Was für eine Woche liegt hinter uns. Horden von Menschen zogen mit brennenden Fackeln durch die Berliner Innenstadt und brannten den Reichstag nieder. Verzweifelte Omas, Rentner und Arbeitslose überfielen Supermärkte und Apotheken, um Essen und Medizin zu ergattern. In Hamburg, München, Berlin und Düsseldorf lieferten sich faschistische Ordnungskräfte, die sogenannten „Blauen Alternativen“, Straßenschlachten mit linken Ultrakommunisten, den „Wagenknechts“.
Hunderte von Toten sind zu beklagen, die Bundeswehr ist ausgerückt, um wichtige Schaltzentralen des Lebens zu beschützen. Der Bundespräsident hat den Notstand ausgerufen. Es ist furchtbar.
Eventuell war das aber auch nur mein Eindruck beim regelmäßigen Lesen deutscher Presseerzeugnisse. Landauf, landab hatten die FAZ, die ZEIT, die Süddeutsche, die WAZ und die Erbsenpistole der Demokratie nichts anderes zu tun, als den Untergang des Abendlandes heraufzubeschwören. Um nur ein paar Beispiele zu nennen. Von medialer Berieselung durch mit Sondersteuern subventionierte Staatssender reden wir da mal gar nicht. Gut, jetzt war das untergehende Abendland offensichtlich auf Deutschland beschränkt.
Und eigentlich ging es auch nicht unter, sondern im Keller des Hauses hatte jemand den Putzeimer umgestoßen. Den halb leeren Putzeimer. Mit noch sauberem Wasser.
Ganz genau genommen war am letzten Sonntag das erste Mal in der deutschen Geschichte seit Anno Tukmich – also in diesem Falle 1949 – eine gewünschte Koalitionsbildung nach einer Wahl nicht zustandegekommen. Dieses Jamaika-Ding, Jüngere werden sich erinnern.
Daraufhin fiel in Deutschland kein Sack Reis um, noch nicht einmal leichtes Wackeln der Behältnisse wurde aus dem nationalen Beobachtungszentrum für Reisverpackungen gemeldet.
Ich weiß wirklich nicht, was sich deutsche Nachrichtenredaktionen in ihren Kaffee schütten. Aber es sei der Hinweis gestattet, daß nicht jedes weiße, kristallin wirkende Pulver auch tatsächlich Zucker ist. Außerdem trinkt man Kaffee nicht mit der Nase.
Zuerst wurde also etwa 48 Stunden lang ein Schuldiger für den Abbruch der Sondierungsverhandlungen gesucht. Der war naturgemäß schnell gefunden, denn es war die FDP, die die Brocken hinwarf und am Sonntagabend verkündete, das Rumstochern im Nebel habe keinen Sinn mehr. Also war sie natürlich auch schuld.
Zweiköpfige Ziegen, Schnupfen, Migräne bei Claudia Roth – alles war Schuld der FDP. Zum Glück verstarb AC/DC-Gitarrist Malcom Young schon vor der Ansage der Lindner-Partei, nicht mit Frau Merkel koalieren zu wollen. Ansonsten wäre das auch noch ihre Schuld gewesen.
Aber die Tatsache, daß Dortmund, dieser Haufen überbezahlter Vollflaschen, nicht in der Lage war, im eigenen Stadion ein Revierderby zu gewinnen, in dem die Mannschaft schon mit vier Toren in Front lag, das ist mit Sicherheit die schuld der Lindner-Partei. Immerhin spielen die in schwarz-gelb und der Gegner in weiß-blau, wenn das kein schlagender – oder in diesem Falle, tretender – Beweis ist, weiß ich aber auch nicht.
Nachdem also erwartungsgemäß dem ersten, der sich in diesem gruseligen Mikadospiel, bei dem andere die Zukunft des Landes gnadenlos verzockt hätten, bewegt hatte, auch der Schwarze Peter zugeschoben worden war, ging es direkt weiter.
Nur etwa drei Sekunden, nachdem das Scheitern der Gespräche durch die Presse eilgemeldet wurde, als sei soeben der amerikanische Präsident erschossen worden, stand ein Horst Seehofer auf einer Pressekonferenz und sagte, das sei völlig ungehörig, was die FDP da abziehe, man habe ganz knapp vor einer Einigung gestanden. Ähnliches war von Katrin Göring-Eckardt zu vernehmen, im weiteren aufgrund ihres Namens mit der gerne verwendeten Abkürzung KGE bedacht.
Auch die Mitverhandlerin der Grünen und GrünInnen ließ verlauten, man sei quasi nur wenige Minuten vor einer unfaßbar bejubelungsfähigen Wunderkoalition von den miesen Liberalen per Dolchstoß erlegt worden.
Erstmals verspürte ich den starken Drang, den Kopf auf die Tischplatte zu schlagen. Und zwar den von Horst Seehofer und KGE. Auf jede Tischplatte in Reichweite.
Dieselben Leute, von denen wochenlang nichts zu lesen war außer der Tatsache, daß sie sich gegenseitig anstinken in Sondierungsverhandlungen, behaupteten ernsthaft, man sei kurz davor gewesen, sich zu einigen.
Worauf genau oder in welchen der 237 Punkte in eckigen Klammern, die man noch nicht wirklich geklärt hatte, das wurde uns nicht verraten. Aber die Einigung auf alles war zum Greifen nahe, bestimmt.
Herr Lindner sah das im Namen seiner Partei ein bißchen anders, was wohl in der Natur der Sache liegt. Die angesprochenen 237 Punkte entstammen seiner Pressekonferenz. Witzigerweise bezeichnete der fesche Hipster-Politstar dann 80 davon als „wichtig“.
Ich weiß nicht genau, welche Punkte das waren, bin aber Profania, der Göttin des Abschaums und der Politik, zutiefst dankbar dafür, daß die neoliberalistische Scheiße, die zweifellos Inhalt dieser Punkte war, an unserem Land und seiner Gesellschaft vorübergegangen sind.
Denn natürlich hat die FDP die Gespräche nicht abgebrochen, weil irgend etwas an den Inhalten falsch gewesen wäre. Inhalte gab es ja ganz offensichtlich noch gar nicht. Die zum Greifen nahe Einigung bestand bis dahin nur aus gedroschenen Phrasen, serviert an nichtsagenden Worthülsen, garantiert vegan. Politikmenü vom Feinsten eben.
Die Schere zwischen Arm und Reich weiter vergrößern oder Staatsbürgern die Wahl darüber lassen, ob sie von ihren reichhaltigen Renten jetzt im Winter Essen wollen oder die Wohnung heizen – solche Dinge sind ja für die angeblich Liberalen kein Thema. Das gehört im Gegenteil ganz zu ihrer Kernkompetenz.
Die völlige Auslassung sozial wichtiger Themen bei diesen Sondierungsgesprächen kann also nicht der Grund für ihr Scheitern gewesen sein. Korrekterweise wurde das auch von keiner der beteiligten Parteien angeführt.
Ich konstatiere, daß dieser verachtenswerte Haufen aus CSU, CDU, FDP und Grünen in knapp fünf Verhandlungswochen sämtliche Themen nicht angesprochen hat, die für einen guten Teil der deutschen Bevölkerung zunehmend wichtig werden, respektive bereits sind. Der alternden deutschen Bevölkerung.
Die noch eher junge deutsche Bevölkerung hatte Lindner ja bereits mit seiner wunderbaren Digitalkompetenz und „Digital first. Bedenken second.“-Plakaten betört.
Die Kraft des Freien Marktes, demonstriert am Beispiel digitaler Sicherheit. Ein Hohelied auf die allumfassende Weisheit der angeblichen FDP
Im September, kurz vor der Wahl, wurde bekannt, daß die amerikanische Firma Equifax einen bedauerlichen Unfall erlitten hat. Dem Laden sind etwa 143 Millionen Datensätze abhanden gekommen. Anders gesagt: Das Zeug wurde einfach mal kurz geklaut, weil es wieder auf irgendeinem Hinterhofserver rumlag, der vom 103-jährigen Hausmeister bewacht wurde. Irgendwer hat also die Kreditkartendaten der halben US-Bevölkerung mitgenommen. Weil es halt grad ging.
Die Berichterstattung deutscher Medien hielt sich in Grenzen, auch die der amerikanischen beschränkte sich meist auf satirisch anmutendes Achselzucken nach dem Motto „Kannste nix machen.“ Vermutlich, weil weder die Russen noch der Bundestag in diesen Vorfällen dabei waren. In Fachkreisen nennt man dieses Phänomen seit der herausragenden Rede von Agentin M. im letzten Jahr einen „Datenreichtum“.
Denn die Überwachungskanzlerin aller Deutschen hatte extra betont, daß man noch viel mehr Daten sammeln müsse, um die gefährlichen Tendenzen dieser Welt zu bekämpfen.
Wie beispielsweise selbständige Denkvorgänge bei Wählern oder wissenschaftliche Forschungsergebnisse, die nach dem Open-Data-Prinzip veröffentlicht werden müssen, sollten sie staatlich gefördert worden sein. Übrigens auch ein Punkt, den ich im ganzen Geschwätz der angeblich digitalkompetenten FDP nirgendwo finden konnte.
Der Kanzlerin also dürfte der Zwischenfall bei Equifax gefallen haben. Denn der Geschäftszweck der Firma ist es, sogenanntes „Scoring“ zu betreiben. Man sammelt also alles mögliche an Daten ein – wer wo wohnt, wo er hingeht, was er wie bezahlt, wie das Umfeld im Wohngebiet aussieht, welchen Job er hat etc. – und strickt daraus einen Punktwert, der eine Kreditwürdigkeit rechtfertigen soll.
Das wiederum nennt man „Data Mining“ und das mit dem „Mining“ ist durchaus ernstzunehmen. Daten sind heutzutage nicht nur Waffen, sie sind auch bares Geld. Außer für den Endkunden, der muß bares Geld bezahlen, damit andere ihm die Daten klauen und sich damit nicht nur goldene, sondern platinierte Nasen verdienen.
Es ist sicherlich auch Zufall, daß dieser Laden immer dagegen lobbyiert hat, den Betroffenen Kunden bei Datenreichtum eine Entschädigung zu zahlen. Oder das diverse Vorstände erst noch Aktien verkauften, bevor man die peinliche Panne im Kleingedruckten der Apothekerzeitung veröffentlichte.
Inzwischen gehen die Datenklauer mit ihrer Beute auch kräftig hausieren. Denn wenn jemand sämtliche Daten abgreift, die es mir ermöglichen könnten, eine Hypothek für ein Haus zu beantragen – nun, dann besteht die nicht ganz geringe Wahrscheinlichkeit, daß er das auch tut. Die Rechnung dafür kriege natürlich ich. Schließlich habe ich das ja auch beantragt.
Aber warum sollte man solchen Kunden Schadensersatz zahlen müssen? Das ist ja alles nur so virtuelles Digitalgewusel, welcher Schaden kann da schon entstehen?
Wer schon mal den Sklaven-Fahrdienst Uber benutzt hat: Denen sind auch gerade ein paar Dinge abhanden gekommen. In diesem Falle die Daten von gut 57 Millionen Fahrern und Kunden. Glücklicherweise hat Uber sofort darüber informiert – und zwar potentielle Investoren, nicht etwa die betroffenen Kunden.
Das RNC, das ist das Wahlkomitee der Republikaner in den USA, hatte während des Wahlkampfes im letzten Jahr einen Dienstleister beauftragt, Daten über Wähler zusammenzutragen. Das hätte der FDP gefallen, denn schließlich wird hier eine staatliche oder parteiliche Aufgabe an eine private Firma übertragen.
Und tatsächlich erzielte der freie, ungehemmte Markt ein prima Ergebnis: 198 Millionen Datensätze sind geklaut worden.
Nicht etwa, weil diese schlecht gesichert waren. Nein, die Daten wurden geklaut, weil der Privatladen Server angemietet hatte, denn selber welche aufstellen ist ja zu aufwendig. In diesem Falle waren es Server von – Amazon. Ja, Amazon. Denn der ehemalige Buchhändler ist aktuell der meines Wissens drittgrößte Anbieter von Speicherplatz im Internet.
Die Partei lagerte also die Datensammlung an die Privatfirma aus, die daraufhin die Speicherung der Daten an eine Privatfirma auslagerte. Eine phantastische Lösung des Problems, die Wirtschaft wächst statistisch wunderbar und alle haben die perfekte und kostengünstigste Lösung.
Außer den Wählern, deren Daten jetzt weg sind. Aber wen interessiert das schon, die Wahlen sind ja vorbei. Wobei die Daten seltsamerweise noch immer vorhanden waren, denn sie kamen erst im Sommer dieses Jahres abhanden. Wofür die Republikanische Partei die wohl verwenden wollte?
Doch alles hat seine zwei Seiten. Auch bereits im letzten Jahr wurden auf den Servern der New York University einige Dokumente gefunden, die sicherlich sehr interessant waren. Nämlich die Dokumentation zu einem Programm, das wiederum die NSA einsetzt, um Krypto zu brechen, wie man das im Fachjargon nennt. Anders gesagt – irgendwer hat die größte Stasi-Organisation der Welt beklaut, weil die ihre Bedienungsanleitung für ihre digitalen Nußknacker ungesichert hat rumliegen lassen, mit denen sie sämtliche Verschlüsselungen brechen wollen, die es dreisterweise so gibt.
Passenderweise hat vor einigen Monaten auch irgend jemand der NSA einen ganzen Haufen Daten geklaut, die halt so rumlagen und die eben von diesen faschistischen Überwachungsparanoikern im gesamten Internet gesammelt worden sind.
Liebe Kinder, falls ihr schon im wahlfähigen Alter seid, begeisterte und gedankenlose Nutzer digitalen Rumgewedels mit dem Smartphone, Bargeld für Unsinn haltet, Datenschutz für eine Behinderung der wohlwollenden Kräfte des Freien Marktes, und bei eventuellen Neuwahlen den feschen Herrn Lindner wählen möchtet: Überlegt euch das noch einmal. Und zwar gründlich. Es sei denn, ihr studiert irgendwas mit Wirtschaft. Dann seid ihr vom Überlegen befreit.
Nach dieser quasi mythenmetzschen Abschweifung habe ich mich wieder weit genug abgeregt, um zu den Grünen zu kommen. Die Grünen waren bereits fleißig dabei, alle ihre Prinzipien gnadenlos zu schlachten. Sofern man etwas, das in Wahlprogrammen steht, heute noch als Prinzip bezeichnen kann. Aber dann kam eben Herr Lindner, oder besser, er ging, und Jamaika platzte.
Interessanterweise kamen nur zwei Tage, nachdem KGE und Cem Özdemir behauptet hatten, die Einigung sei so nah gewesen, deutlich andere Aussagen zu Gehör. Auch die Grünen wollten die Brocken durchaus hinwerfen und das mehr als einmal.
Die Grünlinge feierten sich auf ihrem Parteitag ernsthaft trotz allem als „letzte handlungsfähige linke Partei Deutschlands“.
Vermutlich deshalb wurde eine beantragte kritische Passage nicht in den Leitantrag des Bundesvorstands aufgenommen. Dieser Zusatz hätte beinhaltet, daß in vielen Themenbereichen die Differenzen so eklatant waren, dass der „größtmögliche Erfolg mit der CDU/CSU und der FDP bestenfalls beim Erhalt des Status Quo gelegen hätte.“ Was wiederum exakt das ist, was ich letzte Woche schrieb. Hallelujah.
Aber da war es schon längst zu spät.
Deutschlands Leitmedien verkündeten jeden Tag in drei Artikeln, daß Europa in Brand steht, weil es in Berlin keine Regierungsbildung gab. Als würde die Bürokratenbande in Brüssel den Kontinent nicht auch ohne deutsche Hilfe abfackeln können.
Und so wurde der zweite Schuldige sehr bald ausgemacht: Die ehemalige SPD.
„Nanu“, könnte man sich jetzt verwundert fragen, „die waren doch gar nicht dabei bei diesen Gesprächen?“
Das stimmt. Exakt das wurde dieser Partei zum Vorwurf gemacht.
Wie kann es eine Partei wagen, die Kanzlerin nicht huldvoll um Koalitionsgespräche anzugehen, nachdem doch die Union und die ehemalige SPD zusammen gerade einmal vierzehn Prozent der Stimmen verloren haben bei der Wahl?
Kaum war die FDP abgefrühstückt, begannen deutsche Redaktionen auf die SPD einzuschreiben, sie müsse jetzt sofort ihr kategorisches Nein zu einer weiteren Großen Koalition zurücknehmen, weil sonst…ja…so genau konnte das auch mir niemand sagen, aber irgendwas total Furchtbares wäre dann bestimmt passiert. Irgendwann. Irgendwo. Und das wäre dann mit Sicherheit sowas von Schuld der SPD gewesen.
Deutschland hatte sich in Weimar verwandelt. Unregierbarkeit lag in der von Halluzinogenen geschwängerten Luft deutscher Zeitungsredaktionen. Ein Geschichtsprofessor aus Mannheim entblödete sich nicht, ernsthaft diesen Vergleich zu ziehen, in einem Medium wie der ZEIT.
Jetzt sind Gastbeiträge ja nichts Schlimmes, sondern sogar durchaus eine recht wünschenswerte Sache. Aber wie kann man als Professor für Geschichte auf die Idee kommen, daß hier in Deutschland bereits Weimarer Verhältnisse herrschen?
Denn Weimar, wir erinnern uns kurz, war von Dingen geprägt, die ich eingangs beschrieben habe. Straßenkämpfe. Notstandsverordnungen. Solche Dinge.
Exakt Null dieser Vorgänge sind seit dem Abbruch der Sondierungen hier im Land registriert worden.
Selbst die Rechten von Pegida oder der Identitären Bewegung haben es hundertprozentig vermieden, mit Fackelmärschen von hunderttausend Beteiligten den Sturz der Republik zu feiern oder bewirken zu wollen. Haben die nicht gemacht. Vielleicht waren die Fackeln ausverkauft, weil die unter Hyperinflation leidenden Omas vorher Einkaufen waren. Ich weiß es nicht.
Was ich weiß, ist aber, daß ich seit der Krim-Nummer keine „Berichterstattung“ deutscher Medien erlebt habe, die derartig auf ein einziges Ziel ausgerichtet war. Nämlich das Herbeischreiben einer plötzlich absolut notwendigen weiteren Großen Koalition. Denn Neuwahlen – auch hier waren sich alle im Chor einig – wären der Tod der Demokratie. Man könne ja nicht so lange wählen lassen, bis das Ergebnis paßt, hieß es immer wieder.
Ich habe mich schon immer gefragt, was das denn bitte für ein Argument sein soll. Ich persönlich habe bisher bei Wahlen immer verloren. Es gab nie das Ergebnis, das mir persönlich gepaßt hätte. Wenn es also danach ginge, müßten wir eigentlich immer noch Wahlen aus den Neunzigern nachholen und Frau Merkel wäre niemals Kanzlerin geworden.
Die einzigen, denen Neuwahlen nicht passen, sind die Damen und Herren von der Union. Denn die verliert in allen aktuellen Umfragen weiter an Boden. Ebenso die SPD. Sollte diese Tendenz anhalten, dann wäre eine „Große“ Koalition nach Neuwahlen nicht mehr möglich. Aber warum wäre das schlecht für die Demokratie?
Noch im Mai des Jahres sagte ein Volker Kauder, daß derartige Koalitionen eine Ausnahme sein sollten in einer Demokratie. Er sagte auch, man müsse damit in Deutschland jetzt dringend aufhören, mit den Sozis könne man ohnehin nicht arbeiten.
Volker Kauder, so sei hier vermerkt, ist der Mann, den ich persönlich mit Abstand für den undemokratischsten Enddarmbewohner-Prototypen halte, den man sich in einem Parlament überhaupt denken kann. Dieser elende Rüstungslobbyist und Parteisoldat ohne Prinzipien sagt niemals etwas, das von der Kanzlerin nicht vorher aufgeschrieben und abgestempelt worden ist, da kann man sich recht sicher sein.
Eben diese Kanzlerin hatte die ehemalige SPD noch kurz vor den Wahlen als „auf absehbare Zeit regierungsunfähig“ bezeichnet.
Übrigens etwas, bei dem ihr Herr Schulz direkt zugestimmt hat. Am Wahlabend nämlich, als er den Rückzug der Partei in die Opposition verkündete und sagte, die Große Koalition sei abgewählt worden.
Ich halte nicht das Geringste vom immer wieder gern in Kommentaren auftauchenden „Wählerwillen“, halte diese Interpretation des Wahlergebnisses jedoch eindeutig für korrekt. Der Wählerwille wird übrigens besonders vehement von Anhängern der Union angeführt. Aber seltsamerweise auch erst seit einer Woche.
Erinnert sich noch jemand daran, daß bis letzten Sonntag Jamaika die „einzig denkbare und vernünftige Lösung“ gewesen ist im Pressetenor?
Seit Dienstag ist es plötzlich die Große Koalition. Die Einladung des Bundespräsidenten an die Führungsspitzen der Parteien wurde allenthalben bejubelt.
Prompt tauchten Meldungen von SPD-Mitgliedern auf, die der Meinung waren, man sollte jetzt unbedingt koalieren.
Witzigerweise gehören alle diese Leute zum „rechten Flügel“ der SPD, dem sogenannten Seeheimer Kreis. Man könnte sie auch als die Arschlöcher bezeichnen, die maßgeblich an der Entrechtung einer ganzen Bevölkerungsgruppe beteiligt waren, als sie Hartz IV in Gesetze gegossen haben. Exakt diese Bande neoliberaler Schlipsträger, die zum Niedergang der SPD massiv beigetragen haben mit ihrer Wannsee-Konnferenz für den Sozialstaat, wollen also die Partei in noch einer Koalition endgültig verwursten. Wenn diese Leute wenigstens so ehrlich wären, zur CDU oder AfD überzulaufen, wo sie eben hingehören – der ehemaligen SPD ginge es heute besser.
Der Bundespräsident, bei dem Herr Schulz vorsprechen mußte, gehört übrigens ebenfalls zu denen, die bei Hartz IV dabei waren. Völlig überraschend zeigte sich der Parteichef dann auch nach den präsidialen Gesprächen zu der Verkündung gezwungen, man sei natürlich durchaus „gesprächsbereit“, was die Regierungsbildung angehe. Allerdings zog Martin Schulz sofort die Reißleine und kündigte an, die Basis zu befragen, was denn eine Große Koalition angeht.
Außerdem sagte er seitdem mehrfach, daß er gar keine solche Koalition wolle. Was deutsche Medien nicht daran hindert, exakt diese Worte in jeder dritten Schlagzeile zu benutzen seit Donnerstag.
Jeder weiß, daß die Sache damit erledigt ist. Denn das gab es auch 2013 schon. Wochenlang regte sich die Presselandschaft darüber auf, daß es eine Unverschämtheit sei, ein ganzes Land auf die Entscheidung von ein paar hunderttausend Parteimitgliedern warten zu lassen. Furchtbar undemokratische Sache, so etwas.
Die ehemalige SPD, damals noch unter Sigmar dem Dicken regiert, räumte dieses Problem souverän zur Seite. Man entsandte schließlich zweihundert Menschen aus Kreisverbänden und anderen Organisationsebenen zu einem Parteikonvent, der völlig überraschend für eine Große Koalition stimmte.
Und exakt so wird es auch diesmal ablaufen. Während die JuSos klar ansagen, was sie von einer weiteren Koalition des Todes halten – nämlich nichts – arbeitet der Parteivorstand fleißig darauf hin, eben diese unselige Verbindung zu reanimieren.
Frau Bundeskanzlerin (geschäftsführend) verkündet schon mal, daß man immer so toll zusammengearbeitet habe. Schriller kann Sirenengesang eigentlich kaum sein.
Sogar die Junge Union, also das schwarze Gegenstück zu den JuSos, setzt bereits eine Frist für Koalitionsbildungen, die eigentlich noch völlig fiktiv sind.
Besonders auffallend am hysterischen Gegeifer der Medien ist für mich, daß irgendwie niemand der Partei Fragen stellt, die im September die meisten Stimmen erhalten hat. Nämlich die CDU.
Der SPD wird Staatsversagen vorgeworfen, weil sie sich – zumindest im Moment noch – weigert, der Kanzlerin erneut auf den verwaisten Thron zu verhelfen.
Aber nirgendwo steht im Grundgesetz, daß ein Kanzler die absolute Mehrheit der Stimmen haben muß. Ganz im Gegenteil, da steht sogar drin, was passiert, wenn das eben nicht der Fall ist.
Das ist – im Gegensatz zu extrem peinlichen Artikeln von Mannheimer Professoren – die Lehre, die Deutschland aus Weimar gezogen hat. In der Weimarer Republik konnte nämlich niemand Kanzler werden, der dem Präsidenten nicht paßte. Außerdem konnte der jederzeit das Parlament auflösen.
Unser Präsident kann das nicht tun, er muß es tun, wenn die Konstellation des Artikels 63 IV GG eintritt. Was ein Präsident tun kann, ist, den nur mit einfacher Mehrheit gewählten Kanzler zu ernennen. Oder eben auch nicht. Ohne eine vorherige Kanzlerwahl also keine Auflösung.
Frank-Walter Steinmeier, der ehemalige Kanzleramtsminister, Hartz IV-Mitverursacher und Guantanamo-Unterstützer, könnte einfach dem Bundestag einen Kandidaten zur Wahl vorschlagen. Das wäre dann wohl Frau Merkel. So steht es im ersten Absatz des oben erwähnten Artikels. Der Bundespräsident hat hier quasi eine aktive politische Gestaltungspflicht. Er muß sogar irgendwann vorschlagen. Es ist hierfür vollkommen unerheblich, ob eine geschäftsführend verlängerte Kanzlerin das will oder nicht. Der Präsident kann Frau Merkel zu einer Minderheitsregierung zwingen, indem er sie einfach nach einer Wahl ernennt.
Die hätte die relative Mehrheit der Stimmen sicher, denn ihre Partei stellt die größte Fraktion. Wie ein Wunder kommt hierzu die Tatsache, daß es komischerweise keine Palastrevolution in der CDU gegen die alles überstrahlende Parteichefin gibt. Wie das nur sein kann?
Wer die ehemalige SPD für eine Partei mit desolater Personallage hält, der muß für Angela Merkels CDU echt neue Adjektive entwickeln. Ich arbeite daran und gebe Bescheid, wenn ich soweit bin.
Auf jeden Fall liegt der Ball entweder in Schloss Bellevue oder im Kanzleramt, keinesfalls jedoch bei der SPD, wie es die Rede eines Martin Schulz auf dem JuSo-Kongreß vermuten ließe.
Ein besonders schönes Beispiel für manipulative Berichterstattung ex cathedra ist der Artikel der Süddeutschen zum Bundeskongreß der JuSos.
Schon die gesamte Wortwahl läßt keinen Zweifel daran, daß der Schreiberling die jüngeren Mitglieder der SPD natürlich für Hippies und Störenfriede hält, was angesichts der verzweifelten Regierungskrise, in der sich unser Land befindet, völlig unverantwortlich ist. Aber die Bengel haben eben keine Ahnng, was Staatsraison erfordert.
Im selben Text verlinkt findet sich dann der ebenso unsägliche Kommentar eines weiteren Papageis, der ganz klar zum Ausdruck bringt, daß die SPD selbstverständlich nicht umfällt, wenn sie jetzt groß koaliert. Nein, das wäre nur vernünftig und im Rahmen der staatstragenden Bedeutung der Partei auch vollkommen angemessen. Geradezu jovial wird der Partei auf die Schulter geklopft und davon geschrieben, wie wunderschön doch jetzt die Gelegenheit zum Handeln sei. Das Problem ist dabei nur, daß die SPD eben nichts zu handeln haben wird, sollte sie koalieren.
An unterschwelliger Gruseligkeit übertroffen wird die SZ derzeit nur von der FAZ, allen voran natürlich meinem Lieblingskommentator Jasper von Altenbockum, der jede Meinung vertritt, wenn sie nur in absurder Ignoranz der Fakten der neoliberalistischen Ökonomie möglichst weit in den Allerwertesten kriecht. Wenn Frank Schirrmacher noch lesen könnte, was dieser Kerl in seine Zeitung sudelt, er würde ihn mit einem Blitz beim Kacken erschlagen wollen.
Urplötzlich ist die regierungsunfähige SPD die einzig wahre Koalitionspartei und muß aus Gründen der Staatsraison die alte Kanzlerin zur neuen krönen. Erbärmlichste Propaganda ist der neue Standard des deutschen Politjournalismus
Seit einer Woche wird überall ins Horn gestoßen und die furzenden Mißtöne, die deutscher Politjournalismus dabei erzeugt, laufen zum größten Teil darauf hinaus, daß die ehemalige SPD unbedingt koalieren muß. Weil ja sonst die Welt untergeht. Dabei wäre das einzige, was dann untergeht, die Ära Merkel. Wobei das auch eine Große Koalition nicht länger verhindern kann. Aber in gutem deutschen Politikstil klammert sich die sterbende Hand der Regierungschefin an die Insignien der Macht. Schon Helmut Kohl gelang es nicht, einen würdevollen Abgang von der Bühne zu gestalten. Der Leidtragende ist in diesem Falle immer das Land.
Angela Merkel könnte tatsächlich einmal in ihrem verpfuschten politischen Leben Größe zeigen. Indem sie entweder ihren Hut nimmt und Platz macht für jemand anderen. Allein die ausbrechende Schlammschlacht in der CDU würde deutsche Journalisten sicherlich eine Weile beschäftigen können, vom Spaßfaktor meinerseits ganz zu schweigen.
Oder Angela Merkel stellte sich hin und erklärte sich bereit, eine Minderheitsregierung anzuführen. Beispielsweise eine schwarz-grüne. Es wäre ein Novum deutscher Politik. Aber mit einer Tolerierung durch die SPD sehr wohl machbar. Man müßte nur wollen. Aber das will die Herrscherin aller Deutschen nicht. Frau Merkel möchte vor allem Kanzlerin bleiben und weiter von Politik nicht belästigt werden. Das wäre in einer Minderheitsregierung nicht möglich.
Angela Merkel ist demokratisch zu unerfahren und persönlich zu feige, um diesen Schritt auch nur in Erwägung zu ziehen. Dann würde sie vielleicht schon mal mit den Grünen verhandeln, denn eine Minderheitsregierung nur mit der CxU ist illusorisch. Die Grünen wären zu solchen Gesprächen wohl auch durchaus bereit. Auf dem Bundesparteitag, der bei erfolgreicher Jamaika- Sondierung wohl deutlich kontroverser abgelaufen wäre, als er das jetzt tat, sprach man sich dafür aus.
Aber Frau Merkel verhandelt nicht in diese Richtung. Abgelehnt hat die Kanzlerin die Möglichkeit der Minderheitsregierung aber schon mehrfach.
Seltsamerweise habe ich in keinem Artikel bisher vom Staatsversagen der CDU gelesen. Oder der unkonstruktiven Haltung der Kanzlerin. Oder überhaupt der Tatsache, daß die Partei, die ganz eindeutig vom „Wählerwillen“ einen Auftrag zur Regierungsbildung erhalten hat, so gut wie nichts dafür unternimmt. Aber die SPD, die soll jetzt mal ganz schnell zu Potte kommen, diese Blockadesozis!
Das einzige, was die CDU seit drei Tagen hinbekommt, ist, sich urplötzlich in die Gegenrichtung zu drehen, was eine Große Koaliton angeht.
Da tritt Volker Kauder mit gekämmten Wolfsfell nach vorn, den Kreidestaub noch an der Schnauze, und gibt Sätze von sich wie
„Ich würde mich freuen, wenn sich die bisherigen Partner in der Bundesregierung wieder zusammenfänden.“
Wenn dieser Mann sich über etwas freut, dann kann es nicht gut für das Land sein, meine Damen und Herren.
Der Grandseigneur der Süddeutschen, Heribert Prantl, kommentiert aktuell, warum die SPD eine weitere Große Koalition nicht fürchten muß.
Grundtenor hier ist, daß Frau Merkel eben so sehr auf die Steigbügelhalter angewiesen ist, daß diese in eventuellen Verhandlungen ja ganz sicherlich viele tolle Forderungen durchsetzen könnten. Auch erklärt er das drohende Kabinett Merkel IV bereits zur Gewißheit und zur Übergangsregierung.
Eine typisch deutsche Haltung spricht aus diesen Worten. Das Gerede von Kanzlerin Merkel von Atomenergie als „Brückentechnologie“ fällt mir ein. Brücken brauchen ein Fundament. Außerdem müssen sie irgendwo hinführen.
Was Prantl geflissentlich übersieht, ist die Tatsache, daß Steigbügelhalter, Kronenpolierer und Schleppenträger eben nur bei der Krönungszeremonie gebraucht werden. Danach sinkt ihre Nützlichkeit abrupt wieder auf Nullwerte.
Selbst wenn eine Große Koalition irgend etwas hinbekäme, das sich als politischer Erfolg verkaufen ließe, wäre es absurd zu vermuten, daß Kanzlerin Angela die Alternativlose sich das nicht sofort auf die eigene Fahne schreiben würde.
Denn exakt das hat die CDU unter Merkel mit allem getan, was ihr zum Machterhalt nützt. Das im Brustton der Überzeugung vorgetragene Pseudoargument Prantls, daß „Merkels Mühlen nicht mehr mahlen“, kann man getrost als propgandistischen Wunschtraum abtun. Der Skorpion sticht immer, das liegt in seiner Natur.
Ganz klar ersichtlich wird das schon dadurch, daß Frau Kanzlerin bereits Leitlinien festgelegt hat für eine weitere Koaliton. Kaum sieht es so aus, als würde es eine geben, diktiert Frau Merkel der ehemaligen SPD also bereits Bedingungen.
Noch während Martin Schulz verzweifelt darauf hinweist, daß ja Gespräche noch keine Koalition bedeuten, ballert die Presse einen Artikel nach dem anderen zu eben diesem Thema raus. Für Deutschlands Medien ist die nächste Elefantenhochzeit bereits beschlossene Sache. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf.
Ich weise darauf hin, daß „politisch erfolgreich“ nicht einmal bedeutet „im Sinne der Mehrheit der Arbeitnehmer, die 2.000 Euro brutto und weniger verdienen“.
Ich bin eher der Bürohengst, aber wenigstens habe ich in meinem Leben nie vergessen, den Müllmann zu grüßen und die Krankenschwester gedanklich zu ehren. Ebensowenig die Typen, die in Kanäle hinabsteigen, morgens um drei mit dem Schneepflug rausfahren oder bei vierzig Grad die Autobahn reparieren, indem sie vierhundert Grad heißen Teer in Löcher füllen. Denn auf den Schultern dieser Leute ruht die echte Arbeit, die in diesem Land verrichtet wird. Knochenarbeit.
Trotz Abitur, Ausbildung und akademischem Badezusatz weiß ich sehr wohl, wessen Arbeit dieses Land wirklich zusammenhält und es DAX30-Konzernen ermöglicht, an den Börsen von einer illusorischen Jubelarie in die nächste zu verfallen.
Wie kann man nur eine Sekunde auf die Idee kommen, eine auf 20 Prozent abgehalfterte ehemalige SPD würde jetzt mehr Druck ausüben können oder an längeren Hebeln sitzen als vor vier Jahren?
Damals hat diese elendige Verräterpartei die beste Gelegenheit verpaßt, exakt das zu tun, was jetzt zum Überleben zwingend notwendig ist: Opposition zu machen.
Eine Rot-Rot-Grüne Koalition hatte man damals ja leichtfertig ausgeschlossen.
Mittels Oppositionswahl hätte man dieses Versprechen aber halten können und trotzdem massiven Einfluß auf den Kurs des Landes nehmen. Die Partei hätte die personelle und programmatische Neuaufstellung durchführen können, die ein Herr Schulz jetzt als vordringliche Aufgabe identifiziert hat.
Gleichzeitig hätte man mit der vorhandenen Mehrheit gegen die Union sogar eigene Projekte verwirklichen können. Dazu wiederum wäre es nötig gewesen, ausführlich mit der Linkspartei und den Grünen zu konferieren und dabei vorhandene Gräben zu verorten und zuzuschütten, die zwischen der ehemals linken SPD und den desertierten Genossen in der Linkspartei reichlich vorhanden sind.
Eben die „Einigung der sozialen Kräfte“ von der ein Herr Schulz etwas erzählt hat in den letzten Tagen, hätte man längst in Angriff nehmen können und – meiner Meinung nach – auch müssen. Und solchermaßen gestärkt hätte man in den Bundestagswahlkampf 2017 gehen können, womöglich sogar mit einer klaren Aussage für etwas. Nämlich eine Mitte-Links-Koalition.
Stattdessen sind alle nur gegen etwas. Die SPD gegen die Linke und gegen Große Koalitionen. Die CSU gegen die Grünen. Die FDP gegen alles, was einen Staat sozial auch nur etwas gerechter gestalten könnte. Die CDU gegen alle, die ihre Kanzlerin nicht krönen wollen. Die Linken gegen ihre eigene Führungsriege, gegen eine Regierungsbeteiligung und gegen ihre eigenen Wähler, denn sonst würden sie da ja mal hingehen und die zum Wählen animieren. Aber dann müßte man sich womöglich am Regieren beteiligen. Oder feststellen, daß die Frage des Besitzes der Produktionsmittel im marxistisch-leninistischen Sinne für diese Menschen einfach kein echtes Thema ist.
Und alle Schreiberlinge sind gegen die Idee, daß eine Partei womöglich auch daran denken muß, ihr eigenes Überleben zu sichern, damit sie nicht völlig aus der demokratischen Landschaft verschwindet.
Denn dieser Vorgang würde ein politisches Vakuum hinterlassen, von dem man sich keine Sekunde fragen muß, wer es anschließend füllen wird.
Die permanente Wiederholung der Behauptung, daß besonders die AfD von Neuwahlen profitieren würde, war ebenfalls Bestandteil der aktuellen Medienkampagne, die das Land in die nächste Große Koalition zwingen soll.
Seltsamerweise widersprechen auch hier die bisherigen Zahlen dieser Behauptung durchweg. Bisher steigen die Werte der Grünen, Linken und der FDP an. Die beiden angeblichen Volksparteien verlieren. Die AfD stagniert oder sinkt leicht ab.
Natürlich sind Umfragen ein unsicheres Geschäft. Noch vor zehn Tagen hieß es, daß mehr als zwei Drittel aller Befragten mit einer Jamaika-Koalition nicht glücklich wären. Am Montag sagten dann Umfragen, die Mehrheit wünsche sich eher Neuwahlen als Große Koalitionen oder Minderheitsregierungen.
Ungefähr zehn Minuten danach begann das Trommelfeuer der Medien, das ganz besonders eine Möglichkeit zur Lösung der angeblichen Superkrise ausschloß: Neuwahlen.
Nur einen Tag danach zeigten Umfragen, daß eine Mehrheit das Scheitern der Jamaika-Verhandlungen bedauerte. Was ja prima zur vorherigen Abneigung gegen Jamaika paßt.
Noch am Samstag letzter Woche verkündete wiederum die WELT in einer Umfrage, daß sich die Mehrheit selbstverständlich eine Große Koalition zurückwünsche, sollten die Verhandlungen scheitern.*
Vielleicht sollte man einfach mal aufhören, alle drei Minuten eine angeblich total repräsentative Umfrage zu zitieren, die lediglich Vorwand für eine Schlagzeile ist, die dazu dient, öffentliche Meinung zu manipulieren.
Journalismus informiert nicht mehr zum Zweck der Meinungsbildung. Er liefert vorverdautes Futter mit dem Ziel der Manipulation. Die schleichende Verwahrlosung der „Vierten Macht“ gefährdet die Demokratie.
All das ist Teil der aktuellen Panikmache einer Medienlandschaft, die ihren analytischen Abstand offensichtlich komplett verloren hat. Witzigerweise erschien in der ZEIT ein Artikel, der dazu mahnte, doch einfach mal die Ruhe zu bewahren und der auch klar sagte, daß es sich hier eben nicht um eine Regierungskrise, geschweige denn Staatskrise handelt. Zitiert wurde hier ausgerechnet der Mann, der von Demokratie auch nichts hält, wenn sie seinen ökonomischen Zwangsneurosen zuwiderlaufen könnte. Das Wort kam vom neuen Präsidenten des Bundestags, Wolfgang Schäuble.
Ich halte nicht besonders viel von dem Mann. Aber er hat mehr als vierzig Jahre politischer Erfahrung auf dem Buckel. Und ich behaupte mal, daß in den 70ern wesentlich mehr Krise zu spüren war als heutzutage nach einem mißlungenen Koalitionsversuch. Ausnahmsweise bin ich also einer Meinung mit diesem Mann. Und den deutschen Politjournalisten sei gesagt, daß der Karren sehr tief im Dreck stecken muß, wenn ich einem Schäuble recht gebe.
Wo also sind sie – die Artikel, die Frau Merkel eventuell auffordern, sich schon mal mit den Grünen kurzzuschließen, für den Fall einer tolerierten Minderheitsregierung? Auch gerne im Wiederholungstakt.
Die Partei mit den meisten Stimmen und der größten Fraktion scheint in diesem Land keinerlei Verantwortung für die Regierungsbildung zu haben, ist mein Eindruck. Aber die SPD, die muß unbedingt in den politischen Tod rennen.
Die unfaßbar schwerwiegende „Verantwortung für das Land“ und das ganze BlaBla scheinen durch die Bank in den großen deutschen Medien derzeit immer nur darauf hinauszulaufen, Frau Merkel unbedingt fest im Sattel zu halten. Und wenn man sie drauf festbinden muß. Als hätte sich die Dame mit zukunftsorientierter Politik für das ganze Land bekannt gemacht.
Erst hat man versucht, Jamaika herbeizuschreiben, aber das hat – etwas unerwartet – nicht geklappt. Die Grünen waren halt der FDP nicht neoliberalistisch genug. Was ich wiederum etwas unerwartet finde. Aber Herr Lindner sagte dann erklärend, die Grünen würden ja gerne alles mit Geboten und Verboten regeln wollen. Was für die FDP natürlich gegen den freien Markt verstößt, der gerade in den letzten zehn Jahren so viele phantastische Erfolge feiern konnte. Außerdem hat das ja schon immer prima funktioniert, alles dem Markt zu überlassen. Ich verweise nach oben, auf die kleine Geschichte mit dem Digitalen.
Der freie Markt ist auch der Grund, warum es im Straßenverkehr keinerlei Gebote und Verbote gibt. Als müßte man freien Menschen vorschreiben, was sie tun sollten und was nicht. Absurde Idee.
Eine Woche nach dem plötzlichen Dahinscheiden Jamaikas drehen die meisten Medien frei, laufen mit brennendem Bart durch die Fußgängerzone und rufen was von „Apokalypse!111!“ – und prügeln auf die armselige SPD ein, obwohl doch Frau Merkel eine Regierung bilden muß.
Hätte ich einen Hund, ich würde ihn SPD nennen. Bei Fuß. Sitz. Platz. Spiel tot. Alle Anweisungen werden getreulich befolgt.
Seit fünf Tagen lese ich in deutschen Leitmedien einen von hysterischer Lächerlichkeit getragenen Artikel nach dem anderen, der irgendwie die SPD in die Regierungsbeteiligung schreiben möchte.
Vor der Wahl waren sich alle einig, daß diese unselige Koalition aufhören muß. Der Wähler wohl auch. Aber plötzlich behaupten irgendwelche Kolumnisten, die Lage hätte sich ohne Jamaika dramatisch verschärft.
Selten habe ich größeren Blödsinn gelesen. Eine Regierungsbildung nach Maßgabe der Handvoll durchweg sehr reicher Familien, denen ein Großteil der deutschen Medienlandschaft gehört, kann nicht im Interesse aller Wählerinnen und Wähler liegen. Behaupte ich mal einfach so. Wenn es eine Partei bei den nächsten Wahlen nicht mehr gibt, weil man sie jetzt unbedingt in eine fiktive „Regierungsverantwortung“ hineinschreiben will, wird das Geheule in den Redaktionsstuben wieder groß sein.
Und ebenso wie die FDP und ihre geistigen Ziehväter des Neoliberalen immer jegliche Verantwortung für die Folgen ihres menschenverachtenden Wirtschaftsfaschismus abgeleugnet haben, werden dann auch alle Chefredakteure und Mietschreiber des Politjournalismus jegliche Verantwortung für die Vernichtung der SPD ablehnen und sich winselnd darüber beklagen, daß der Wähler unverständlicherweise eine in Teilen nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehende Partei mit zweifelhaftem Demokratieverständnis gewählt hat. Vielleicht wird man sich aber auch nicht beklagen, falls diese Partei dann auf mehr als 25 Prozent kommt.
Die SPD ist am Ende. Sie kann versuchen zu überleben. Oder eben nicht.
Der Chef der nordrhein-westfälischen SPD, Michael Groschek, sprach von einem „Stabilitätspakt“ mit der Union und nannte im Interview mit dem Kölner Stadt-Anzeiger als mögliche Felder der Zusammenarbeit „die Förderung der strukturschwachen Kommunen, die Einführung eines Einwanderungsgesetzes, die Sicherung der Renten und eine gerechte Steuerpolitik“.
Alles Politikfelder, auf denen die SPD seit 1998 komplett versagt hat oder massive Zerstörungsarbeit geleistet.
Die Kommunen sind u. a. pleite, weil ein Herr Schröder die Steuern senkte. Daraufhin brachen die Staatseinnahmen derartig weg, daß man unbedingt als einzig mögliche Lösung den Sozialstaat schleifen mußte.
Ein Einwanderungsgesetz hätte die rotgrüne Regierung in sieben Jahren mal machen können. Kein Wort habe ich davon gehört in der Zeit. Aber das durchschnittliche Niveau von ALG I – damals so um die 500 Euro – war unbezahlbar als Grundlage für Hartz IV und wurde dann runtergesetzt, als man diesen Tod der Sozialdemokratie in Gesetze goß. Dafür war Zeit da. Und der Bedarf offenbar sehr dringend.
Die Renten hätte man sichern können. Noch in der letzten Legislatur hatte 2RG eine Mehrheit im Bundestag. Wie wäre es mit einer Rentenkasse für alle, in die alle von allem einzahlen? Nur so als Idee.
Die SPD hat seit 1998 nichts für ihre Kernklientel getan, ganz im Gegenteil. Exakt das ist auch jetzt ihr Problem. Warum sollte man diesen netten Vorschlägen diesmal Glauben schenken? Warum sollte man glauben, daß dieser Partei auch nur daran gelegen ist, etwas von dem zu erreichen, was da so gesagt wird?
Das die FDP nicht mehr im Rennen ist, ist der einzige Lichtblick im Moment. Schon ertönen nämlich Stimmen aus der Ökonomie. Die hochbezahlten Statistikschubser und Mietmäuler des Konzernkapitals erheben ihre Stimme gegen eine Große Koalition, denn sie befürchten höhere Staatsausgaben.
Natürlich für solche Dinge wie ausreichende Renten oder Erhöhung von Kindergeld oder andere soziale Faktoren. Als der Bundestag binnen vier Tagen 700 Milliarden Euro lockermachte, um die angeblich von der Pleite bedrohten Banken zu retten, habe ich keine Silbe davon gehört, daß man den Staatshaushalt nicht überziehen dürfe.
Demokratie hat einen Preis. Man müßte beispielsweise mal sachorientierte Debatten über wichtige Themen der Gesellschaft auf der politischen Bühne austragen. Ordentliche Gesetze machen. Die Stabilität des Landes sichern, indem man dafür sorgt, daß nicht 10 Prozent Reichste zwei Drittel aller Vermögenswerte besitzen und dann immer noch Steuerentlastungen haben wollen, damit sie angeblich Arbeitsplätze schaffen können. Und diese dann auch noch bekommen.
Man darf Konzerne, die Milliarden an Steuergeldern hinterziehen, nicht mit der Ausrede davonkommen lassen, das sei ja alles im Rahmen der Gesetze. Falls das so ist, sind eben die Gesetze scheiße. Die ja vorher auch von der Industrielobby der Politik in die Feder diktiert worden sind.
Jeden Tag muß um Demokratie gerungen werden. Aber das wollen wir ja scheinbar nicht haben. In allseits dezent weichgespültem Wohlfühlkonsens lebt es sich halt denkbefreit viel einfacher. Wie in Bradburys Fahrenheit 451. Aber Demokratie wurde erfunden von Menschen, die sich inmitten eines Amphitheaters der Meinung ihrer Zuhörer gestellt haben und den Angriffen ihrer Gegner. Wir sollten uns dringend dieser Tatsache bewußt werden, bevor wir die Demokratie endgültig verlieren.
Auch das ist eine Lehre aus Weimar: Traue keinen Medien, die dir zuviel Meinung vordenken.
* wie immer von mir unverlinkt an dieser Stelle 😉
Man google nach „Scheitert Jamaika wollen die meisten Deutschen die Groko zurueck“.
Klitzekleines Update 20171127:
Wie verkaufen eigentlich die Öffentlich-Rechtlichen den Dreh zur Großen Koalition? Nun ja – etwa so:
„Die Abläufe im Parlament sind mit einer Koalition viel besser zu steuern als Zufallsmehrheiten“, warb Unionsfraktionschef Volker Kauder im Bericht aus Berlin.
Interessant. Die Regierung steuert also das Parlament. Und ich Naivling dachte immer, das Parlament soll die Regierung überwachen. Aber mein Politikunterricht ist ’ne Weile her, da gab es womöglich zwischendurch mal eine Änderung.
Ich zitiere Dich grad nochmal:
„… aber wenigstens habe ich in meinem Leben nie vergessen, den Müllmann zu grüßen und die Krankenschwester gedanklich zu ehren. Ebensowenig die Typen, die in Kanäle hinabsteigen, morgens um drei mit dem Schneepflug rausfahren oder bei vierzig Grad die Autobahn reparieren, indem sie vierhundert Grad heißen Teer in Löcher füllen. Denn auf den Schultern dieser Leute ruht die echte Arbeit, die in diesem Land verrichtet wird. Knochenarbeit.
Trotz Abitur, Ausbildung und akademischem Badezusatz weiß ich sehr wohl, wessen Arbeit dieses Land wirklich zusammenhält und es DAX30-Konzernen ermöglicht, an den Börsen von einer illusorischen Jubelarie in die nächste zu verfallen. …“
<3 !!
emris
PS: Ich bewundere Dich dafür, dass Du es schaffst, noch immer "qualitätsjournalistische" Medien einzunehmen … Ich pack´s seit geraumer Zeit nicht mehr. Grad noch so die Schlagzeilen. Manchmal brauche ich einfach eine Auszeit von diesem verlogenen Propaganda-Pack inklusive seiner politischen Wortgeber!
Auch: Danke, dass Du es immernoch packst ;)) Ich wär ja sonst gar nimmer informiert 😀
Gute Nacht, Kassandra 🙂
emris
Auch: Danke, dass Du es immernoch packst ;)) Ich wär ja sonst gar nimmer informiert
Es fällt mir nicht immer leicht. Aber eine Kassandra muß es ja machen 😉
Schön, daß wenigstens ein paar Menschen die Texte lesen. Ist wieder unglaublich lang geworden. Das ist echt schon peinlich.
>> Ist wieder unglaublich lang geworden. <<
… mal eben so im Vorübergehen kann man Deine Beiträge tatsächlich nicht lesen (leider schaffe ich wohl auch deswegen nicht jeden *seufz*)
Aber:
So bist Du halt ;))
Das stimmt. So bin ich halt. Die Beiträge waren auch ausdrücklich nie dafür gedacht, im Vorübergehen gelesen zu werden.
Es wird viel zu viel im Vorübergehen gelesen, das ist ja Teil der Problematik, wie Meister Röhrich sagen würde.
Aber bei Politik und Medien reißt es mich manchmal so mit… 😀
Deine langen Texte sind in der Tat ungünstig. Diese Seite braucht zum Start kleine Appetithäppchen, die den Leser fesseln, aber nicht überfordern – also zeitlich. Für Deine 117 Abbonenten ist es natürlich praktisch, wenn der neueste Artikel ganz oben steht, aber für Besucher wahrscheinlich nicht. Nicht alle Deine Artikel sind geeignet neue Leser zu binden. Da muß so eine Art Konzentrat an den Anfang. Ich hab leider auch nicht wirklich eine Vorstellung wie das Aussehen soll, aber mir ist aufgefallen, dass Du in ZON öfter mal Kommentare mit einem Link hierher setzt, und einmal war der Artikel hier kurz und knackig zu lesen. Was sofort ein gutes Dutzend neue Abbonenten einbrachte. Ich weiss Du wirst jetzt schreiben das sei Dir egal, aber mir nicht. Ich halte es für wichtig was Du schreibst.
Es gibt andere Themes, die so etwas wie einen Präsentationsbereich haben. Da kann man dann eine Handvoll Artikel anpreisen, die sich eignen. Aber ich muß dann eben auch den Rest umbauen.
Beispielsweise mag ich die „Pull Quotes“ sehr – also die nebenstehenden Texte. In den meisten Fällen werden die so eingebaut von den Entwerfern, daß diese Dinger eben nicht über die Breite der einzelnen Textkolumne hinausgehen. Hier hingegen kann ich damit auch über zwei Absätze „klammern“ und stehe neben dem eigentlichen Text. Was ich optisch gut finde.
Ich würde das auch gerne etwas besser präsentieren. Das zum Beispiel hier alles andere erst am Fuß der Seite steht, ist zwar optisch aufgeräumt, aber – nun ja, die meisten Menschen wollen eine rechte Seitenleiste haben oder so. Aber ich habe das ideale Theme dafür noch nicht wirklich gefunden.
Ich weiss Du wirst jetzt schreiben das sei Dir egal, aber mir nicht. Ich halte es für wichtig was Du schreibst.
Ach ja – es ist mir übrigens egal 😀
Exzellenter Artikel!
Besten Dank 🙂
Prima, dass Du die ganzen Zeitungen liest und sozusagen aufbereitest. Ich gestehe zwar, irgendwann zwischendurch etwas den Überblick darüber verloren zu haben, warum nun wer nicht mit wem oder eben aber doch oder vielleicht nicht? aber das liegt vermutlich in der Lage der Dinge. Je mehr ich derzeit in diversen Dingen herumrecherchiere aus beruflichen Gründen, um so mehr möchte ich noch diverse Verantwortliche für diverse Dinge finden und deren Köpfe mit allen verfügbaren Tischen bekanntmachen… heißt es nicht immer noch, leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen? Einen Versuch wäre es möglicherweise wert.
Etwas OT/ Und was die Umfragen angeht – ich hab die Nase voll von Umfragen, spätestens seit dem Bericht über Haßloch, woraus hervorging, dass dieser Ort mit ca. 20000 EW als Testmarkt für zukünftige Produkte gilt… als DER einzige bundesweit. 20000 EW bestimmen also über das, was 80 Millionen kaufen können. Was vermutlich rein statistisch seine völlige Berechtigung hat… Mag sein, dass die Ergebnisse später zu 90% übereinstimmen (auf welcher Datengrundlage das nun wieder festgestellt wird, steht auf einem ganz anderen Blatt), aber ganz ehrlich – verarschen kann ich mich auch selber… /OT Ende
mal sehen, was wird…
Ich dachte, das mit Haßloch sei allgemein bekannt?
heißt es nicht immer noch, leichte Schläge auf den Hinterkopf erhöhen das Denkvermögen? Einen Versuch wäre es möglicherweise wert.
Mit leichten Schlägen scheint es mir hier nicht mehr getan zu sein in deutscher Politik und den Redaktionen.
Wie sie aktuell alle auch das Wort „Minderheitsregierung“ vermeiden und so tun, als wäre die GroKo schon längst beschlossene Sache, es fehlen nur ein paar unwichtige Details…
Nur Herr Augstein stimmt mir zu…
Jetzt muss ich endlich mal aus dem lesenden Schatten treten und mich für Deine immer wieder erfrischende Art und Weise Themen aufzubereiten bedanken. „Danke“.
Ich finde deine Artikel nicht zu lang und die Aufmachung ausgesprochen attraktiv. Als einzigen Kritikpunkt möchte ich, da ich Deine Blogeinträge auch retrospektiv lese, die Navigation zu alten Einträgen bemängeln. Kann man da nicht eine Übersichtsseite dazwischensetzen oder gibt es so was schon und ich bin zu blöd es zu finden.
Besten Dank.
Und – Nein, eine Übersichtsseite gibt es tatsächlich nicht. Nur die üblichen Navigationsfunktionen, die mir das Blogtheme so anbietet. Also Dinge wie „ähnliche Inhalte“ oder eben die Suche nach Schlagworten und Kategorien.
Es gibt natürlich auch ein Archiv.
Nicht, dass es mich überraschen würde, aber wir beide haben so ziemlich die gleiche Meinung über das Kauder(welsch).
https://hysterixcristata.wordpress.com/2016/10/12/geplauder-mit-kauder/
Dir ist hier eine äußerst gelungene Zusammenfassung der deutschen Medienlandschaft und dem Sumpf der sie umgibt gelungen. Solltest du ein Herz für PodCasts haben, empfehle ich dir den „Aufwachen!“ Pod vom Soziologen Stefan Schulz und dem journalisten Tilo Jung. Die beiden begleiten, unterstützt von wechselnden Externen, die Öffentlich-Rechtlichen. Tilo Jung ist die nervensäge aus der Bundespressekonferenz, der die Antworten regelm. mit „naiven“ Fragen quält und somit oft zu entlarven weiß.
*Antwortenden
Ich mag Herrn Jung sehr. Er stellt nämlich gerne die richtigen Fragen ^^
Danke einmal mehr für den grandiosen Artikel, der so lang sein kann, wie er will! Ich lese die Dinger dann halt oft erst mit Tagen oder Wochen Verspätung, aber aktuell ist’s irgendwie trotzdem immer.
Die Medien, insb. die als Qualitätsmedien geltenden Redaktionen, kriegen hier in einer differenzierten und hundertprozentig treffsicheren Analyse die Tür gezeigt, gefällt mir sehr gut! Da geht mir schon länger die Hutschnur, wie erst die AfD untergangsprophetisch großgeschrieben wurde, nur um dann den Parteien die Schuld dafür zu geben. Jetzt mit Jamaica/GroKo das gleiche Prozedere.
Um mich mal selbst zu zitieren:
„Jeder spricht über die AfD… weil die Zeit-Redaktion und ihre Kollegen keine anderen Themen zu setzen vermochten, oder weil sie es nicht wollten? Kurze Durchsage im Sinne der deutschen Demokratie: Wenn „jeder“ über eine 13%-Partei spricht, haben diejenigen, die das Sprechen in der Öffentlichkeit vermitteln, jene berühmte Vierte Gewalt, auf ganzer Linie noch mehr versagt als die GroKo.
Get your act together, Medien, und erinnert Euch, dass es Eure Berichterstattung war, die das „Angebot für Dumme“ stark gemacht hat. Ja klar, Ihr wart natürlich immer gegen die. Aber hat Euch das davon abgehalten, ihnen ständig und ununterbrochen eine Plattform zu geben, jeden Tag ein neuer Artikel, jeden Tag eine Empörungsgeste, jeden Tag ein Herbeischreiben des Montagmorgens am 25. September, mit der Spackenpartei als drittstärkster Kraft im Bundestag?
Hat es nicht. Ich gebe Euch die Schuld. Gepflegtes Ignorieren und unaufgeregte Berichterstattung über die wirklich wichtigen Themen – das wär’s gewesen. Aber das kann man ja nicht, wenn man den Klicks hinterherjagt.“