Mythopolis

– V –

Tess zwischen Tiefkühltruhen

„Civilizations die from suicide, not by murder.”
Arnold J. Toynbee

Etwas weiter weg befand sich ein weiterer unscharfer Umriß; dieser hier schwarz, mit einem anhaltenden Zischen, welches von großer, sich zurückhaltender Stärke kündete. Der lange Schornstein neben einer Esche und die Wärme, die von dem Punkt ausstrahlte, erklärte ohne die Notwendigkeit von viel Tageslicht, daß hier eine Maschine stand, die der Erste Beweger dieser kleinen Welt sein würde.
Neben der Maschine stand eine dunkle, bewegungslose Gestalt, eine verrußte und verschmutzte Verkörperung von Größe, in einer Art Trance, mit einem Haufen Kohlen an ihrer Seite. Solche Abgrenzung durch sein Auftreten und seine Farbe verlieh ihm den Eindruck einer Kreatur aus dem Tophet, abgeirrt in die durchsichtige Rauchlosigkeit dieser Gegend aus gelbem Weizen und blasser Erde, mit der er nichts gemein hatte, um ihre Eingeborenen in Erstaunen und Aufregung zu versetzen.

Wie er aussah, fühlte er auch. Er befand sich in der landwirtschaftlichen Welt, aber er war nicht Teil davon. Er diente dem Feuer und dem Rauch; diese Bewohner der Felder dienten der Vegetation, dem Wetter, dem Frost und der Sonne.

Thomas Hardy, Tess of the d’Urbervilles, XLVII, eigene Übersetzung

Tess, ihr Geist erschöpft von seelenzerfressender Arbeit, eine ruinierte, innerlich verwüstete Frau, findet sich im gleichnamigen Roman von Thomas Hardy konfrontiert mit dem dampfgetriebenen Rhythmus der neuen Dreschmaschine, die von einem „Ingenieur” geführt wird. Einem Exemplar einer neuen Klasse von Mensch. Losgelöst von den ihn umgebenden anderen Menschen erscheint er als Vertreter einer völlig fremden Art.
Das Tophet, das Hardy erwähnt, ist in der hebräischen Bibel ein Ort in Jerusalem, an dem Verehrer der alten kanaanitischen Religion Kinder bei lebendigem Leibe verbrennen, als Opfergabe an die Götter Moloch und Baal. Das Tophet wurde so zu einem theologischen Synonym für die Hölle innerhalb des Christentums. Der angebetete Baal, ursprünglich ein Import aus syrischen Landen und für Wetter und Fruchtbarkeit zuständig – in etwa wie der römische Kollege Saturn – verwandelte sich dann auch konsequent in einen Dämon innerhalb der christlichen Historie.
Auch das Primum Mobile im Originaltext ist eine theologische und astronomische Anspielung. Denn dies war in Zeiten des geozentrischen Weltbildes die äußerste der Himmelssphären, die mit ihren Sternen um die Erde rotierten und hinter der das Göttliche wohnte. Aristoteles, der berühmte alte Grieche, sprach in seiner „Physik” bereits von einem „Unbewegten Beweger” weil er in naturphilosophischer Denkweise davon ausging, daß es etwas gegeben haben muß, das alle andere Bewegung im Universum verursacht hat.

Die von der zurückgehaltenen Kraft des Dampfes getriebene Maschine ist also so etwas wie ein Ausdruck des Göttlichen in ihrer maschinellen Macht, wohingegen ihr Operateur eher aus der Hölle entsprungen scheint. So sind auch die Auswirkungen nicht zwingend erfreulich. Tess wird mit dem Rhythmus der Maschine konkurrieren müssen, um als menschliches Wesen weiter Bestand haben zu können in ihrer Welt.

Ein anderer Romancharakter, von Rußlands großem Schreiber Lev Tolstoi in Anna Karenina auf die Felder Rußlands gestellt, kehrt ebenfalls in einer Ernteszene wiederum zurück zum „Allerheiligsten des Menschen, die Tiefe des Landes”. Er nimmt teil am gleichmäßigem Schwung der Sensenblätter in den Feldern und stellt sich dabei die existentiellen Fragen: „Wer bin ich? Warum bin ich hier?”
Ein Bauer sagt zu Ljewin, daß es zwei Sorten von Männern gäbe: „Der eine lebt nur für sich und stopft sich voll. Der andere lebt für die Seele. Er erinnert sich an Gott.”

Über das Feld hinter dem Haus rumpelt und dröhnt der Mähdrescher, wirbelt Staub auf und verbrennt Diesel. Nachdem es in den Monaten von März bis Juni in unserer Gegend mehr geregnet hat als in den ganzen zwölf Monaten vorher, von März bis März, ist es jetzt wieder trocken. Mit unglaublicher Bullenhitze hat sich der Sommer zurückgemeldet in diesen Tagen, Luft wie aus einer Esse strömt mir entgegen, wenn ich morgens die Balkontür öffne.
Das Technikmonstrum rumpelt über den Hektar industriell zum Ackerland erklärten Drecks und befördert ermordeten Weizen in sein Inneres. Hier wird geschnitten, transportiert, gedroschen, eingesammelt und fusselige Halmreste wieder ausgestoßen. Alles in einem Arbeitsgang. Kein Sensenblatt bewegt sich von links nach rechts, keine Dampfmaschine, kein zugerußter Mann. Der Ingenieur mit dem Bauerndiplom sitzt in seiner gläsernen Kabine über den Dingen, vermutlich klimatisiert.
Heutige Maschinenmänner sind nicht mehr rußig. Sie sind klinisch sauber. Steril. Noch viel unbeteiligter an den Dingen, als es ein Thomas Hardy und seine Tess jemals erahnen konnten. Dieser Knöpfchendrücker und Hebelberührer hinter seinem Glas hätte Tess unendlichen Schrecken verheißen.

Technologie ist heutzutage überall. Selbst dort, wo man sie nicht als anwesend erkennt, ist sie häufig trotzdem vorhanden. Wie die anderen Mythen unserer Gesellschaft ist dieser singuläre Imperativ, diese „Technologie” wie Sand auf einem Campingplatz in so ziemlich jeden Winkel unseres Planeten vorgedrungen.
Sie ist überall. Sie ist derartig fundamental, daß die meisten Menschen nicht darüber reden oder diskutieren. Ein Großteil kann es nicht, denn er denkt nicht darüber nach. Er nimmt die Dinge so hin. Ist eben so.
Ein anderer Teil wiederum könnte darüber diskutieren, tut es aber nicht. Denn in den Augen dieser Menschen muß Technologie immer Teil einer Problemlösung sein. Es ist vollkommen undenkbar, daß sie irgendwie auch die Quelle eines Problems sein kann. Das ist dogmatisch ausgeschlossen. Da also Technologie immer die Lösung ist, richtet niemand sein Augenmerk auf sie, wenn es gilt, eine Problemstellung zu analysieren. So werden ganze Komplexe an Fragestellungen erfolgreich ausgeblendet.
Etwas, das so allgegenwärtig ist, wie ein Pilzgeflecht alles durchzieht und so grundlegend ist, daß niemand seine Existenz in Zweifel zu ziehen wagt, wird irgendwann unsichtbar. Wie ein Krebsgeschwür, das seine Metastasen längst ausgestreut hat.

Ein Mann wie Issac Newton, als Begründer der modernen Physik von Wissenschafts-Nerds heute noch gefeiert, war gleichzeitig auch Alchemist. Derselbe Mann, der die Sache mit der Schwerkraft in Formeln faßte, suchte gleichzeitig nach dem Stein der Weisen, der mit den ihm innewohnenden Kräften in der Lage sein sollte, Blei in Gold zu verwandeln. Ein Phänomen, das wir heute Transmutation nennen würden und das tatsächlich möglich ist. Allerdings muß der Stein der Weisen dazu einen Nukleargenerator als Kraftquelle benutzen und das Gold wäre hinterher sehr radioaktiv.
Fakt ist, daß in Newtons Zeit, also am Ende des 17. Jahrhunderts, niemand in seiner Gesellschaft ernsthaft daran gezweifelt hätte, daß so etwas wie Gott tatsächlich existiert. Im Jahrhundert davor auch nicht.
Die Diskussion um die Existenz des allmächtigen Überwesens wurde nirgendwo geführt. Außer möglicherweise in sehr akademischen Zirkeln der Theologie, aber dort mußte dann auch jemand bewußt die Rolle des Advocatus Diaboli annehmen. Und hinnehmen, denn das hat sicherlich niemand gerne getan. Solange sich also niemand aus Gründen der Diskussion hinstellte und behauptete „Gott existiert gar nicht!”, war in diesen Zeiten jeder von seiner Existenz und auch seiner Gegenwart in den Dingen völlig überzeugt. Gott war kein Thema, über das man geredet hätte. Denn wozu hätte man das tun sollen?

Technologie ist die Lösung. Immer. Ich hätte da mal ein paar Fragen…

In unserer Zeit, diesem glorreichem 21. Jahrhundert mit seinen technologischen Wundern, wagt kaum jemand, die entscheidende Frage zu stellen, wenn es um die rußigen Männer an den Maschinen geht. Längst ist die Frage nach Gott geklärt, wieder einmal, denn Wissenschaften und die von ihnen geborene „Technologie” haben den Platz des Göttlichen übernommen. Wie Thomas Hardys Tess müssen wir dem Rhythmus der Maschinen folgen und tun das auch längst, ohne daran etwas Ungewöhnliches zu finden. Seitdem der Tag zuverlässig von Zeitmessungen zerlegt wird, hat sich Mensch immer mehr in seinen erfundenen Wundern verstrickt.
Niemand scheint die Frage zu stellen, wozu das ganze technologische Gebimmel eigentlich dient. Oder wem es eigentlich nützt. Niemand scheint die Frage zu stellen, was diese neue, wunderbare Zeit unsere Gesellschaft eigentlich kostet. Oder wer eigentlich den Nutzen aus welcher „Technologie” zieht. Dient das alles einem höheren Zweck, etwas Besserem? Oder ist es, wie bei Thomas Hardy, nichts weiter als Feuer und Rauch?

Ist es denkbar, daß Technologie nicht automatisch gut ist, nur weil sie da ist? Wäre es sogar möglich, daß Technologie in diesem 21. Jahrhundert endgültig ihre Nützlichkeit verlieren könnte? Hat sie das womöglich bereits getan?
Kurz und gut: Ist es möglich, daß „Technologie” derartig hohe Kosten nach sich zieht, finanziell und soziologisch, daß sie für eine Gesellschaft wie die unsere insgesamt betrachtet zu einer schädlichen Komponente wird?
Wäre es eventuell denkbar, daß der als allmächtig angepriesene Rettungsring der Technologie aus Beton ist?
Ebenso ist es dann mit dem „Fortschritt”. Denn wenn etwas fortschreitet, wohin geht es dann eigentlich? Was ist sein Ziel? Gibt es eines? Wohin genau ist „fort”?

Spätestens an diesem Punkt ist das Protestgeschrei in einer Diskussion kaum noch zu bremsen im Normalfall. Jedenfalls das Geschrei derjenigen, die es überhaupt geschafft haben, ihre Ohren und ihr Hirn diese Worte verarbeiten zu lassen. Bei den allermeisten Menschen prallen solche Worte bereits am Trommelfell ab.
Ganz besonders empörend scheint es für viele zu sein, wenn jemand wie ich so etwas sagt. Ein Science-Fiction-Fan seit mehr als dreißig Jahren. Ein Mensch mit einer irgendwo naturwissenschaftlich-technischen Ausbildung. Ein Vertreter des Rationalen. Ein Problemlösungs-Nerd. Ein Analytiker.
Wenn die ersten Leute sich abgeregt haben in solchen Momenten, ist meine Antwort auf alle diese „Vorwürfe” immer: Eben drum.

074-01 Information Age

Bild 1: Was Technologie verspricht.
Alle Informationen der Welt sollten alle Probleme lösen, die der Mensch so hat. Klüger, besser, vernetzter als je zuvor, so würde uns nichts mehr Widerstand leisten können.

„Technologie” in diesem singulärem Sinne existiert überhaupt nicht und hat so auch niemals existiert. Die von mir einmal erwähnte Fahrt im Zug ist auch eine von diesen technologischen Suiten, aus denen diese Sache mit der Technologie wirklich besteht und immer bestanden hat.
Denn der Zug fährt mit Elektrizität, die wiederum aus einer Oberleitung entnommen wird. Diese Elektrizität muß irgendwo erzeugt werden und da spielen wahrscheinlich Dinge wie Erdöl und Kohle eine Rolle. Die Kohle für das Kraftwerk, in dem sie verbrannt wird. Das Erdöl spätestens bei den Lastwagen und anderen Gerätschaften, mit denen die Kohle gefördert wird. Der Zug läuft auf Schienen, die aus Stahl bestehen, ebenso wie ein guter Teil des eigentlichen Zugs. Auch der muß irgendwo hergestellt worden sein, unter erheblichem Energieaufwand. Ein anderer Teil des Zuges besteht aus Plastikzeug, das ebenfalls irgendwo  hergestellt worden sein muß. Auch das Kohlekraftwerk muß erst jemand bauen, ebenso seine Generatoren. Die Überlandleitungen müssen erschaffen und aufgestellt werden und auch der Zug selber ist sicherlich nicht vom Baum gefallen.
All das und noch einige Dinge mehr setzen sich zusammen zur technologischen Suite „Zugfahrt”. „Eisenbahn” ist keine Technologie, es ist ein Konglomerat aus verschiedensten technischen Dingen.

Ich werfe also mal einen Blick darauf, was es mit der Verbesserung des Lebens durch „Technologie” so auf sich hat, die ja immer wieder angeführt wird als das schlagende Argument, um die eine oder andere Verzögerung bei der Einführung des Paradieses für alle zu rechtfertigen.
Ich werde dabei im Folgenden das Wort Technosphäre benutzen, um dieses Dingsbums „Technologie” nicht immer in Anführungszeichen setzen zu müssen.

Ein besonders nützliches Beispiel für eine Ausgeburt der Technosphäre ist moderne Kommunikation. Was heutzutage gleichzusetzen ist mit Pokémon jagenden Menschen, die zu Tausenden in den Central Park strömen, um da irgendwelche Viecher zu jagen, die nur in ihrem Smartphone existieren. Dabei rennen sie sich gegenseitig über den Haufen, denn natürlich kümmert sich keine Sau um die umgebende Parklandschaft, sondern starrt aufs Display. Welch großartiger Fortschritt doch die Instant-Kommunikation ist in unserem glanzvollen Jahrhundert.
Wie viele Prozent ihres kümmerlichen Verstandes hat eine Zivilisation bereits verloren, die auf dem Betriebssystem eines Smartphones eine Software installiert – eine App, wie das im Deppendeutsch heißt – mit der man mit anderen Leuten Textnachrichten verschicken  kann, und die es dann für absolut revolutionär hält, wenn diese Software plötzlich auch Telefongespräche ermöglicht?
Mit angehaltenem Atem ob dieser unfaßbaren Möglichkeit starren die Leute mit geweitetem Auge auf ihr Smartphone. Mit dem man auch vorher sehr wohl telefonieren konnte. Und das auch immer noch kann, zumindest vermute ich das. Wobei ich heute immer mehr Menschen sehe, die sich mit ihrem Smartphone selbst unterhalten, nicht mit anderen Menschen.

Nein, manchmal beschleichen mich doch erhebliche Zweifel an den technologischen Segnungen unserer Epoche.
Inzwischen existieren Menschen in einer Art technologisch aufgerüstetem Taka-Tuka-Land, in dem Aktivitäten aller Art mit Hilfe digitaler Gerätschaften effizienter gemacht werden sollen. Oder sonstwie verbessert.
Ob es das Fitness-Armband am Handgelenk ist, um gnadenlose Selbstoptimierung beim Sport zu betreiben. Oder das Vibrator-Ei für die Freundin, das dann per Smartphone-App ferngesteuert werden kann. Nein, das habe ich mir nicht ausgedacht.
Ist nur blöd, wenn dann die eigene Uni verlangt, man solle sich pro Tag so und so viele Meter bewegen und die Daten dann per Armband überwachen will. Das die angehenden Erstsemester auch noch selber bezahlen sollen.
Oder wenn einem die eigene Versicherung Rabatte anbietet, wenn man sich nur beim Autofahren überwachen läßt. An diesem Fall wird das, was ich „technologische Verarschung” nenne, besonders deutlich: Erstens ist der Rabatt gar keiner, denn die Versicherung kriegt alle möglichen Daten. Zweitens wird der ohnehin miserable Datenschutz durch die AGB der Versicherung ersetzt, die werden das also auf Vorrat speichern und weiterverkaufen, daß es nur so raucht. Drittens gebe ich so den Datengeiern eine weitere Möglichkeit, juristisch den Versicherungsschutz auszuhebeln. Denn plötzlich heißt es im Brief des Versicherers dann: „Nach unseren Trackinginformationen gemäß ihres Tarifs ‘Großer Bruder’ sind sie am…um…Uhr…in….aus einer Kneipe gekommen und danach unmittelbar zu ihrem Auto gelaufen.”
Also unterstellt man dann einfach, der Fahrer war nicht nüchtern und der bleibt erst einmal auf dem Schaden sitzen. Denn man hat zwar nichts gemacht, muß aber erst einmal das Gegenteil beweisen, sonst entfällt der Versicherungsschutz. Siehe AGB. Prämien? Die werden gebraucht, um unsere hocheffiziente Infrastruktur zu unterhalten, verehrter Kunde. Was dachten denn sie?
Ach ja – wer sich nicht überwachen läßt, zahlt natürlich irgendwann mehr Prämie. Soweit dann zum Solidarprinzip.

Zum Glück erstellt ja niemand vollständige Bewegungsprofile von irgendwem. Denn das ist ja gesetzlich verboten. Tut man aber eben doch, wie ein aktueller Fall schön zeigt. Besonders schön finde ich den Satz

BMW verwies allgemein auf mehrere „Datenspeicher” im Fahrzeug, aus denen sich jedoch keine Bewegungsprofile erstellen ließen. Darüber hinaus wollte man sich aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht weiter zu Einzelfällen äußern.

BMW kann also keine Profile erstellen, hat im angegebenen Fall aber eines an das Gericht geliefert. Schön auch wieder das mit den „Einzelfällen”, die in Deutschland immer nur im Plural vorkommen. Und offensichtlich liegt der Firma viel an Datenschutz, wie man sieht. Allen Konzernen liegt immer viel an Datenschutz. Wenn es sich um ihre Daten handelt, die an die Öffentlichkeit gelangen könnten.

Es gibt – einer meiner ungeschlagenen Favoriten im Moment – inzwischen sogar Kurse im Schlafmanagement in unserer Gesellschaft. Ich schlafe ja normalerweise einfach irgendwann ein. Dann werde ich irgendwann wieder wach, meistens einige Stunden später. Wenn ich nicht morgens um drei irgendeinen Gedankengang mit einem analogen Stift auf mechanische Datenträger schreibe, also Papier. Ich finde das ungemein praktisch. Nichts kann abstürzen oder nicht gespeichert werden und nichts verbrauchte Strom, während die Urform dieses Textes entstanden ist. Außerdem erinnert sich meine Hand mal wieder daran, wie das mit dem Schreiben überhaupt funktioniert.
Aber solche Gewohnheiten sind heute völlig old school, macht keiner mehr.
Was vor Jahren als “power napping” begann, was ich mal mit „spontanes Wegrüsseln in der Mittagszeit” definieren möchte, hat sich inzwischen in etwas verwandelt, das wissenschaftliche Studien hervorbringt, die zu dem Schluß kommen, daß ein gelegentlicher Kurzschlaf die Leistungsfähigkeit erhält. Ich bin wieder einmal beeindruckt, allerdings hat mir das schon Opa erzählt.
Selbstverständlich kann man es nicht dem jeweiligen Menschen überlassen, wann er wie einschläft. Das kommt überhaupt nicht in Frage. Mensch hat natürlich in der Mittagspause zum exakt vorbestimmten Zeitpunkt zu schlafen, für eine vorbestimmte Dauer, um danach mit neuem Schwung den planetaren Kapitalismus voranzutreiben. Denn dafür erhalten wir unsere Leistungsfähigkeit, wie uns das Time-Management-Seminar beibringt. Doch nicht etwa für uns persönlich, absurde Idee!
Ich nehme an, wer nicht die vorgesehene Dauer an REM-Schlaf hinbekommt, wird dann bald von Versagensängsten geplagt. Auch das habe ich nicht erfunden. Es gibt Burn-Out-Berater, die anderen Menschen erzählen, wie sie abends am besten einschlafen können.
Ich würde solchen Menschen empfehlen, das verdammte Hamsterrad einfach mal hinter sich zu lassen. Stattdessen kriegen die Beratungskurse, um wieder auf den alten Kurs zurückkehren zu können, der sie psychologisch ruiniert hat.

Die Aufrechterhaltung der Technosphäre ist mit enormen Kosten verbunden. Ökonomisch und soziologisch. Die Folgen sind überall sichtbar.

Die mythische Rolle der Religion des Fortschritts hat die seltsame Folge, daß viele Menschen blind werden gegenüber den Kosten eines neuen, innovativen Produkts der Technosphäre, solange sie nur davon überzeugt sind, das sei jetzt auf jeden Fall das Ding der Zukunft.
Es ist völlig egal, wie stark die Anzeichen für eine negative Entwicklung oder einen negativen Aspekt sein mögen – sobald die Gesellschaft entschieden hat, daß dieser oder jene neue Trend jetzt die Zukunft gestalten wird, geht es mit geschlossenen Augen vorwärts und jeder, der was dagegen sagt, wird gnadenlos weggebuht. Oder besser, per Empöria-Shitstorm auf Twitter und Facebook virtuell erlegt. Ausbuhen ist ja so was von 20. Jahrhundert.

Eines dieser Dinge der Zukunft ist das Internet.
Ja, ich bin der festen Überzeugung, daß das Internet, wie es aktuell existiert, keine besonders lange Lebensdauer haben wird und noch zu meinen Lebzeiten wieder verschwindet. Der Grund seines Verschwindens wird nur teilweise technologischer Natur sein, die ökonomischen Gründe werden überwiegen.
Denn was ist dieses Internet eigentlich? Was genau liefert dieses globale Netzwerk aus Computerclustern, das wirklich neu ist?
Ich war unlängst bei meinem freundlichen Buchhändler in der Innenstadt. Bücher bestellen, wer hätte es gedacht. Das dauerte in diesem Falle zwei Wochen, denn die Dinger kamen aus den USA. Aber mein Buchhändler konnte direkt beim Verlag des Autors bestellen, was bedeutet, daß sowohl der Verlag als auch der Autor des Werks mehr abbekommen als bei einer Amazon-Bestellung. Was ich persönlich gut finde. Dieser ganze Vorgang war auch vor dreißig Jahren möglich. Ich wäre zum Buchhändler gegangen, der hätte mich nach dem Namen des Werks und des Autors gefragt und hätte dann in einem gigantischen Buch die ISBN nachgeschlagen. So ganz ohne einen Computerterminal. Woher man vor dreißig Jahren gewußt hat, welche Bücher man lesen sollte, so ganz ohne Amazon-Empfehlung, ohne Goodreads oder Google?
Man hat sich mit Menschen unterhalten. Über irgendwelche Dinge. Von denen die meisten in Büchern stehen, die im Laufe der Konversation immer jemand zur Sprache brachte. Der Unterschied zu heute ist, daß man die Menschen kannte, die da Empfehlungen abgaben.
Menschen lesen im Internet Nachrichten, veröffentlichen Essays und Geschichten aller Art. Sie schauen sich andere Leute an, die wenig Kleidung tragen und schweinisch biologische Tätigkeiten verrichten. Sie bestellen Produkte, um diese nach Hause geliefert zu kriegen. All das haben Menschen auch schon vor dem Internet getan. Und damals™ waren die Nachrichten noch recherchiert und Journalisten hatten Ahnung von der Materie, über die sie schrieben. Auch die Verkäufer von Dingen hatten Ahnung von diesen Dingen, denn das war ihr Job.
Heutzutage geht das alles billiger übers Internet, sagt die Industrie, und deshalb benutzen wir es eben. Aber warum ist das billiger?

Unter anderem vielleicht deshalb, weil der Bestellscherge am anderen Ende des Telefons, der eMail oder der WhatsApp keinerlei Fachkenntnisse mehr benötigt.
Wozu sollte er die haben in einer Zeit, in der der Kunde im Internet jeden verdammten Aspekt des zu bestellenden Etwas nachschlagen kann?
Und wenn man nicht weiß, ob die seltsamen Schrauben der neuen Deckenlampe jetzt irgendwie einfach montierbar sind oder die neuen Boxen mit ihren Ohm-Angaben zum Verstärker passen, kann man das in irgendeinem Erklärbär-Video nachschlagen.
Jeder kann heute einen Herd online bestellen und den auch anschließen, es gibt genug Material im Internet, um jeden in einen Freizeitelektriker zu verwandeln. Wahlweise auch einen Freizeitarzt oder -chirurgen wahrscheinlich.
Früher hatten Firmen kompetente Mitarbeiter. Heute loben Konzerne ihre großartige Community. Was nichts anderes heißt als: „Macht euren Mist selber, euer Geld haben wir ja schon.”
Solange dieses permanente Auslagern irgendwelcher Tätigkeiten an den jeweiligen Kunden funktioniert, können Firmen Kosten senken und somit ist das Internet für all diese Leute die günstigere Lösung. Manchmal auch für den Endkunden, denn er kriegt das Dingsbums billiger. Überhaupt ist die moderne „alles billig”-Mentalität durch das Internet erst richtig gezüchtet worden.
3D-Drucker sind die neueste Tendenz an dieser Stelle. Bald werden Firmen nur noch lizenzierte Programme verkaufen, die man in den Drucker füttert. Den gesamten Ärger des Produktionsprozesses hat dann der Endkunde am Hals. Und wenn was nicht klappt, muß der beweisen, daß er nicht schuld ist. Da druckt man lieber noch ein zweites Mal.

Unangenehm wird es dann, wenn sich die unterbezahlten, weil wenig fachkompetenten Mitarbeiter auf Dauer die tollen neuen Wunderprodukte gar nicht mehr leisten können, welche von der eigenen Firma angeboten werden.
Auch sonst ist das Internet ein wunderschönes Beispiel für die Technosphäre an sich. Es besteht aus Internet Service Providern, also Typen wie Vodafone oder der Telekom oder AT&T. So etwas wie Google als Suchmaschine besteht aus Dutzenden gigantischer Rechenzentren, die wiederum täglich eine LKW-Ladung mit neuen Festplatten bekommen, um die ausgebrannten zu ersetzen.
All das benötigt Elektrizität und natürlich auch jemanden, der Festplatten herstellt. Dank der Effizienz der globalisierten Wirtschaft gibt es dafür heute noch genau drei Firmen weltweit und die sitzen alle in Südostasien. Als in Thailand 2011 das Land überflutet wurde, stiegen weltweit die Festplattenpreise massiv an. Erst ab 2013 normalisierten sich diese Preise wieder. Der Weg zum Untergang der Technosphäre ist mit Effizienz gepflastert.
Die meisten Internetfirmen machen Verluste, ob das jetzt Twitter ist oder Amazon, die ja dafür schon fast berüchtigt sind. Sieht man das Internet als Produkt der Technosphäre, also insgesamt, und nicht nur als „Technologie”, wird einem klar, daß enorme ökonomische Kosten mit diesem System verbunden sind.
Die müssen gedeckt werden oder das System wird aufhören zu existieren.
Deshalb existieren Firmen wie Facebook heutzutage überhaupt. Parasitär reißen sie  alle Daten der jeweiligen Nutzer an sich und machen daraus ihr Geschäft. Denn diese Ware produzieren die Nutzer ja selbst. Solange die also da sind, sollte das mit dem Umsatz funktionieren.

Natürlich führt das zu weiteren Begehrlichkeiten, beispielsweise von Geheimdiensten. Wo ein Trog aufgestellt wird, kommen die Schweine. Auch politische Schergen wollen immer mehr Daten von ihren Bürgern, rücken aber selber immer weniger raus.
Große Provider wollen die Netzneutralität abschaffen, um so noch mehr Geld zu bekommen, indem man gewisse Dinge zum „Premium-Service” erklärt, der nur dann ruckelfrei durch die Leitung transportiert wird, wenn der Kunde extra zahlt. Das geht aber auch nur, wenn ich in jedes Datenpaket hineinschaue, denn ich muß ja wissen, ob das jetzt der Porno für die minderjährige Tochter ist oder der neueste Blockbuster auf Netflix. Das nennt sich deep packet inspection und natürlich machen alle großen Provider das nicht, wenn man sie danach fragt in solchen Zusammenhängen. Ebensowenig wie BMW Bewegungsprofile erstellt bei seinen Mietfahrzeugen.
Diese Auffassung hat dazu geführt, daß sich das Internet von einer eigentlich völlig dezentralisierten Struktur, die gebaut war, um einen Atomkrieg zu überdauern, in ein zentralisiertes Datenmonster verwandelt hat, in dem nichts unbeobachtet und ungespeichert bleibt.
Ob jetzt der Endkunde bezahlt oder derjenige, der den Inhalt liefert, ist den Providern übrigens egal. Im Idealfall werden sie die Hand natürlich an beiden Enden aufhalten. Normalerweise wird das dann gerne damit begründet, daß HD-Videos und Netflix und anderes Zeug die Leitungen zu verstopfen drohen. Also muß man das Netz entweder ausbauen oder aber gewisse Dinge bremsen, also mit einer Datenpriorisierung arbeiten.
Nun ja, der Held des Netzausbaus in Deutschland ist natürlich die Telekom. Die hatte schon vor einem Jahrzehnt verkündet, jedes Jahr mindestens 200.000 Haushalte an das Glasfasernetz anzuschließen. Das nennt sich im Marketingsprech fiber-to-the-home (FTTH) und hat so gut geklappt, daß Deutschland dieses Jahr erstmals auf der Liste für High-Speed-Internet in Europa aufgetaucht ist. Auf dieser Liste landen nämlich nur Länder, die mindestens ein Prozent Glasfaserabdeckung aufweisen. So wie Deutschland seit 2016. Insgesamt also etwas schlechter als Rumänien.
Eine bravouröse Glanzleistung eines der größten Telekommunikationsanbieter der Welt, muß ich schon sagen. Was die Telekom nicht davon abgehalten hat, Milliardengewinne zu schreiben. Oder ein technologisch völlig ahnungsloses Null-Bit wie René Obermann als Chef massiv überzubezahlen. Oder in den USA hier und da Firmen zu kaufen und dabei diverse Milliarden an Verlusten einzufahren.
Nur so als Anmerkung, denn eines der Konzernargumente ist immer, das der Netzausbau ja Geld kostet und das die armen Konzerne diese Kosten unmöglich bewältigen könnten. Falls jetzt jemand Telekom-Kunde sein sollte und sich fragt, wo denn die ganze Kohle geblieben ist – ich vermute, in Vorstandstaschen und bei irgendwelchen Aktionären.

Auch woanders hat die Technosphäre ihre negativen Auswirkungen. Sie bringt Menschen zusammen, die vorher niemals in der Lage gewesen wären, sich als Gruppe zu oganisieren. Erst in der Zeit „sozialer” Netzwerke machen Hetz- und Haßseiten so richtig Sinn. Erst so wird es den geistig Gelähmten, die ihre eigene Minderwertigkeit als nationalistisches Ideal feiern, überhaupt möglich, sich als „das Volk” zu fühlen oder lautstark darauf hinzuweisen, man sei ja die schweigende Mehrheit.

Doch es gibt auch gute Seiten. So hat die kenianische Mobilfunkfirma Safaricom zusammen mit Vodafone ein Bezahlsystem entwickelt, das es vielen Kenianern erstmals ermöglichte, Zahlungen ohne ein Bankkonto schnell  und vor allem sicher abzuwickeln. Das mit der Sicherheit ist hier wörtlich zu verstehen, denn vorher mußten Menschen mit Bargeld und auf dem Esel ihren Lohn in einer Art Postbank einzahlen und dabei gab es recht hohe Überfallraten.
Das System M-Pesa hat für mehr Wirtschaftskraft gesorgt und gleichzeitig für weniger Verbrechen. Und natürlich haben Kenianer ein Mobiltelefon, denn Afrika hat in weiten Teilen niemals ein Festnetz gehabt. Dieses Phänomen des Überspringens von technologischen Entwicklungsphasen nennt man leap-frogging.
Witzigerweise hat man für den afrikanischen Markt Methoden entwickelt, um auch ländliche Gebiete mit breitbandigem Internet zu versorgen. Diese Methoden sollen jetzt auch in Deutschland angewandt werden. Wobei ich mich ja frage, warum wir das brauchen, wo doch die Telekom immer das Netz so ausgebaut hat…aber lassen wir das.

Die Technosphäre produziert auch Nützliches. Doch auch das Nützliche ist mit erhöhten Kosten für die Gesellschaft verbunden.

Auch die Verbreitung von Umweltbewußtsein wäre ohne moderne Kommunikation nicht so erfolgreich, wie sie es ist. Der „nachhaltige Konsum” beispielsweise.
Alle Konzerne haben inzwischen mal erkannt, daß das Prinzip “cradle to cradle” grundlegend eine gute Sache ist. Als Firmenphilosophie quasi. Denn warum sollte man Dinge als Abfall behandeln und sie wegwerfen, wenn man sie anderswo in einer Produktion als Rohstoff benutzen kann?
Cradle to Cradle besagt, daß wir uns die Natur angeschaut und daraus gelernt haben. Die Natur wirft auch nichts weg. Alles wird von allem irgendwo gebraucht und ist nützlich. Doch was haben die ganzen, jetzt mit Weisheit durchdrungenen Firmenoberhäupter den Horden ihrer Konsumenten geliefert?

Smartphones. Und zwar explizit welche, bei denen der verdammte Akku natürlich fest in das Hightech-Gadget eingeklebt ist. Früher konnte man den wenigstens noch rausnehmen. Falls man eines von diesen von Druiden bei Neumond im Steinkreis hergestellten Werkzeuge ergattern konnte, das man zwingend benötigt, um die möglichst tief im Aluminium-Brush-Material versenkten Mikrosuperspezialschrauben überhaupt lösen zu können. Meistens war die einzige Möglichkeit, bei Neumond an Steinkreisen zu lauern und Druiden zu überfallen. Deshalb entschieden sich dann die Firmen vermutlich, den Akku fest einzukleben.
Natürlich ist der Akku eines der Teile, der von der ohnehin meistens mickrigen Garantiespanne ausgenommen ist. Wo kämen wir denn da sonst auch hin?
Womöglich würde dann jemand auf die Idee kommen, die schwächelnde Antriebszelle des eigenen Smartphones austauschen zu wollen. Einfach so. Ohne ein neues Smartphone zu kaufen!
Um da jede Wahrscheinlichkeit auf Null zu senken, ist es bei bestimmten Firmen üblich, selbstverständlich Reparaturservice anzubieten, man ist ja kundenfreundlich. Außerdem oft gesetzlich zum Anbieten eines solchen verpflichtet.
Bedauerlicherweise kostet das aber eine Menge Geld, denn es gibt an solchen Stellen keine gesetzlichen Vorschriften bezüglich nachvollziehbar kalkulierter Preise.
Das technische Wunderwerk muß also erst eingeschickt werden. Dann wird es zurückgesendet, weil der Kundendienst keinen Fehler finden konnte. Dann muß es noch einmal eingeschickt werden. Dann wird es verloren, gefunden, woanders hin verlegt, wieder gefunden, schließlich einer Untersuchung unterzogen und am Ende reißt sowieso ein unterbezahlter Pakistani das Ding komplett auseinander, klemmt die Unibody-Hülle des Kunden auf ein komplett neues Innenleben, quetscht die Nano-SIM noch mit rein und fertig ist die Laube. Wenn man dann Pech hat, wird auch noch der alte Akku wieder mit reingeklebt, weil wieder keiner den Laufzettel mit der Fehlerbeschreibung gelesen hat. Wozu auch.
Da es heutigen Menschen unter 25 völlig undenkbar erscheint, ihr Smartphone einmal wenige Minuten nicht zu begrapschen und sabbernd auf das Display zu starren, schickt das natürlich auch niemand zur Reparatur. Womöglich verpaßt man sonst ein Pokémon.

Bild 2: Was Technologie tut.
Das Internet ist ein überwachungstechnischer Albtraum. Orwell erscheint längst wie ein weichgespülter Optimisten-Softie. Und überall starren Menschen auf virtuelle Pokémon. Willkommen im 21. Jahrhundert. (Placa de George Orwell, Barcelona)

Um wirklich komplett, vollständig, absolut sicher zu sein, werden seit einiger Zeit immer mehr Smartphones mit immer höherer Auflösung auf den Markt geworfen. Was der normale Kunde nicht realisiert, ist die Tatsache, daß jedes elende Pixel auf einem Display irgendwoher Energie bekommen muß, um hochaufgelöst vor sich hin zu leuchten. Und diese Energie kommt – genau – aus dem Akku.
Außerdem braucht man heute mindestens irgendeinen achtkernigen Prozessor in seinem Kleincomputer, denn wo wäre der Sinn, wenn sich das lächerliche und als Flatrate angepriesene Datenvolumen nicht wenigstens zügig versurfen ließe?
Somit ist bei heutigen Smartphones völlig sichergestellt, daß die Dinger einmal in 24 Stunden auf jeden Fall durch einen Ladezyklus gejagt werden müssen. Und ob Lithium-Ionen-Akku oder nicht – ein Akku ist eine Batterie und die wird mit zunehmender Zahl der Ladezyklen schwächer. Somit ist der Infarkt des Energiespenders spätestens zum Ablauf des zweijährigen Vertrages problemlos gesichert. Außerdem gibt es dann ja ein neues Smartphone vom Provider. Mit neuer Flatrate fürs Datenvolumen.
Aber vielleicht schafft es die Telekom ja bis dahin, das echte, feste Internet auch mal ins Grüne zu verlegen. Denn da das alles so teuer ist, hat man neulich ein staatliches Anschubprogramm beschlossen, um dieser Sache endlich mal Schwung zu verleihen.
Ich nehme Wetten entgegen, wer sich die zu erwartenden finanziellen Gewinne einsacken wird, wenn die sich materialisieren.

Die arme Tess würde heute berieselt von Supermarktmusik vor den Tiefkühltruhen stehen, umgeben von Menschen, die in die leere Luft sprechen, und nicht wissen, ob sie den Fisch jetzt in der Aluminium- oder der Pappschale kaufen soll. Und sie würde sich verzweifelt auf ihr Feld zurückwünschen, zu dem verrußten Ingenieur und der Dampfmaschine.


Das Beitragsbild ist von Wladimir Manyuhin. Den Künstler findet man beispielsweise hier.

7 Comments

  1. Danke für diesen wieder einmal gelungenen Text.

    Bei den Mythopolis-Artikeln geistert mir als Soundtrack immer “Technolojia” von Bonaparte durch den Kopf 😉

    Herzliche Grüße
    Carlhoschi

    Antworten

      1. Die Talking Heads passen da aber auch sowas von. Hab ich schon viel zu lang nicht mehr aufgelegt 🙂

        Hier der Link zu dem Machwerk: https://youtu.be/JNti7lhPmzo
        Passend wäre auch “Wir sind keine Menschen”. Aber eher zu nem anderen deiner Blogs. Selbes Album, erscheint da aber gleich.

        Ahhhh, ein Pokemon in meiner Wohnung!!!!! Aber ich hab die App doch gar nicht…

        Puh, nein es war doch ein realer Gremlin. Hab ihn gefangen und im Klo runtergespült.

        Wie? Keine gute Idee? Hmmm…

      2. Puh, nein es war doch ein realer Gremlin. Hab ihn gefangen und im Klo runtergespült.
        Wie? Keine gute Idee? Hmmm…

        Paßt schon. Es ist ohnehin zu spät, sich auf dieser Welt darum Sorgen zu machen 😉

  2. Mal wieder ein Lektüretipp (angeregt durch dieses posting, und natürlich dezent-fortschrittsgläubig, bei aller Historisierung):

    Neal Stephenson, The Baroque Cycle (“Quicksilver”, “The Confusion”, “System of the World”)

    Etwas Zeit mitbringen, ordentliche Englischkenntnisse setze ich mal voraus, genießen, immer wieder lesen!

    Antworten

    1. Sagt mir nichts. Ist notiert. Aber ich lese mich noch durch den Stapel vom letzten Jahr. Aktuell byzantinische Geschichte auf 1600 Seiten. Herrlich 😀

      Antworten

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