Die Kleinen und die Toten

,,I say, there is no darkness but ignorance.”

William Shakespeare

Diese Woche ist es wieder einmal soweit*: Die Lenker der Wirtschaftswelt unseres Planeten, die G7, treffen sich zu einem Gipfel. Einem Wirtschaftsgipfel, natürlich.
Während die Krise im Osten Europas in der Ukraine weiter vor sich hin schwelt und in Deutschland die Geheimdienste Amok laufen, gedeckt von einer sich zunehmend als antidemokratisch entlarvenden Bundesregierung, fährt der erfolgreichste Hosenanzug der Geschichte ins Bayerische, genauer gesagt, nach Garmisch-Patenkirchen.

Die Bundesregierung rechnet mit Kosten für den Bund von etwa 130-360 Millionen Euro, da kommt eine ganze Menge Geld zusammen pro teilnehmenden Staatsoberhaupt. Schon diese recht lässige Einschätzung der anfallenden Summe zeigt meiner Meinung nach eine gewisse Arroganz der Planer. Da scheint es auf plusminus 100 Milliönchen nicht so anzukommen. Ich hätte das ja gerne ein bißchen genauer gehabt in Zeiten klammer kommunaler Haushalte.
,,Schließlich ist es ihr Geld!”, möchte man dem uninteressierten Steuerzahler in Deutschland lautstark zurufen.
Da alle Geheimdienste des Planeten sowieso alles abhören, könnten die ihre Konferenzen eigentlich auch mal über Skype halten, das wäre auch deutlich günstiger zu haben, nehme ich mal an.
Ich finde ja, beim nächsten Mal könnten sich die wichtigen Wichtel versuchsweise auf einem Flugzeugträger treffen, da ist das mit der Sicherheit auch kein großes Thema und die Damen und Herren Statslenker müssen dann auch keine Demonstrationen in Hörweite ertragen. Wobei, das müssen sie jetzt auch nicht, die bayerischen Gerichte fanden das ja unnötig. Willkommen in der marktkonformen Postdemokratie.

Unter anderem soll dieses nicht gerade billige Gespräch der Vorbereitung der Klimakonferenz in Paris im September dieses Jahres dienen. Auch Flüchtlingsdrama im Mittelmeer steht wohl auf der Agenda. Bemerkenswerterweise sind aber weder nordafrikanische Staaten eingeladen – also diejenigen, durch deren Länder die Flüchtlinge das Mittelmeer erreichen – noch nehmen chinesische Vertreter an der Konferenz teil. Das sind diejenigen, die inzwischen mehr CO2 raushauen als jedes andere Land, die wären also der erste Ansprechpartner für Klimatechnik, sozusagen. Auch Indien fehlt, und die schließen ganz gewaltig zu China auf. Denn inzwischen gibt es auch 1,25 Milliarden Inder, hier wird China sehr bald seine Führungsposition verlieren.

Das Interessante ist aber, daß auf der Tagesordnung diesmal noch ein Thema steht, das so direkt gar nichts mit Wirtschaftsgipfeln zu tun hat, die ja ursprünglich mal Sinn und Zweck der G7-Treffs waren: Antibiotikaresistenzen.
Wie ich schon einmal woanders angedeutet hatte, können kleine Dinge manchmal zu Ursachen für großen Ärger werden. Continue reading →

Die Biene des Achilles

„Menschliche Richter können Gnade walten lassen. Aber gegen die Naturgesetze gibt es keinerlei Berufungsinstanz.”
Arthur C. Clarke

Der 2015 verstorbene amerikanische Soziologe William R. Catton prägte in einem der wohl wichtigsten Bücher der 80er Jahre den Ausdruck ,,Homo Colossus” für die menschliche Rasse.
Inzwischen streiten sich führende Wissenschaftler gerade ein wenig darüber, ob man nicht ein ganzes Zeitalter nach dem Menschen benennen muß, da unsere Auswirkungen auf die Umwelt immer deutlicher an allen Ecken und Enden zu sehen, zu fühlen und zu messen sind.
Keine andere Spezies des Planeten hat es jemals hingekriegt, mit ihrem Handeln selbst geologische Zeiträume verwischen zu lassen. Mensch tut dies in den letzten 200 Jahren mit wachsender Begeisterung.
Der Homo Colossus stampft über den Planeten und erzeugt sich seine eigene Zeit, das Anthropozän.

Das klingt gut, etwa so, als wären wir das überhaupt Wichtigste auf diesem Planeten und als würden wir alle Hindernisse auf unserem Weg zu den Sternen mit unserem Erfindungsgeist aus dem Weg räumen. Mensch ohne Limit. Falls ich das nicht deutlich genug erzählt haben sollte: Diese Grundhaltung ist so abgrundtief blöde, daß einem der Kopf schmerzen sollte, wenn man sie hört.
Aber natürlich ist das auch exakt der Mythos, in dem die meisten Menschen leben. Die Geschichte unserer eigenen Großartigkeit und der Unüberwindlichkeit des menschlichen Erfindungsgeistes begleitet uns von Kindesbeinen an und bildet das Fundament aus Lügen. Continue reading →

Damokles und die Dinosaurier

„Wachsen im geistigen Sinne bedeutet nicht, größer werden, sondern kleiner werden.”
Sören Kierkegaard

Das Gesetz des abnehmenden Ertrages hängt über unserer Gesellschaft wie das sprichwörtliche Damoklesschwert. Mit dem Unterschied, daß Damokles sich der Gegenwart des Schwertes vollkommen bewußt war, nachdem er auf dessen Anwesenheit höflich aufmerksam gemacht wurde.
In der globalen Industriegesellschaft ist das üblicherweise nicht der Fall. Falls man mal irgendwelchen Leuten sagt: „Hey, guck mal, da oben – ein Schwert!” dann heben die meisten nicht einmal die Köpfe. Denn es könnte ja sein, daß der Sprecher recht hat, und wer möchte schon ein Schwert über seinem Kopf hängen haben?
Es gibt noch eine weitere, sehr weit verbreitete Reaktion, die sich in Sätzen manifestiert wie: „Wo? Ich sehe kein Schwert.”
Ob man den Kopf jetzt erst gar nicht hebt, um hinzusehen, oder das Schwert glatt wegleugnet, ist letztendlich egal. Es ändert nichts an der Tatsache, daß es eben da ist.

Der technologische Fortschritt, wie das so genannt wird, hat seine Kosten, wobei das Wort „Kosten” hierbei mehr als nur finanzielle Aspekte meint, versteht sich. Die von mir angesprochene Externalisierung, die heute in jedem Großkonzern weltweit massiv genutzt wird, bezieht sich in der jeweiligen Bilanz natürlich aufs Finanzielle. Aber die Kosten unseres sogenannten Fortschritts sind in den allermeisten Fällen soziologische Kosten. Die Kernenergie ist dafür ein perfektes Beispiel.

Kaum hatte man entdeckt, daß man Atomkerne überhaupt spalten kann, wurde ein erster Versuchsreaktor gebaut. Nach heutigen Maßstäben ein Laborversuch, den kein Mensch mehr durchführen würde, schon deshalb, weil keine Versicherung der Welt der Universität das erlauben würde und ohne Versicherung würden solche Experimente heute nicht mehr stattfinden. Auf jeden Fall wurde dann aus dem Nachweis der Kernspaltung sehr schnell eine Pilzwolke über zwei japanischen Städten und unzählige weitere über der Südsee, der Wüste Nevadas und Wasweißichnichtstan in der Sowjetunion.
Die zivile Nutzung der Kernkraft, immer wieder als das Non plus ultra angepriesen in den 50er Jahren, erwies sich schnell vor allem als eins: Teuer.
In Deutschland hatten die Energiekonzerne in den 60ern eigentlich nur ein geringes Interesse an Kernenergie, denn schließlich würde man sich damit ja einen riesigen Konkurrenten für die hauseigene Kohle in den Konzern holen. Die Lösung der Regierung war klar, man beschloß, das ganze Kernenergiegeschäft massiv zu subventionieren. Auch hier gab es keine Versicherung, die bereit war, das Risiko der Absicherung eines Kernmeilers auf sich zu nehmen. Also schuf man Ausnahmen in Gesetzen, damit die Dinger trotzdem gebaut werden konnten. Ja, Kernkraftwerke sind üblicherweise nicht versichert, aber man fahre mal mit einem unversicherten Auto durch die Gegend – das gibt Ärger! Continue reading →

Blick über den Tellerrand

In Kalifornien ist noch immer das Wasser knapp. Sehr knapp. Deshalb hat der Gouverneur des Staates Städte und Gemeinden angewiesen, den Wasserverbrauch um 25% zu senken, und zwar innerhalb eines Jahres. Eine durchaus lobenswerte Sache, allerdings scheint Mr. Brown bei seinen Anweisungen die Landwirtschaft vergessen zu haben. Dumme Sache, denn die verbraucht nicht nur zuviel Wasser, wie alle Kalifornier, sondern davon auch noch gute 80% im Land.
Deshalb hat diese Anweisung zu Protesten geführt.
Wie immer auch zu Protesten, die an abgrundtiefer Blödheit nicht zu überbieten sind. Da beschweren sich Friedhöfe darüber, daß die Angehörigen von ihnen würdevolle Gestaltung verlangen und deshalb grünes Gras erwarten auf einem Friedhof. Ich würde ja Sanddünen erwarten auf einem Friedhof in Kalifornien, wenn ich da ehrlich bin, vielleicht noch mit so einem Longhorn-Rinderschädel aus Plastik als Grabstein.
Auch die Agrarindustrie meckert rum, da der Herr Gouverneur wohl auch vorgeschlagen hat, doch mal Pflanzen anzubauen, die weniger Wasser benötigen.
Das stört natürlich den freien Markt – was immer das denn genau sein soll – und führe zu ,,unerwünschten ökonomischen Nebenwirkungen.”
Netter kann man ein ,,Scheiß auf die Realität, wir wollen weiter Profit machen” nicht ausdrücken.
Nun ja, vielleicht bringt es ja was, Umweltschutzmaßnahmen zu lockern oder mehr Dämme zu bauen oder zu beten. Das sind die bisher mit Abstand am häufigsten propagierten Gegenmaßnahmen gegen die Dürre, die gar keine ist.Ich hatte das hier  schon mal kurz erwähnt.
Ein sehr lesenswerter Bericht findet sich bei National Geographic unter dem Titel “When the snows fail”, den ich nur jedem sehr empfehlen kann. Zumindest diese Jungs stellen direkt am Anfang des Artikels fest, daß es sich eben nicht um eine Dürre handelt, sondern die ganze Sache viel tiefer reicht – im wahrsten Sinn des Wortes. Lesen!

In Frankreich muß die Regierung ihre Wachtumsprognose nach unten korrigieren. Unser westlicher Nachbar wird also auch dieses Jahr und wohl auch im nächsten das 3%-Kriterium aus den Maastricht-Verträgen nicht einhalten können. Tja, bedauerlich. Europa zuckt mit der Schulter und verlängert den Franzosen das europäische Visum, hat man ja bei Deutschland auch immer gemacht in den 90ern. Griechenland ist währenddessen immer noch pleite und sucht inzwischen selbst in russischen Sofaritzen nach Geld. Die Franzosen müssen jetzt aber einen Reformplan vorlegen, uiuiui – ob die demnächst auch eine Troika erdulden müssen?
Und wie heißt die dann eigentlich auf Französisch? Die drei Musketiere?

Der IWF stellt derweil fest, daß irgendwie weltweit das Wachstum in einer Dauerkrise zu stecken scheint. Nachdem man bereits letztes Jahr im November und dieses Jahr im Januar pessimistisch war, ist man es jetzt noch mehr. Selbst mit dem aktuell ja offiziell als niedrig einzustufenden Ölpreis scheint dieses verdammte Wachstum nicht so recht aus dem Quark zu kommen. Was beunruhigend ist, denn eigentlich hatten Kassandra und ich auch mit eben diesem Belebungseffekt gerechnet.
Als Lösung empfiehlt der IWF sinnigerweise…mehr Wachstum.
Ok, eigentlich empfiehlt er nur, ,,Wachstumsbremsen zu lockern.”
Heißt also, statt vielleicht mal auf die Straße zu achten und auf die Bremse zu treten, sollen wir noch mehr Gas geben. Ich begrüße diesen Plan ausdrücklich.

Die Zeit hat einen guten Artikel gebracht, in dem auf drei neue Bücher verwiesen wird, die demnächst erscheinen und die sich mit Dingen jenseits des Wachstums beschäftigen.
Der IWF wird übrigens nächste Woche seinen ,,World Economic Outlook” vorlegen. Ich bin sehr sicher, daß auch hier wieder viel von Wachstum die Rede sein wird.
Kassandra wird sich in den nächsten Wochen mit dieser Thematik auseinandersetzen und dieses seltsame Dingsbums namens Wachstum und Fortschritt mal etwas näher beleuchten.

Kassandra wagt auch hier einfach mal eine Prognose: Das Wachstum wird nicht wiederkehren. Die Versuche, das zu analysieren, werden sich häufen und in vielen Fällen auf der völlig falschen Fährte sein.
Die Stimmen, die irgendwem die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben versuchen, werden lauter werden, schriller und hysterischer. Bald. Sehr bald.

Blick über den Tellerrand

Da ich es im letzten Hauptbeitrag ja gerade davon hatte, mit Finanzsystem und so: In der Schweiz verweigert eine Bank jetzt einem Pensionsfonds die Bargeldauszahlung.
Die Fondsmanager hatten sich überlegt, daß Negativzins ja doof ist und deshalb beschlossen, mal diverse Millionen einfach in die Socke zu packen, also in den Tresor. Die Bank hat das Kundenansinnen geprüft und abgelehnt, so nach dem Motto: ,,Da könnte ja jeder kommen.”
Scheinbar handelt sie dabei auch mit Rückendeckung der Nationalbank, denn die möchte nicht, daß Bargeld in großen Mengen gehortet wird, um dem Negativzins zu entgehen. Hochinteressant!
Das passiert, wenn in einem Geldsystem wie unserem irgendwelche Personen ,,ihr” Geld haben wollen. Eigentlich geht man immer davon aus, daß ein sogenannter Bank Rush von Privatpersonen ausgeht, aber das muß nicht so sein. Sollte Negativzins für Privatpersonen in Deutschland eingeführt werden, werde ich mein Geld notfalls mit der Mistgabel abheben. Da könnte ja sonst jeder kommen.
Vielleicht überziehe ich aber auch mal so richtig fett in den Dispo rein, denn eigentlich müßte mir dann ja meine Bank 12% Zinsen da drauf zahlen. Zumindest nach der Logik von negativen Zinsen.

Im letzten Flame hatte ich mich ja kurz über Herrn Oettinger, dessen geistige Inkapazitäten, Datenschutz im Zeitalter der VDS und digitale Bürgerrechte ausgelassen. Zu Recht, wie sch herausstellt.
Der EU-Rat hat sich vom Prinzip der Datensparsamkeit verabschiedet und schlägt der Kommission im neuen Entwurf zur Datenschutzverordnung vor, daß die ,,legitimen Interessen” von Firmen und Ämtern an Personaldaten vor den Interessen der Personen rangieren sollen. Wobei ,,legitim” natürlich auch Direktmarketing oder so heißt. Alles, was Wirtschaftsinteresse sein könnte, darf also massiv Daten sammeln. Großartig.
Merke: ,,Datenschutz” in Europa heißt also, daß man die Daten davor schützen muß, nicht herausgegeben zu werden.

Wer gerne Plätzchen oder Kuchen backt, sollte sich vielleicht demnächst mit Mandeln eindecken, die könnten bald sehr teuer sein.
Die sogenannte Dürre im Südwesten der USA führt dazu, daß sich die Leute schon gegenseitig Wasser klauen.
Jetzt besteht dieser Teil der USA aber nun mal auch aus Kalifornien und damit aus dem Central Valley. Von hier kommt der Löwenanteil an Obst und Gemüse für den US-Markt. Und außerdem 80% aller Mandeln weltweit.
Die Kommunalbehörden wollen jetzt Bußgelder erhöhen. Es gibt übrigens seit Jahren im Großraum L.A. Maßnahmen, die Hausbesitzer belohnen, die ihren grünen Golfrasen durch einen Steingarten ersetzen und solche Dinge.
Ach ja, ich formuliere deswegen ,,sogenannte Dürre”, weil der Südwesten der USA schon immer aus Wüste und Halbwüste bestand.
Das ist keine Dürre, diese Region kehrt nach einem wohl ungewöhnlich feuchten Jahrhundert zu ihrem Normalzustand zurück. Die exzessive Übernutzung von Grundwasser – einer fossilen Ressource in diesem Fall – für Agrarzwecke hilft dabei natürlich auch enorm.
Warum denkt eigentlich beim Thema ,,Völkerwanderung durch Klimaeffekte” in den USA nie einer an die Bürger des eigenen Landes?

Blick über den Tellerrand

In Griechenland heben die Bewohner mehr und mehr Geld von ihren Konten ab, weil sie da wohl gewisse Befürchtungen hegen.
Das machen sie eigentlich schon bereits seit November, aber langsam wird das wohl unangenehm. Kein Bank Run, mehr so ein Bank Drain.

In Brasilien sind die Sorgen von derzeit 77 Millionen Menschen wesentlich handfester: Das Wasser wird knapp!
Sehr knapp. Dabei ist der Amazonas der wasserreichste Fluß unseres Planeten. Vermutungen, daß diese Misere etwas mit der Abholzung des Regenwaldes zu tun haben könnte, sind natürlich von miesen Ökoterroristen in Umlauf gesetzt worden. Sagt zumindest die Regierung.