Die unerträgliche Nachhaltigkeit des Seins

– II –

Die Wahrheit der Pinguine

„Sustainability takes forever. And that’s the point.”
William Mc Donough

Die Vergangenheit, von der alle glauben, sie könne in der Zukunft des Fortschritts keine Bedeutung mehr für uns haben, kommt zurück.
Typhus kommt zurück und diesmal ist er multiresistent. Und er hat Begleiter. Tuberkulose zum Beispiel. MRSA. Andere Krankheiten, die man bereits besiegt glaubte, sind wieder im Vormarsch. Syphillis beispielsweise, die gute alte Geschlechtskrankheit, die in früheren Jahrhunderten so manchen auch berühmten Kopf geplagt hat. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn diese Krankheit wirkt im Spätstadium neurologisch degenerativ.

Je mehr der Mensch Kontrolle errungen hat, nach Maßgabe unserer reduktionistischen Wissenschaften, um so mehr ist uns diese Kontrolle entglitten. Resistenz ist – so wie Klimazerstörung – ein Ding, das seinen eigenen zeitlichen Gesetzen unterliegt. Die Evolution schert sich nicht um Jahre oder Jahrzehnte oder Jahrtausende. Die Antwort auf die Frage, warum Dinosaurier zweihundert Millionen Jahre die Erde beherrschten und trotzdem keine Intelligenz entwickelten, ist evolutionsbiologisch simpel: Es war nicht notwendig.
Intelligenz ist kein Faktor, der einer Spezies in irgendeiner Form eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit verschafft. Es gibt jede Menge Lebensformen auf der Erde, die noch wesentlich dümmer sind als der Durchschnittskonsument des RTL-Programms, auch wenn das schwer vorstellbar ist. Aber für einen Badeschwamm, eine Seegurke oder einen Alligator in Florida wäre der Inhalt dieses Fernsehsenders eindeutig zu hoch. Trotzdem haben Alligatoren noch den letzten Dinosauriern nachgewinkt, mit denen sie stammesgeschichtlich verwandt sind. Wobei die „echten Krokodile” deutlich jünger sind, aber auch die kommen noch auf 40 Millionen Jahre. Trotzdem sind die nicht intelligent. Intelligenz behindert in vielen Fällen den sicheren Jagdinstinkt und Platons Dialoge oder Wasserspülung im Klo sind jetzt auch nicht so die Killerapplikation in der Evolution. Continue reading →

Das blinde Bewußtsein

– I –

Vor dem Fall

„Der Mensch ist die Krone der Schöpfung. Er kann denken. Er hat Bewußtsein seiner selbst.”
René Descartes

Ein Punkt, den wir Menschen möglicherweise vergessen haben, ist, daß unsere Zeit, unsere Lebensweise und unsere gesamte Zivilisation ganz genau so von Mythen beherrscht wird, wie das bei unseren Vorfahren vor zwei- oder dreihundert Jahrtausenden der Fall gewesen ist.
Woran also liegt es, daß wir Menschen im Alltag normalerweise nicht unterscheiden zwischen Kommunikation und Sprache – wobei dahingestellt bleiben mag, ob wir das in dem Moment nicht wollen oder nicht können?
Es ist derselbe Grund, der vermutlich fast jeden Leser der letzten Woche denken ließ: „Aber das ist doch etwas völig anderes”, als ich im Text erwähnte, daß ein Stein ein Werkzeug ist, aber eben auch ein Schmutzgeier Steine benutzt, um eine Eierschale aufzubrechen.
Es ist derselbe Grund, der gleichzeitig alle Leser hat beifällig nicken lassen, als ich direkt danach erwähnte, daß Feuer ja ein abstraktes Werkzeug ist, aber ein Stein eben etwas sehr Direktes, sehr Offensichtliches. Denn alleine durch die Formulierung bestimmter Sätze habe ich das Fundament bestätigt, auf dem wir alle heute zu stehen glauben. Mit dem Eingangssatz diese Artikels hingegen nicht, denn wie kann es sein, daß wir etwas mit den Typen von 300.000 vor Brian zu tun haben sollen?

Mensch errichtet in seinen immer weiter wachsenden Städten Gebäude, die der Schwerkraft zu widersprechen scheinen, Hunderte von Metern hoch. Die Kilometergrenze ist noch nicht erreicht, wird aber in allen Projekten größenwahnsinniger Baumeister rund um den Planeten angepeilt und auch überschritten. Logisch, kleiner bauen als der vorherige Rekordhalter kommt ja nicht in Frage. Womit auch bereits der einzige Grund genannt ist, warum derartige Gebäude überhaupt errichtet werden: Um zu zeigen, daß es möglich ist.
Im aktuell entstehenden Kingdom Tower sollen Büroflächen vermietet werden, dazu Appartements vermietet und – völlig innovativ – natürlich ein Hotel mit dabei sein.
Kein anderes Lebewesen baut Städte. Continue reading →