„Das Tolle am Internet ist, daß endlich jeder der ganzen Welt seine Meinung mitteilen kann. Das Furchtbare ist, daß es auch jeder tut.”
Das Känguru
Eine Woche nach den Ereignissen in den USA wundern sich immer noch alle. Nachdem sie aus ihrem Koma wieder erwacht sind, das die Begegnung mit einer Flasche Wodka, Whisky oder Bourbon unmittelbar nach der Wahl verursacht hatte, versteht sich. Paul Krugman wunderte sich noch in der Wahlnacht. Eine sichtlich gealterte Hillary Clinton wunderte sich erstmalig gestern in der Öffentlichkeit und sprach von einer gespaltenen Gesellschaft in den USA. Unglaublich, was so ein bißchen Make-Up doch ausmacht. Für Gesichter und Gesellschaften.
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Die deutsche Regierung wundert sich. Die russische nicht, die gratuliert dem neuen Mann schon einmal. Zum Glück hat Nordkorea nicht auch noch gratuliert, zumindest habe ich darüber nichts gelesen. Insgesamt wundern sich erstaunlich viele Menschen: Wie konnte es passieren, daß ein Typ mit einer Frisur wie ein explodierter Hamster zum Chef des offiziell noch immer mächtigsten Landes auf diesem Planeten gewählt wird?
Im Grunde ist die Antwort einfach: Arrogantes Vollidiotentum, gepaart mit Ignoranz. Näher betrachtet ist die Antwort natürlich nicht ganz so simpel. Das ist wie der Beziehungsstatus zwischen Menschen und ihren Quietscheentchen oder Teddybären auf Facebook: Es ist kompliziert.
Ich persönlich habe die letzte Woche mit mehreren inneren Reichsparteitagen gefeiert, um hier mal jemanden zu zitieren, den ich in einem anderen Leben mal kannte. Nachdem ich schon vor einem guten Jahr vorhergesagt habe, daß Donald Trump Präsident werden wird, und das ganze vier Wochen vor der Wahl noch einmal deutlich wiederholt habe – wobei ich sogar den Verlauf der Wahlnacht recht gut getroffen habe – ist das Ereignis also tatsächlich eingetreten.
Für jemanden wie mich ist das doof, denn eigentlich hatte ich einen Artikel vorbereitet, der da heißen sollte: „Madame President”.
Den kann ich jetzt wohl in den Ordner schieben, der „Alternative Zeitlinien” heißt. Dabei hätte ich so gerne über die Zukunftsaussichten einer Präsidentin Clinton gelästert. Aber so ist das eben, wenn man mit dem, was man so schreibt, auf aktuelle Ereignisse Bezug nimmt.
Auf der anderen Seite ist es manchmal auch durchaus sehr angenehm, den Effekt des “Told you so” am eigenen Leib zu erleben. Statt immer über den Spinner auf der Party zu lachen, mußten jetzt manche Menschen eingestehen, daß ich sehr wohl recht gehabt habe mit meiner Prognose.
Die dafür bezahlten Spezialisten hingegen, die Demoskopen und Statistiker, die Zeitungsschreiber in New York, Washington, London, Frankfurt, Berlin, Hamburg, L.A. und anderswo – sie alle laufen immer noch mit enormen Kopfschmerzen herum seit der letzten Woche. Tja, meine Herren. So ist das, wenn eine Realitätsblase platzt, in der man es sich gemütlich gemacht hat.
Eigentlich wollte ich einen irgendwie anderen Text schreiben, aber kaum hatte ich begonnen, stolperten die Gedanken in meinem Kopf mal wieder hektisch übereinander und drängelten nach vorne. Die Wichtigtuer!
Kreativlinge kennen das. Also geht es diese Woche um etwas, das von sehr vielen Leuten offensichtlich nicht wahrgenommen wird oder wurde, aber trotzdem enormen Einfluß auf unsere Gesellschaft hat. Einen Einfluß, der in den letzten Jahren – auch dank der bereits erwähnten Medien – weiter zugenommen hat: Persönliche Realitäten. Continue reading →