel diene.
Ich fände es ja großartig, wenn in unseren Kulturkreisen sogenannte „Heilige Bücher” auch mal mit einem Vorwort versehen würden, aus denen hervorgeht, daß es sich um lustige Sammlungen von Mythen, Sagen, Geschichten und anderem Firlefanz handelt, den man nicht gar zu ernst nehmen sollte.
Ich bin mir aber sicher, daß dagegen sehr viele Leute vehement protestieren würden.

Evangelikale Christen in den USA und anderswo benutzen dieses lächerliche Vorgehen heute noch, wenn sie behaupten, daß die sogenannte Schöpfungslehre dasselbe Gewicht haben müsse wie einige Jahrhunderte Forschung verschiedenster Bereiche, nur weil sie daran glauben wollen. Denn glauben ist immer einfacher als wissen. Evolutionstheorie wird von ihnen mit absurdesten Methoden bekämpft, unter anderem mit einer geradezu unglaublichen Arroganz und Stumpfsinnigkeit, die einen Menschen, der sein Hirn tatsächlich benutzt, in den Wahnsinn treiben kann.

Da wird dann gerne vorgebracht, Evolution sei ja „nur eine Theorie” und insofern könne das ja nicht richtig sein. Das auch Gravitation nur eine Theorie ist, daß eine Theorie das höchste ist, was aus einer wissenschaftlichen Hypothese werden kann, weil es eben in den Wissenschaften keine absoluten Wahrheiten gibt, ist für diese Menschen zu hoch.
Das man dieses Argument exakt gleich auf die Behauptung anwenden kann, die Erde und alles auf ihr seien von einem Gott geschaffen, wird natürlich empört zurückgewiesen, denn schließlich stützt sich die Bibel, dieses Heilige Buch, ja auf das Wort Gottes. Wobei ich da gerne noch einmal die Frage in den Raum werfen möchte, wer denn gleich diese Ausgabe, mit der da rumgewedelt wird, übersetzt hat und aus welcher Sprache? Continue reading →