,,Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen.”
Konfuzius
Eine Zeit, in der aus einer ländlichen Kultur eine städtische wird, aus einer kommunalen eine stark individualistische. Eine Zeit beständiger Kriege und Kleinkriege. Unaufhaltsame technologische Veränderungen drängen in den Alltag. Beängstigende neue Waffen mit vorher nie gesehener Zerstörungskraft. Neue Wege der Kommunikation und des Denkens. Alte Hierarchien, in der Politik und im Religiösen, im weltlichen wie im spirituellen Leben, die nicht mehr in der Lage sind, der sich schnell verändernden Lage Herr zu werden.
Verzweifelung in den Konferenzen der Herrschenden, die nicht so recht zu verstehen scheinen, was um sie herum passiert und warum es passiert. Ein weitverbreitetes Empfinden von Angst und Unsicherheit angesichts einer sich verändernden Welt, deren Wandelgeschwindigkeit kaum noch zu verfolgen ist. Eine Zeit des Zusammenbruchs, aus der neue Sichtweisen der Welt entstehen. Neue Arten, zu leben. Neue Auffassungen darüber, was es bedeutet, Mensch zu sein. Welchen Platz Mensch in der großen Matrix der Dinge einnimmt.
Klingt beängstigend nach unserer heutigen Zeit. Ist aber die Beschreibung der Achsenzeit, wie Karl Jaspers sie verwendet.
Jaspers, seines Zeichens in der Rubrik „Philosoph” tätig, prägte den Begriff Achsenzeit im Rahmen seiner Arbeit im Jahre 1949. Er bezeichnet damit eine Periode, die sich etwa vom 8. bis zum 3. Jahrhundert vdZ erstreckt.
In dieser Zeit kam es in den beherrschenden Regionen der Erde zu großen Veränderungen in der menschlichen Lebensweise. In den Zivilisationen von China, Persien, Griechenland, Indien und im Nahen Osten breiteten sich ökonomische, technologische und gesellschaftliche Veränderungen aus, die noch nie dagewesen waren.
Die Eisenverarbeitung war eine dieser Veränderungen. Die Entstehung großer Städte, etwas, das wir heute Urbanisierung nennen würden. Mündliche Kulturen verschriftlichten sich, zum Beispiel die griechische, in der ein Dichter namens Homer die Ilias zu Papier oder besser, zu Pergament brachte und somit eine Geschichte festhielt, die schon Jahrhunderte vorher erzählt worden war. Ich hatte das schon mal irgendwo erwähnt, glaube ich.
Marktwirtschaft breitete sich aus. Ja, Marktwirtschaft und Kapitalismus sind tatsächlich Dinge, die nicht deckungsgleich sind, wie es uns heute immer gerne erzählt wird und wie wir das gerne annehmen, sei es aus Ahnungslosigkeit oder Bequemlichkeit.
Nach den Worten von Jaspers wurden in dieser Zeit „die Fundamente gelegt, auf denen die Menschheit noch heute steht”. Und das halte ich als Aussage für vollkommen korrekt.
Geschichte. Das ist einer der Gründe, warum ich hier, in diesem Blog, nicht ausschließlich irgendwas über den Kapitalismus erzähle. Also das, was heute unsere vorherrschende Wirtschaftsform darstellt. Denn diese Art des Wirtschaftens und des Verständnisses von Ökonomie ist noch nicht sonderlich alt. Im besten Falle 250 Jahre. Es ist etwas schwierig, das genau einzuordnen, denn – wer hätte es gedacht – Kapitalismus ist nicht einfach so entstanden, wie er heute ist.
Wir laufen nicht in einer Abstraktion herum, die sich „Kapitalismus” nennt. Oder „Neoliberalismus”. Oder „Globalisierung”. Diese Dinge, diese Begriffe sind entstanden über einen Zeitraum hinweg. Sie haben also eine Geschichte, sie sind Geschichte und sie erzählen eine.
Innerhalb dieser Geschichte haben sich die Bedeutungen dieser Begriffe auch gewandelt. Das Vorstellungsbild im Kopf von Menschen bei einem Wort verändert sich im Laufe der Zeit. Wie ich auch schon mal hier und da erwähnte, denken wir Menschen in Geschichten. In Erzählungen. In Bildern.
Die Welt des Geistes, der Vorstellung von Menschen – und somit einer menschlichen Gesellschaft – muß sich mit der Wirtschaft und der Technologie weiterentwickeln.
Irgendwann erreicht eine Gesellschaft unweigerlich einen Punkt ihrer Entwicklung, an dem alte Antworten auf wichtige Fragen sich als beklagenswert unzureichend entpuppen. Als nicht länger angemessen. Sogar als schädlich.
In diesem Falle, in einer Gesellschaft im Umbruch, muß man neue Antworten finden. Oder womöglich neue Fragen stellen. Oder beides. Der Zusammenbruch einer Gesellschaft ist nur eine spezielle Form von Umbruch.
Das alles ist keinesfalls Zeitverschwendung. Um die richtigen Fragen zu stellen, muß man vorher über eine Thematik gründlich nachgedacht haben. Um Antworten zu finden, auch. Continue reading →